Die Europäer wollen eine neue Eskalation der Griechenland-Krise im Sommer verhindern. Noch im Mai soll es einen Kompromiss auf neue Spar- und Reformauflagen geben. Die Frage lautet: Spielt der Weltwährungsfonds mit?

Brüssel - Die Europartner gehen auf das krisengeschüttelte Griechenland zu und stellen neue Hilfsmilliarden in Aussicht. „Wir haben aber noch Arbeit zu erledigen“, sagte der Chef des Eurorettungsschirms ESM, Klaus Regling, am Montag nach Beratungen mit den Euro-Finanzministern. Der finnische Ressortchef Alexander Stubb resümierte: „Ich bin vorsichtig optimistisch, dass wir in zwei Wochen ein Ergebnis erzielen werden.“ Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) rechnet mit einer Lösung im Mai.

 

Das Parlament in Athen hatte am Sonntag Renten- und Einkommenssteuerreformen auf den Weg gebracht und damit die Basis für weitere Unterstützung der Geldgeber gelegt. Bis zum Sommer braucht das hoch verschuldete Land frisches Geld aus dem im vergangenen Jahr beschlossenen Hilfspaket in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro. Sonst droht erneut die Staatspleite. „Die Liquiditätslage wird angespannter“, warnte der deutsche Finanzfachmann Regling.

Die Euro-Minister kommen am 24. Mai zu ihrem nächsten regulären Treffen zusammen. Schon in den nächsten Tagen wollen Geldgeber und griechische Regierung in Athen eine Einigung zu den Spar- und Reformmaßnahmen fixieren, wie der für den Euro verantwortliche EU-Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis mitteilte.

Darin enthalten ist auch ein kompliziertes Verfahren, um im Notfall „Sparmaßnahmen auf Vorrat“ auf den Weg zu bringen. Diese sollen lediglich dann greifen, falls Athen Budgetziele verfehlt. Die Eurogruppe griff dabei griechische Vorschläge auf und machte damit ein wichtiges Zugeständnis. Eine Einrichtung zur Privatisierung vom Staatsvermögen soll spätestens vom September an arbeiten.

Schuldenschnitt soll es laut Euro-Ministern nicht geben

Der griechische Ressortchef Euklid Tsakalotos begrüßte die Ergebnisse des Minister-Sondertreffens. „Die griechische Regierung und die drei europäischen (Geldgeber-) Institutionen glauben daran, dass wir diesen Mechanismus nicht benötigen werden“, sagte er mit Blick auf Vorratsmaßnahmen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) dringt aber darauf, weil er nicht an griechische Budgetziele glaubt.

Die Gespräche der Minister drehen sich auch um mögliche Schuldenerleichterungen, die vor allem der IWF fordert. Die Euro-Staaten wollen nun phasenweise vorgehen. Auf kurze Sicht soll versucht werden, bei den verschiedenen Hilfskrediten Kosten zu sparen. Für die Zeit nach 2018 - dann endet das Hilfsprogramm - soll über Schuldenerleichterungen nachgedacht werden, beispielsweise längere Rückzahlungsfristen. Weitere - nicht genauer bezeichnete Maßnahmen - werden auf längere Sicht nicht ausgeschlossen.

Einem Bericht des „Handelsblatt“ (Dienstag) zufolge wird etwa darüber nachgedacht, dass der ESM die vergleichsweise hoch verzinsten IWF-Kredite an Griechenland übernimmt und dem Land dafür dann niedrigere Zinsen berechnet. Außerdem könnten die durchschnittlichen Laufzeiten von Krediten aus dem zweiten Hilfspaket, in dessen Rahmen rund 130 Milliarden Euro ausgezahlt worden waren, um fünf Jahre verlängert werden, schrieb die Zeitung unter Berufung auf ein ESM-Papier. ESM-Chef Regling nahm nach dem Treffen nicht ausdrücklich zu dem Dokument Stellung.

Einen Schuldenschnitt, bei dem Gläubiger auf Forderungen verzichten, soll es laut Euro-Ministern nicht geben. Das sei eine „rote Linie“, bilanzierte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Der Niederländer zeigte sich zuversichtlich, dass der IWF beim Hilfspaket mitziehen wird.

Der hohe Schuldenstand Griechenlands war zuletzt wieder in den Fokus gerückt. Für 2016 wird ein Schuldenberg von 183 Prozent der Wirtschaftsleistung erwartet, erlaubt sind höchstens 60 Prozent.

Im vergangenen Sommer hatten die Geldgeber erst in letzter Minute eine Pleite Griechenlands abgewendet. Ein solches Szenario soll sich nicht wiederholen. „Was wir alle vermeiden wollen, ist so etwas wie im letzten Sommer“, sagte der österreichische Ressortchef Hans Jörg Schelling.

Das griechische Parlament hatte Rentenkürzungen gebilligt, mit denen 1,8 Milliarden Euro gespart werden sollen. Zudem sollen weitere 1,8 Milliarden Euro durch Steuererhöhungen in die Staatskassen fließen.

Vor dem Treffen kamen Schäuble und Tsakalotos zu einem bilateralen Gespräch zusammen, wie Diplomaten berichteten. Einzelheiten wurden nicht bekannt.