Das Freilichtmuseum Beuren bildet den historischen Rahmen für eine Sonderausstellung, die sich mit dem Spuren befasst, die Jüdinnen und Juden in der Region hinterlassen haben.

Beuren - Wenn es eines Beweises bedurfte, dass die Beschäftigung mit der Geschichte mitten in die Gegenwart weist, dann führt ihn die aktuelle Sonderausstellung des Freilichtmuseums Beuren. Das an neun Stationen im Museumsdorf erzählte „Jüdische Leben im ländlichen Württemberg“ richtet zwar den Blick auf die Vergangenheit, wendet sich aber auch angesichts zunehmender antisemitischer Tendenzen direkt an das Deutschland der Gegenwart. „Eine Ausstellung genau zur richtigen Zeit“, sagte denn auch der Esslinger Landrat, Heinz Eininger, anlässlich der Eröffnung.

 

Den Titel, in dem vom „jüdischen Leben auf dem Land“ die Rede ist, hat der Plochinger Historiker und Mit-Kurator der Ausstellung, Joachim Hahn, in seinem Eröffnungsvortrag allerdings gleich wieder kassiert. „Jüdisches Leben auf dem Land gibt es nicht mehr. Das ist ein Thema der Vergangenheit. Mehr als Spuren davon können wir nicht zeigen“, sagte er. Hatte es im 18. Jahrhundert noch mehr als 80 Judendörfer im Königreich Württemberg gegeben, setzte die nationalsozialistische Schreckensherrschaft diesem Kapitel auf mörderische Art und Weise ein Ende. Schon die Tatsache, dass jüdische Familien überhaupt in kleinen Gemeinden Fuß fassen mussten, ist eine Folge von Vertreibung gewesen. Im 15. Jahrhundert betrieben die Reichsstädte, eine von wirtschaftlichen und politischen Interessen geleitete judenfeindliche Politik. Die vertriebenen und enteigneten Juden flüchteten aus den Städten unter den Schutzschirm des örtlichen Adels. In Jebenhausen bei Göppingen, Baisingen im Kreis Tübingen, Buttenhausen auf der Schwäbischen Alb und Rexingen bei Horb garantierten ihnen gegen ein Schutzgeld ausgegebene befristete Schutzbriefe das Recht auf Unversehrtheit und Ausübung ihrer Religion.

Original Laubhütte aus Baisingen

Die Ausstellung im Freilichtmuseum beleuchtet das Leben und Wirken der jüdischen Gemeinden in Bezug auf die Orte und die Personen, die in den an den Albtrauf umgezogenen Häuser gelebt haben. So wird das Thema „Jüdischer Viehhandel“ im kombinierten Wohn- und Stallgebäude aus Beuren thematisiert. Die Kriegserfahrungen jüdischer Soldaten im Ersten Weltkrieg veranschaulicht eine Station im Fotoatelier Hofmann aus Kirchheim. „In dem Tageslichtatelier haben viele Soldaten zu dieser Zeit Erinnerungsfotos machen lassen“, sagt Steffi Cornelius, die Museumsleiterin.

Besonders stolz ist die Museumschefin auf ein Exponat, das aus Baisingen den Weg ins Museumsdorf gefunden hat. Eine originale Laubhütte, als Gebäude zur Feier des hohen jüdischen häuslichen Festtages, ist für die Dauer der Ausstellung in der Gärtringer Scheuer aufgebaut. Die Leihgabe des Synagogenvereins Baisingen steht symbolisch für das Auf und Ab der jüdischen Gemeinden im Land. Ihre wechselvollen Geschichte reicht von der ursprünglichen religiösen Nutzung über den Missbrauch als Geflügelstall bis hin zum jetzigen Kulturdenkmal.

Geschichte als Auftrag, die Partnerschaft immer wieder neu zu beleben

Eine Reihe von Exponaten, wie die Originale der vor 35 Jahren unterzeichneten Partnerschaftsurkunden zwischen dem Kreis Esslingen und seiner israelischen Partnerstadt Givatayim, schlagen den Bogen zur Gegenwart. Einer Gegenwart, in der es den Worten Einingers zufolge gilt, die Partnerschaft immer wieder neu zu beleben – wie zuletzt geschehen durch einen Austausch zwischen dem Krankenhaus in Givatayim und den Landkreiskliniken.

Die Ausstellung „Jüdisches Leben in Württemberg“ ist Teil des Gemeinschaftsprojekts „anders. anders? Ausgrenzung und Integration auf dem Land“, bei dem die sieben Freilichtmuseen im Land jeweils unterschiedliche Aspekte in den Mittelpunkt rücken. Zu der Schau ist ein umfangreiches Begleitprogramm mit Vorträgen, Führungen und Musikbeiträgen aufgelegt worden. Mehr Informationen gibt es unter www.freilichtmuseum-beuren.de