Weil er Hunderte kinderpornografischer Filme besessen und verbreitet hat, wurde ein 72-Jähriger aus Vaihingen/Enz zu einer Haftstrafe verurteilt.

Ludwigsburg - Die Kriminalpolizei aus Hannover hatte den entscheidenden Tipp gegeben: Als am frühen Morgen des 31. Januar 2018 ein Gruppe von Polizeibeamten die Wohnung eines damals 71-Jährigen in Markgröningen durchsuchte, wurden sie fündig: Auf einem Smartphone entdeckten sie Hunderte kinder- und jugendpornografischer Bilder und Videos. Jetzt wurde der Mann am Ludwigsburger Amtsgericht zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt.

 

„Ich habe nie darum gebeten“

„Ich habe noch nie sexuellen Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen gehabt“, beteuerte der Angeklagte, der heute in Vaihingen/Enz lebt, gleich mehrfach. Das werde ihm auch nicht vorgeworfen, parierte die Vorsitzende Richterin: „Aber Sie haben dazu beigetragen, dass der Markt für so etwas weiter besteht und Kinder erheblich viel Leid erdulden müssen.“

Auf die Fragen, warum er diese Videos und Fotos – insgesamt mehr als 1000 – auf seinem Smartphone hatte und warum er viele davon an Chatpartner auf WhatsApp weitergesandt hat, antwortete der jetzt 72-Jährige ausweichend: „Mir sind diese Sachen zugeschickt worden, ich habe nie darum gebeten.“ Und wenn er etwas verschickt habe, dann gewiss nichts, „was richtig pervers“ gewesen wäre.

Die Staatsanwaltschaft charakterisierte die Filme und Bilder als „aufreißerisch und obszön“. Außerdem habe er unter anderen einen Film, in dem sexuelle Manipulationen an einem drei Jahre alten Jungen zu sehen seien, gleich dreimal an andere geschickt, sagte die Richterin. Ob das denn nicht wirklich pervers sei? Ihm sei es stets um Briefpartner gegangen. Darum habe er auf Anzeigen im Videotext von Fernsehsendern geantwortet.

Verblüffende Ähnlichkeit mit dem Schwiegersohn

„Ich habe mir einen Spaß daraus gemacht, hin und her zu schreiben. Mir ging es eigentlich immer um Rollenspiele, um das Schreiben.“ So sei es zu einem Kontakt mit einem vermeintlich 17-Jährigen gekommen und so sei er in den Besitz der Massen an kinder- und jugendpornografischen Bilder und Filme gekommen. „Man hat mir diese Sachen zugeschickt, ich wollte das gar nicht“, beteuerte der Mann.

Eine Zeit lang hegten die Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaft einen noch schlimmeren Verdacht: „Da wir auf selbstgebrannten CDs auch viele Urlaubsfotos entdeckt haben“, erzählte eine als Zeugin geladene Kriminalbeamtin, „erkannten wir, dass die Personen in einem Film dem Schwiegersohn und einem Enkel des Angeklagten extrem ähnlich sahen.“ Weitere Ermittlungen ergaben, dass der Verdacht dem Schwiegersohn gegenüber unbegründet war: „Es stellte sich heraus, dass der Film schon 2010 gedreht worden war und dass die Personen Schweden waren.“

Ob er jemals einen seiner Chatpartner darum gebeten habe, ihm keine pornografischen Dateien mehr zu senden, fragte die Staatsanwältin. „Und warum haben Sie die Filme und Fotos nicht gelöscht, wenn Sie sie gar nicht wollten?“ Das habe er „dummerweise“ versäumt, sagte der Angeklagte. Damit habe er gut geheißen, was die Produzenten solcher Filme täten, ermahnte ihn die Richterin.

Geständnis: ja. Reue: Fragezeichen

Weil der Mann sehr viele kinderpornografische Dateien auf seinem Smartphone gespeichert hatte – und das über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr – forderte die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von einen Jahr und ein Bußgeld von 1800 Euro. Sein Mandant habe gestanden und Reue gezeigt, machte dessen Verteidiger geltend. Die Richterin würdigte auch, dass er die Taten eingeräumt habe, sprach aber von einer „ungelenken Reue“. Sie verurteilte den 72-Jährigen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und der Zahlung von 1000 Euro an die Olgälestiftung.