Der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und drei seiner Amtsvorgänger weisen den Vorwurf des Prozessbetrugs zurück. Die Manager sollen vor Gericht gelogen haben, um Schadenersatzforderungen gegen die Bank im Zuge der Kirch-Pleite zu verhindern.

München - Es war der Tag der Angeklagten im Münchner Betrugsprozess gegen fünf Spitzenbanker der Deutschen Bank und dramaturgisch passend ganz am Ende spricht der amtierende Co-Chef des Instituts, Jürgen Fitschen. Er bleibt der Linie seiner Vorredner treu. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt gelogen oder betrogen“, betont Fitschen. Ähnliches hatte zuvor sein Vorgänger als Bankchef Josef Ackermann erklärt und auch die mitangeklagten Ex-Banker Tessen von Heydebreck und Clemens Börsig hatten heftig bestritten, 2012 das Oberlandesgericht (OLG) München vorsätzlich belogen zu haben, um der Deutschen Bank Schadenersatz im einem Vorgängerprozess zu ersparen.

 

Nur der fünfte Angeklagte schweigt weiter. Das ist der ehemalige Deutsche Bank-Chef Rolf Breuer, der 2002 mit einem Interview alles ins Rollen gebracht hatte. Damals hatte er die Kreditfähigkeit seines Darlehenskunden Leo Kirch öffentlich in Zweifel gezogen. Wenige Wochen später war dessen Medienimperium pleite. „Erschossen hat mich der Rolf“, sagte Pleitier Kirch danach über den Kollaps seines Firmenkonglomerats und zog die Deutsche Bank zur Rechenschaft. Nach langem Rechtsstreit landete der Fall 2012 vor dem OLG München, wo die heute im Strafprozess angeklagten fünf Banker als Zeugen ausgesagt hatten. Dabei haben sie sich nach Ansicht der Staatsanwaltschaft illegal abgesprochen und gelogen. Am Ende musste sich Deutschlands größte Bank mit den Kirch-Erben vergleichen und 925 Millionen Euro an sie zahlen. Deshalb lautet der jetzige Vorwurf gegen die fünf Banker auf versuchten Prozessbetrug.

Bis jetzt hält die gemeinsame Front

„Unzutreffend“, sagt Ackermann dazu. „Ich weise das entschieden zurück“, entgegnet Heydebreck. „Falsch“, betont Börsig. „Ich kann die Vorwürfe nicht im Ansatz nachvollziehen“, konterte Fitschen. Breuer hatte zuvor schon durch seinen Anwalt erklären lassen, dass er völlig unschuldig sei. Er will sich im späteren Prozessverlauf noch persönlich äußern. Klar ist mit den persönlichen Stellungnahmen seiner vier mitangeklagten Kollegen, dass ihre gemeinsame Front zumindest vorerst hält. Niemand hat versucht, sich auf Kosten Breuers herauszureden. Nur von Heydebreck musste er sich kritische Worte gefallen lassen. Als Breuer 2002 das inzwischen legendäre Interview gab, das Kirch die Kreditfähigkeit abgesprochen hatte, weilte Heydebreck in Moskau, erläutert er. Als er es im Fernsehen ansehen musste, sei ihm sofort klar gewesen, dass diese Aussage problematisch war. „So spricht man nicht über einen Kunden“, erklärte Heydebreck 13 Jahre später im Saal 273 des Landgerichts München. Aber niemals sei er auf die Idee gekommen, dass Breuer mit diesem Satz Kirch eventuell habe in die Enge treiben wollen, um von ihm ein lukratives Beratungsmandat zu erpressen.

Das hatte Richter Guido Kotschy vom OLG München im Schadenersatzprozess unterstellt und der Deutschen Bank damit sittenwidriges Verhalten attestiert, weshalb sie regresspflichtig sei. Gelogen haben sollen die fünf nun angeklagten Banker in der für den Schadenersatzprozess entscheidenden Frage, ob die Deutsche Bank 2002 von Kirch ein Beratungsmandat habe erzwingen wollen. Das aber verneint das Angeklagten-Quintett heute wie schon damals geschlossen. Richter Peter Noll, der den jetzigen Strafprozess leitet, muss deshalb die Kirch-Historie in weiten Teilen nochmal aufrollen, was Monate in Anspruch nehmen wird. Bis September ist der Prozess terminiert. Das dürfte kaum reichen, was vor allem für Fitschen problematisch ist. Er ist der einzige aktive Banker.

Die Hauptversammlung könnte turbulent werden

Seine jetzige Erklärung vor Gericht kam drei Tage vor einer mutmaßlich turbulenten Hauptversammlung der Deutschen Bank, wo wichtige Aktionärsgruppen dem Vorstand sowie dem Aufsichtsrat voraussichtlich die Entlastung verweigern. Im Schnitt einmal die Woche müssen Fitschen und seine mitangeklagten Kollegen vorerst bis Herbst persönlich im Landgericht München erscheinen, um sich zu verteidigen. Eigentlich sollte Fitschen die Deutsche Bank gerade in der aktuell schwierigen Lage besonders intensiv managen. Wenn Anfang Juni in München nach einer kurzen Pause weiterverhandelt wird, brauchen die Angeklagten ihre volle Aufmerksamkeit, um eine Verurteilung zu verhindern. Denn aller Unschuldsbeteuerungen zum Trotz hat der Prozess erst jetzt richtig begonnen.