Das Oldtimer-Treffen in Beuren im Kreis Esslingen hat zahlreiche Besucher mit und ohne Gefährt von weit her an den Albtrauf gelockt.

Beuren - Was dem modernen Autofahrer die Hupe, war dem Radfahrer im Jahr 1870 die Hundepeitsche. Mit der Lederschlaufe, an der Lenkstange des Velozipeds befestigt, boten die mutigen Radpioniere vom Hochrad herab einer feindlichen Umwelt die Stirn. Ein rares Gefährt dieser Art präsentierte die historische Radsportgruppe Wendlingen am Wochenende beim traditionellen Oldtimer-Treffen im Freilichtmuseum Beuren.

 

Die kleine Radausstellung, sinnigerweise an der musealen Infotafel „Vom Großvieh zum Kleinvieh“ präsentiert, war die Oase der Ruhe im Museumsdorf, in dem es ansonsten hinter jeder Hausecke in einem anderen Takt tuckerte. Der Bogen der ausgestellten Fahrzeuge spannte sich von dem in den 20er Jahren gebauten, acht PS starken Lanz-Mops bis hin zum eleganten Jaguar E Coupé, der im Jahr 1963 immerhin schon 265 PS auf die Straße brachte.

Treffen im zweijährigen Turnus

Entsprechend dem Anspruch, ein Zeitfenster in den ländlichen Raum von Neckar und Alb zu öffnen, hat sich das im zweijährigen Turnus ausgetragene Oldtimer-Treffen immer mehr zu einem Mekka der Schlepper, Bulldogs und Unimogs entwickelt. Vom Bautz-Traktor, der im Kreis seiner Mitkonkurrenten wie ein Spielzeug-Traktor wirkt, bis hin zu den wuchtigen Hurlimann-Schleppern aus der Schweiz war auf den Obstwiesen am Albtrauf alles versammelt, was trötet, rattert und faucht.

Im Gegensatz zu den Arbeitsmaschinen um sie herum benötigten die Edelkarossen schwäbischer Herkunft keinen akustischen Zeigefinger, um auf sich aufmerksam zu machen. Die Fahrzeuge, mit denen die Mercedes-Benz S-Klassenfreunde aus Stuttgart ihre Aufwartung im Freilichtmuseum Beuren gemacht haben, punkteten lieber durch zurückgelehnte Eleganz. Am Samstag haben zehn der Nobelkarrossen auf den Obstwiesen des Museumsdorfes geparkt – als Hommage an 50 Jahre S-Klasse des schwäbischen Autobauers.

Vom Kohl-Modell zum Bauchgefühl

Unweit der Champagner-Bratbirne war da ein 1995 gebautes Modell der Baureihe 140 geparkt – im Volksmund ob seiner für damalige Zeiten unflätigen Ausmaße und seines bekanntesten Fahrers auch Kohl-S-Klasse benannt. Alles relativ: „Heute fällt das wuchtige Auto auf der Straße kaum noch auf“, sagt Ingolf Bogus, der Sprecher der S-Klassenfreunde.

Immerhin zeichnet sich das Fahrzeug durch eine Reihe von Innovationen aus, die Mercedes-Benz zuerst in seiner Spitzenreihe zum Einsatz gebracht hat. „Das darf ruhig etwas kosten“, beschreibt Ingolf Bogus die zugrunde liegende Philosophie. Dazu zählen die weltweit größte Katalysator-Anlage, die fluorkohlenwasserstofffreie Herstellung und die Isolierglasscheiben.

Auch die Vorgängermodelle zeichneten sich durch Innovationssprünge aus. Bei den Baureihenbezeichnungen W180, W111, W108 und W116 schnalzt der Kenner mit der Zunge. auch wenn die jüngeren Modelle die Oldtimer-Altersgrenze – in Beuren ist es das Baujahr 1969 – nicht erreichen.

Immerhin hatte, wer richtig alte Fahrzeuge bewundern wollte, auch am Samstag schon reiche Auswahl. Der Lanz-Bulldog aus den 20er Jahren, von der Oldtimer-Fangemeinde mit dem Kosenamen Mops versehen, stellte unter Beweis, weshalb die Freude an historischen Fahrzeugen viel mit Bauchgefühl zu tun hat. Wenn sein Motor loswummert, dann sind die Schwingungen bis in die Magengegend hinein zu spüren.