Ob Schulwechsel, Nebenjob oder Ausbildungsplatz: In Leonberg nehmen sich viele Menschen viel Zeit dafür, um Heranwachsende bei ihrer Bewerbung unter die Arme zu greifen. Über den Aktionstag im Leo-Center ist so mancher junger Erwachsener heilfroh.
Fynn hat ehrgeizige Pläne: Der 18-Jährige hat den Realschulabschluss in der Tasche und möchte Abitur machen – um danach Jura zu studieren. Für die Bewerbung für die Schule braucht er einen Lebenslauf. Doch wie ist der am besten aufgebaut und was steht im Idealfall alles drin? Das Internet, erzählt er, habe sich als wenig nützlich erwiesen: „Es gibt keine kostenlose Hilfestellung.“
Die bekommt der junge Mann beim „Last Minute Bewerbungstuning“ für 14- bis 27-Jährige im Leo-Center dafür umso mehr. Dieses Angebot der Mobilen Jugendarbeit Leonberg in Kooperation mit der Waldhaus Jugendberufshilfe, der Agentur für Arbeit und dem Einkaufscenter nutzen am Samstag zahlreiche junge Leute. An verschiedenen Stationen werden sie nicht nur dabei unterstützt, eine gute Bewerbung zu erstellen. Sie können sich auch mit Vertretern von Unternehmen aus Leonberg und der Region auf Vorstellungsgespräche vorbereiten und erhalten Informationen zu offenen Stellen.
Kostenlose Bewerbungsfotos sind beliebt
Über die „sehr gute Hilfe“ sei er froh, sagt Fynn. Nach einer ausgiebigen Beratung weiß er nun, wie er seinen Lebenslauf verfassen muss. „Ein gutes Format ist zum Beispiel wichtig.“ Auch ein Bewerbungsfoto hat der 18-Jährige noch machen lassen. Kostenlos. Professionelle Fotografen seien teuer, und das Bild selbst zu schießen, sei in seinem Fall keine Option: Er müsste die Brillenspiegelung entfernen, in Sachen Bildbearbeitung fehle ihm aber die Erfahrung.
Ahmet hingegen sucht einen Job, weil er arbeitslos ist. Nächstes Jahr möchte er eine Ausbildung beginnen. Am liebsten in der Automobilbranche, als Lackierer vielleicht, er sei unschlüssig. Er sei gezielt ins Leo-Center gekommen, um Hilfe zu erhalten. Mit all den Formalitäten und den Schritten, die für eine Bewerbung nötig sind, ist Ahmet nicht ganz so gut vertraut. Er ist aus der Türkei, da sei vieles anders, vor allem weniger kompliziert.
Sich von der allerbesten Seite zeigen
Einen Minijob oder einen Ausbildungsplatz zu finden, ist ein zentrales Thema von jungen Leuten im Alter ab 16 Jahren. „Das ist ein wichtiger erster Schritt in die Verselbstständigung und ins Erwachsenwerden“, sagt Teresa Tellini von der Mobilen Jugendarbeit. Um Erfolg zu haben, um einen Fuß in ein Unternehmen zu kriegen, müsse man sich bei der Bewerbung von seiner allerbesten Seite zeigen.
Judith Maier von der Jugendberufshilfe kann das nur bestätigen. Ohne schriftliche Unterlagen gehe es für gewöhnlich nicht. „Das erste, was ich einem Unternehmen von mir preisgebe, ist die Bewerbung.“ Fehler würden allenfalls verziehen, wenn der Bewerber dem Unternehmen schon gut bekannt sei, durch ein erfolgreiches Praktikum etwa oder einen Nebenjob.
Das Geldverdienen spielt eine große Rolle
Teresa Tellini und ihr Kollege Thomas Gähr haben täglich mit jungen Menschen auch aus problematischen Verhältnissen zu tun. Viele, die am Samstag auftauchen, kennen sie. „Wir gehen auf die Jugendlichen zu, bauen ein Vertrauensverhältnis auf und fragen sie, was sie brauchen.“ Bei benachteiligten Jugendlichen spiele das Geldverdienen eine große Rolle, stellt Thomas Gähr fest. Ihnen liege viel daran, sich etwas leisten zu können. Teresa Tellini sagt, Jugendliche mit erschwertem Hintergrund würden „eine Extraportion Unterstützung“ benötigen.
Gründe, warum Heranwachsende mit Bewerbungen kämpfen, gibt es, abgesehen von der schwierigen wirtschaftlichen Situation, einige. Manche haben die Schule abgebrochen, andere keine Idee, welchen Beruf sie eigentlich erlenen wollen. Wieder andere haben zwar einen Berufswunsch, jedoch unrealistische Vorstellungen von der Tätigkeit oder den Voraussetzungen. Unterstützung ist laut Gähr auch vonnöten, wenn sprachliche oder kulturelle Hürden vorhanden sind oder die jungen Menschen nicht wissen, was alles zu einer Bewerbung gehört. „Und wer einen gewissen Nachnamen hat oder ein Kopftuch trägt, braucht einen längeren Atem, egal, wie gut die Bewerbung ist.“
Centermanager Micarelli: Früher war in der Schule mehr Bewerbung
Voriges Jahr fand bereits ein Bewerbungsaktionstag dieser Art im Leo-Center statt. Serge Micarelli managt das Einkaufszentrum erst seit November, doch für ihn war klar, die Veranstaltung zu wiederholen. „Es ist wichtig, junge Menschen darauf vorzubereiten, wie sie potenziellen Arbeitgebern gegenüber auftreten müssen – und ihnen zu zeigen, wie sie überhaupt dorthinkommen. Wir hoffen, einen kleinen Teil beizutragen.“ Er selbst habe noch in der Schule gelernt, wie man Briefe und Bewerbungen schreibt. Heute sei das nicht mehr selbstverständlich – und sollte wieder mehr verankert werden.