Bestechung und Betrug – die Vorwürfe sind gravierend, und für einen Mitarbeiter der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) wird es keine schöne Weihnachten geben. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Sie kamen nicht wegen Schwarzfahrern oder einer Fahrgastbeschwerde: Zehn Beamte des Landeskriminalamts, drei Staatsanwälte und vier Steuerfahnder suchten die Zentrale der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) wegen des Verdachts der Bestechung und des Betrugs auf. Ein Mitarbeiter an maßgeblicher Stelle soll für die Erteilung von Aufträgen illegale Provisionszahlungen kassiert haben.

 

Nach Informationen unserer Zeitung soll es um mehrere Zehntausend Euro gehen, die der SSB-Mann in die eigene Tasche gewirtschaftet haben soll. Am Mittwoch wurden seine Diensträume in der Schockenriedstraße in Möhringen durchsucht, auch in seiner Privatwohnung sicherten die Ermittler Beweismaterial, das jetzt noch ausgewertet werden muss. Offensichtlich war er in der Lage, einem Dienstleistungsunternehmen Aufträge zukommen zu lassen – gegen Entgelt allerdings. Wie ihm das gelingen konnte, wo doch Aufträge mit einem Volumen von über 20 000 Euro ausgeschrieben werden müssen und nicht einer freihändig entscheiden kann, ist noch unklar. „Wir stehen am Anfang unserer Ermittlungen“, sagt Heiner Römhild, Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft.

Die Ermittler schweigen

Welcher Sektor bei den SSB betroffen war, darüber schweigen die Ermittler. Auch in der Zentrale in der Schockenriedstraße gibt es nur wenige Worte zu dem Vorgang. Am Donnerstagabend heißt es auf Anfrage: „Die SSB hat allergrößtes Interesse an der Aufklärung und unterstützt die Staatsanwaltschaft bei der Untersuchung“, so Sprecherin Birgit Kiefer.

Wie es heißt, soll es sich nicht um die Fremdvergabe von Bauaufträgen handeln – ein besonders großer Geschäftsbereich mit einem Millionenvolumen. Vielmehr geht es um Dienstleistungen. Die Palette reicht hier von Büro- und EDV-Dienstleistungen über die Haltestellenreinigung bis zur Fremdvergabe für die Bedienung von Buslinien.

Razzia zum Abschied

Der SSB-Technikvorstand Wolfgang Arnold hätte seinen Gang in den Ruhestand sicherlich auf ruhigeren Gleisen verlaufen sehen. Die Razzia fällt in seine letzten Arbeitstage, am 17. Dezember steht der Abschied des dann 68-Jährigen an. Allerdings ist nicht sein Revier betroffen, sondern jenes des Kaufmännischen Vorstands. Stefanie Haaks ist für die zentralen kaufmännischen Services zuständig, die bei Fremdvergaben eine wichtige Rolle spielen. Auch für sie ist die Razzia ein bitteres Abschiedsgeschenk: Sie wird Anfang nächsten Jahres die SSB verlassen und Vorstandsvorsitzende der Kölner Verkehrsbetriebe.

Bei der Dienstleistungsfirma, die sich die Aufträge erkauft haben soll, gab es am Mittwoch hingegen keine Durchsuchungsaktion. Dort waren die Fahnder offenbar schon vorher fündig geworden. Die Ermittler ließen offen, ob sie die Firma im Visier hatten und in diesem Zusammenhang erst auf die dunklen Geschäfte mit dem SSB-Mitarbeiter stießen. Dies würde nicht dafür sprechen, dass die Zentrale der SSB von allein auf die mutmaßlichen Machenschaften gekommen wäre. Laut Staatsanwaltschaft hat der Mitarbeiter die Provision aktiv eingefordert. Beide Beschuldigten bleiben auf freiem Fuß.