Nach einer langen und emotionalen Debatte hat sich der Ludwigsburger Gemeinderat auf einen Kompromiss geeinigt. Für eine Gruppe gibt es Vergünstigungen.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ludwigsburg - Eigentlich war schon alles gesagt, die Argumente lagen auf dem Tisch und die Fraktionen im Ludwigsburger Gemeinderat hatten sich darauf verständigt, nichts mehr zum Thema Bewohnerparken zu sagen. Eigentlich. Denn natürlich kam es anders – und alle wollten doch noch einmal darlegen, warum die 150 Euro, die die Verwaltung vorgeschlagen hatte, zu viel, viel zu viel – oder aber zu wenig seien.

 

Am Ende fand sich eine knappe Mehrheit – 18 Stadträtinnen und -räte stimmten mit Ja, 16 dagegen – für den Vorschlag der SPD: 120 Euro müssen Autofahrer in Ludwigsburg künftig pro Jahr für jedes ihrer Vehikel zahlen. Dieser Betrag erhöht sich auch nicht im Zwei-Jahres-Rhythmus um weitere zehn Euro, wie es die Stadt vorgesehen hatte. Für die Verwaltung, die gerne 30 Euro mehr erhoben hätte, ist der nun festgelegte Satz „die Untergrenze“, wie Oberbürgermeister Matthias Knecht sagte.

CDU schwenkt um, um noch höhere Gebühren zu verhindern

Er wiederholte, dass es der Rathausspitze nicht darum gehe, sich „gegen das Auto zu positionieren“ und eine „einseitige Verkehrswende“ zu betreiben. Die Erhöhung sei nicht nur notwendig, um den öffentlichen Raum anders nutzen zu können, sondern auch, um das Stadtticket weiterhin für drei Euro am Tag anbieten zu können. Die Stadträte hatten sich im vergangenen Dezember dagegen ausgesprochen, den Preis anzuheben.

Die Mehrheit im Gemeinderat kam auch deshalb zustande, weil die CDU-Fraktion von ihrem ursprünglichen Standpunkt, eine Verdopplung der Gebühren auf 60 Euro sei das, was man den Autobesitzern maximal zumuten könne, abgewichen war. Armin Klotz hatte vor der Abstimmung zwar noch einmal betont, man halte an dem Antrag, den die Christdemokraten zusammen mit Freien Wählern und FDP eingebracht hatten, fest – anders als die beiden Partner votierte die CDU dann doch für die 120 Euro im Jahr.

Klotz begründete das Abstimmungsverhalten damit, dass man eine „noch größere Abweichung nach oben“ befürchtet hätte.

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Die CDU hat sich also bewegt und damit das getan, was der Grünen-Fraktionsvorsitzende Florian Sorg zuvor gefordert hatte. Allerdings wäre es den Grünen lieber gewesen, wenn sich eine Mehrheit für den Verwaltungsvorschlag gefunden hätte und sich die SPD bewegt hätte. Deshalb und damit man am Ende „nicht mit leeren Händen nach Haus geht“, wie es Sorg ausdrückte, hatten die Grünen ihren eigenen Antrag, der vorsah, schwere Autos höher zu bepreisen und mindestens einen Betrag von 200 Euro zu verlangen, zurückgezogen. Wenig Kompromissbereit zeigten sich hingegen die FDP und große Teile der Freien Wähler. Stefanie Knecht (FDP) verwies auf gestiegene Lebenshaltungskosten und sprach davon, dass die Bürgerschaft „weiter geschröpft“ werde. Andreas Rothacker (Freie Wähler) bemängelte, dass der Beschluss vor allem die treffe, die keine Wahl hätten: die Bewohner der City.

Linke fordert „soziale Komponente“ – und findet Mehrheit

Dafür, dass Menschen mit weniger Geld in der Tasche nicht ganz so stark belastet werden, hat die Linke gesorgt. Jürgen Müller sprach von einer „echten sozialen Komponente“. Inhaber einer Ludwigsburg-Card zahlen künftig nur die Hälfte, also 60 Euro für den Bewohnerparkausweis. Außerdem gibt es eine Härtefallregelung.

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Für beides fand sich eine Mehrheit, obwohl sich Jürgen Schindler, Chef der Bürgerdienste, dagegen ausgesprochen hatte. Er argumentierte mit zusätzlichem Aufwand für seine Mitarbeiter und bat darum zu warten, bis Anträge auch digital bearbeitet werden können. Vergünstigte Parkausweise könnten derzeit nicht online beantragt werden. Sebastian Haag (FDP) sprach sich dafür aus, die Ludwigsburg-Card trotzdem zu berücksichtigen: „Bei einer Erhöhung um 150 Prozent tue ich mich schwer damit, ein Jahr zu warten, ehe eine soziale Komponente greift.“

Warum blieben die Gebühren so lange unangetastet?

Bisherige Gebühr
 Seit 1993 waren die Gebühren für das sogenannte Bewohnerparken bundesweit einheitlich geregelt. Ludwigsburg hatte erst 60 D-Mark und dann 30 Euro verlangt. Der Betrag reichte zuletzt allerdings nur noch, um den Aufwand in der Verwaltung zu decken. Im vergangenen Jahr hatte der Bund die Entscheidungshoheit über die Gebühren aber an das Land weitergereicht, die sie wiederum an die Städte und Gemeinden delegierte.

Abstufung
 Baden-Württemberg verzichtete darauf, ein Maximum zu definieren. Kommunen haben sogar die Möglichkeit, die Gebühr nach der Größe des Autos, der Zahl der Fahrzeuge pro Haushalt oder der Lage der Parkplätze zu differenzieren. In Freiburg berechnen sich die Kosten nach der Länge der Autos, Tübingen verlangt mehr für SUVs und Kleinbusse. In Ludwigsburg könnte die Debatte aufflammen, wenn Fahrzeugdaten einfacher digital abgerufen werden können.