Im Prozess um zwei nicht gelieferte Porsche sucht das Amtsgericht einen Zeugen in Norddeutschland. Von diesem ist bisher nur der Name bekannt.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Bisher ist nach drei Verhandlungstagen in einem Betrugsprozess vor dem Waiblinger Amtsgericht nur eines sicher: Dass die Anzahlungen für zwei Porsche 911 von jeweils rund 23 000 Euro verschwunden sind. Wo das Geld geblieben ist, das eine Autohandelsfirma aus dem Rems-Murr-Kreis an den 54-jährigen Angeklagten aus Berlin im Dezember 2015 bezahlt hat, ist bisher nicht klar geworden. Der gelernte Bankkaufmann, der vom Handel mit teuren Uhren und exklusiven Autos lebt, hat beim zweiten Termin behauptet, er habe das Geld einem Anbieter gegeben, der dies als Anzahlung für die Spezialmodelle des Sportwagenklassikers verlangte.

 

Der Charakter einer Schnitzeljagd

Doch dieser Mann existiert bis jetzt nur als eine Unterschrift auf einem Vertrag, den der Angeklagte dem Gericht übergeben hat – am Ende des zweiten Verhandlungstermins Ende Juli, der lediglich ein paar Minuten dauerte. Das Gericht muss jenen ominösen Mann nach den 47 600 Euro befragen, denn einfach annehmen, dieser habe sie in seinem Besitz, reicht nicht aus. „Auch wenn das den Charakter einer Schnitzeljagd annimmt, muss ich jetzt zwei weitere Ermittlungsaufträge erteilen“, sagte Steffen Kärcher, der Vorsitzende Richter des Schöffengerichts am Donnerstag, als ein Polizist die Ergebnisse des ersten Teils der Spurensuche präsentierte.

Danach ist die letzte Wohnung des Gesuchten im Juli zwangsgeräumt worden, wo er steckt, ist unbekannt. Allerdings ist bei den Recherchen die Anschrift seines Vaters bekannt geworden. Dieser soll nun aufgesucht und nach dem Verbleib seines Sohnes befragt werden. Außerdem soll seine Unterschrift auf dem Vertrag mit jener bei der Meldebehörde verglichen werden. „Das Dokument ist uns leider erst am Ende der Beweisaufnahme übergeben worden“, entschuldigte sich der Richter bei dem Polizisten, der die Spur des Phantoms bisher von Hannover bis Hildesheim verfolgt hat. Drei Wochen haben die Ermittler nun Zeit, dann geht der Prozess wieder weiter.

Eine Einstellung der Verfahrens wird abgelehnt

Wenn es nach den Vorstellungen des Verteidigers ginge, wäre eigentlich am Donnerstag Schluss gewesen. „Man könnte das Verfahren ja auch einstellen“, schlug er allen Ernstes vor, was vom Richter in der gleichen Gelassenheit abgelehnt wurde. „Nein, nein, wir machen hier schon noch weiter“, entgegnete Kärcher. „Es war nur eine Anregung“, meinte der Anwalt.

Der Angeklagte schweigt bisher. Dafür haben die Staatsanwaltschaft und die Juniorchefin der Autohandelsfirma, einem Familienunternehmen, das ihr Vater gegründet hat, am ersten Verhandlungstag bereits genug gesagt. Die Anklägerin sprach von gewerbsmäßigem Betrug, die 34-Jährige von immer wieder vom Angeklagten angekündigten und dann wieder geplatzten Übergabeterminen bis sie im Oktober 2017 Strafanzeige gegen ihn erstattete. „Mein Vater hat mir aufgetragen, diesen Geschäftsvorgang im Auge zu behalten“, berichtete sie dem Gericht. Den Ausführungen folgte der Angeklagte gefasst, er blieb immer ruhig und freundlich.

Am 3. September ist der vierte Prozesstag angesetzt

Nun werden er und sein Verteidiger am 3. September wieder von Berlin aus anreisen müssen. Dass beide zu erscheinen haben, hat der Vorsitzende Richter bereits beim zweiten Termin klar gemacht, als der Verteidiger fragte, ob die Anwesenheit seines Mandanten denn unbedingt notwendig sei. Das sei sie, antwortete der Richter ruhig, aber bestimmt.