Warum haben Sie bei der Volksabstimmung gegen den Tiefbahnhof gestimmt?
Als Demokratin gab es für mich nicht die Möglichkeit, mich zu enthalten. Ich war anfangs eine große Befürworterin von Stuttgart 21, weil ich viele Chancen darin sehe. Wenn man die Gleisflächen sieht, kommt einem der Gedanke, den innerstädtischen Raum besser zu nutzen. Ich sehe aber auch große Risiken in dem Projekt. Bei der Volksabstimmung habe ich mich als Schwäbisch Hallerin dagegen entschieden, weil es Mittel für den Ausbau des regionalen Zugverkehrs bindet, die dringend gebraucht werden. Die Nahverkehrsbedingungen nach Schwäbisch Hall sind, gelinde gesagt, eine Katastrophe. Die alten Wagen wackeln so stark, dass sie im Zug nicht mal eine SMS schreiben können. Meine Bedenken sind ja nun durch das aktuelle Defizit im regionalen Zugverkehr bestätigt worden.

Wie bewerten Sie die Planungs- und Kommunikationsstrategie der Bahn? Wie wollen Sie Grube und Co als Oberbürgermeisterin auf die Finger klopfen?
Die Bahn ist ein sehr schwieriger Verhandlungspartner. Ich werde als Oberbürgermeisterin Offenheit einfordern, für die Verwaltung und die Öffentlichkeit. So wie die Bahn agiert – etwa jetzt beim Thema Neubaustrecke – schafft sie kein Vertrauen. Gegebenenfalls haue ich auch auf den Tisch. Es gilt, die Interessen der Stadt zu vertreten. Wenn ich das Gefühl habe, dass nicht mit offenen Karten gespielt wird, dass ich – auf Deutsch gesagt – veräppelt werde, dann werde ich absolut sauer.

Als Bürgermeisterin von Schwäbisch Hall sind Sie mit dem Thema Stadtwerke vertraut. Welchen Weg soll Stuttgart nehmen?
Die Daseinsvorsorge mit Energie und Wasser ist eine ureigene kommunale Aufgabe. Der Übergang ist kompliziert, es kann sein, dass das nicht hundertprozentig gelingt. Die Wasserversorgung wird ja ganz in die Hände der Stadt kommen, und ich würde mir dies auch für die Energieversorgung wünschen. Ich werde zum Wohl der Stadt handeln. Das heißt: möglichst viel Stadt bei den Stadtwerken. Hier setze ich klare Prioritäten, auch gegenüber dem Land.

Was halten Sie denn von Ihren Konkurrenten, den Herren Hermann, Kuhn und Turner?
Ich habe mir alle Bewerbungen angeschaut und festgestellt, dass ich mich mit meinem Profil gut von den beiden Herren abhebe. Meine Stärken sind meine zwölfjährige Tätigkeit in Kommunalverwaltungen und damit Berufserfahrung in allen Themen einer Stadt sowie mein soziales Profil. Ich kann gut auf Menschen zugehen – egal welcher sozialen Herkunft. Das macht mir die Arbeit als Bürgermeisterin oft leichter. Ohne die großen Ziele aus den Augen zu verlieren, glaube ich, dass meine Bodenständigkeit Stuttgart guttun würde.

Werden Sie Absprachen mit anderen OB-Kandidaten treffen?
Nein, ich möchte bis zum 7. Oktober genug Wähler mit meinen Inhalten und meiner Person überzeugen und die Nase am Wahlabend vorn haben. Ich weiß, dass die Stuttgarter die Großkopfeten nicht immer mögen. Ich habe zwar keinen großen Namen und ich bin auch nicht reich, aber ich habe eine Chance, und die werde ich nutzen. Sollte sich trotzdem die Notwendigkeit eines zweiten Wahlgangs ergeben, dann kann man immer noch Gespräche führen.