Die allermeisten Gastronomen setzen auf ein Mischsystem, das sowohl Karten- als auch Barzahlungen möglich macht. Doch manche Wirte akzeptieren entweder nur das eine oder das andere. Warum?

Lokales: Matthias Ring (mri)

„Bar oder mit Karte“, das ist die Frage, wenn’s ums Zahlen geht. Die meisten Gastronomen bieten beides an, und doch gibt es einzelne Betriebe, die alles auf eine Karte setzen. Konstantin Berberich und Katrin Hoffmann vom Radcafé Fietsen in Stuttgart-West waren vor einem Jahr mit die Ersten, die nur cashless akzeptieren. Zumindest konnten die Neugastronomen – er ist Osteopath, sie Yogalehrerin – keine Erfahrungswerte von anderen sammeln.

 

Die eigenen Erfahrungen aber in ihrem Hybrid aus Tagescafé und Infos rund ums Rad sind überwiegend positiv. „Manche Gäste finden das zwar doof“, sagt Konstantin Berberich. Seine Geschäftspartnerin Katrin Hoffmann ergänzt: „Und einige wenige gehen gleich wieder.“ Häufig aber heiße es „ja super“, wenn jemand frage, ob er seinen Kaffee mit Karte zahlen könne, und dann höre „bei uns sowieso nur“.

Trinkgeld mit Karte sind viele Gäste nicht gewohnt

Warum diese Festlegung auf Nur-Kartenzahlung? Beziehungsweise: Katrin Hoffmann schätzt, dass 20 bis 30 Prozent der Gäste auch mit dem Handy oder der Smartwatch zahlen. „Wir wollten uns auf ein System festlegen, das ist buchhalterisch einfacher“, sagt Berberich. „Man muss nicht jeden Tag prüfen, ob die Kasse stimmt, und man riskiert auch keinen Ärger mit dem Fiskus.“

Tatsächlich halten sich hartnäckig Gerüchte, dass bei Barzahlung viel am Finanzamt vorbeigeschleust werde. Die Fietsen-Macher können zwar Einwände verstehen, dass man als Kunde mit Karten- oder Online-Zahlung Datenspuren hinterlässt. Und doch: „Einen Kaffee bargeldlos zu zahlen soll bedenklich sein, aber einen Rechner kaufen ist dann okay?“, fragt Berberich rhetorisch. Einen Nachteil sieht er aber schon: „Beim Trinkgeld, da verlieren wir viel.“ Einige Gäste seien es nicht gewohnt, dass man bei Kartenzahlung einfach aufrunden und dass das Trinkgeld extra ausgebucht werden kann.

Mit wenig Bargeld im Haus fühlt man sich sicherer

Dass die modernen Buchungssysteme das Trinkgeld automatisch extra ausweisen, bestätigt auch Sonja Merz. Mit ihrer GmbH betreibt sie die Avocado-Show-Filiale in der Calwer Straße, ihre Tochter Katharina Renz ist Betriebsleiterin. „Es war unsere eigene Entscheidung“ und nicht eine in der Zentrale des niederländischen Franchise-Unternehmens, in dem es durchaus Filialen mit Mischsystemen gebe. Auch Merz sagt, cashless sei buchhalterisch einfacher – und sicherer, da man kaum Bargeld im Haus habe. Die bisherigen Erfahrungen in der neuen Avocado-Show-Gastro: „Die Gäste akzeptieren das, und wir haben ein gutes Gefühl.“

Im Festzelt kann es dauern mit der Kartenzahlung

In ihrem Biergarten im Schlossgarten und auf dem Volksfest aber bietet Sonja Merz weiterhin beide Zahlungsarten an. „Im Festzelt kann das Handling mit Karten sehr zäh sein“, weiß die Wirtin. Und auch von den großen Konzerten in diesem Festivalsommer mit Kartenzahlung oder Wertbändern habe sie gehört, „dass das System vielleicht noch nicht ganz so ausgereift ist“. An einen wirklich schnelleren Zahlungsvorgang im großen Trubel glaubt sie jedenfalls Stand jetzt noch nicht so recht. Aber sie beobachtet die Entwicklung und denkt, dass sich die Cashless-Systeme von Jahr zu Jahr mehr durchsetzen werden.

Im Noir an der Tübinger Straße gilt nur Bares

Dennoch gibt es weiterhin Betriebe, in denen man nur bar zahlen kann wie im vietnamesischen Noir an der Tübinger Straße, worauf mit einem Schild an der Eingangstür hingewiesen wird. Das ist seit zehn Jahren so. Viele Gäste in dem kleinen Lokal seien längst daran gewöhnt. „Nur bei Amerikanern ist es manchmal schwierig“, sagt der Inhaber Nam Bauer. Und ganz selten komme es hier wie im gegenteiligen Modell bei Fietsen vor, dass ein Gast gleich wieder gehe. Grundsätzlich aber findet auch der Noir-Inhaber, es sei einfacher und schneller, sich für ein System zu entscheiden. „So muss man nicht die Eingänge von Karten- und Barzahlung abgleichen“, sagt Bauer. Außerdem fielen bei Kartenzahlungen Provisionen an, und er habe den Vorteil, dass direkt gegenüber von seinem Betrieb eine der immer weniger werdenden Bankfilialen sei.

Daniel Ohl, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Baden-Württemberg, weist allerdings darauf hin, dass auch bei Wechselgeld Gebühren anfallen. In der Pandemie sei zu beobachten gewesen, dass kontaktlose Zahlungen zunehmen, wobei an dieser Stelle gesagt sein muss: Geld ist schmutzig, ja. Eine Übertragung von Coronaviren konnte jedoch nicht nachgewiesen werden.

Eine Empfehlung spricht der Dehoga nicht aus. Die große Mehrheit der Betriebe setze weiterhin auf das Mischsystem. „Im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern hängen hier noch viele am Bargeld“, sagt Ohl und verweist auf die Studie „Zahlungsverhalten in Deutschland 2021“ vom Juli dieses Jahres. Demnach werden 58 Prozent der alltäglichen Zahlungen bar getätigt. Auch einer der obersten Banker ist ein Fan von Bargeld. So schrieb der Bundesbankvorstand Johannes Beermann in einem Gastbeitrag für „Focus online“, es ist „absolut ausfallsicher und wahrt die persönliche Privatsphäre“.