Das Taubenhaus auf dem Dach des Mühlgrüns funktioniert nur bedingt, und weitere Standorte sind schwer zu finden: Der Bezirksbeirat hat sich über die aktuelle Situation der Tauben im Stadtbezirk informiert.

Bad Cannstatt - An Tauben scheiden sich die Geister: Gehören sie für die einen zum Stadtbild, finden die anderen die Tiere einfach nur abstoßend. Ganz anders sieht Silvie Brucklacher-Gunzenhäuser die Situation: „Die Tauben sind tatsächlich in Not“, sagte die Tierschützerin, die sich seit vielen Jahren in Stuttgart für Tauben einsetzt, dem Bezirksbeirat Bad Cannstatt in dessen jüngster Sitzung. Durch Züchtungen seien die Vögel dazu verdammt, bis zu sieben Mal pro Jahr zwei Eier zu legen, und hätten es schwer, sich und ihre Jungen durchzubringen.

 

Trotzdem stellt Brucklacher-Gunzenhäuser klar, dass Füttern keine Lösung ist. Stattdessen arbeiteten Tierschutzverein und Stadt in Stuttgart erfolgreich mit dem Austausch von echten Eiern durch Attrappen, um die Population zu verkleinern. „In den vergangenen acht Jahren haben wir uns zusammengerauft und 10 000 Taubeneier ausgetauscht“, sagt die Taubenexpertin.

Das Taubenhaus am Mühlgrün steht ungeschickt

In Bad Cannstatt jedoch ist das Projekt, das sogar mit dem Landestierschutzpreis ausgezeichnet wurde, nicht so erfolgreich wie an manchen Stellen in der Innenstadt. „Wir bräuchten in Bad Cannstatt zwei bis drei zusätzliche Standorte für Taubenhäuser“, sagt Brucklacher-Gunzenhäuser. Die Stadtkirche wäre aus ihrer Sicht ein idealer Standort, sagt sie und verweist auf die sehr erfolgreiche Einrichtung von zwei Taubenschlägen im Dach der Leonhardskirche. Die Taubenhäuser werden von Ehrenamtlichen wie Silvie Brucklacher-Gunzenhäuser gepflegt und ausgemistet, außerdem versorgen die Tierfreunde die Vögel, deren Tötung übrigens erst seit 1997 gesetzlich verboten ist, mit Futter und Wasser. „Man muss sich um die Tauben kümmern wie um Parks oder Gärten“, sagt Brucklacher-Gunzenhäuser. Dann, davon ist sie überzeugt, seien die von vielen Menschen als störend empfundenen Vögel in zwei bis drei Generationen kein Thema mehr. „Die Bürger müssen begreifen, dass sie die Tauben nicht füttern müssen, weil die ein Zuhause haben.“

In Bad Cannstatt liege allerdings noch viel Arbeit auf diesem Weg: Das Taubenhaus auf dem Dach des Parkhauses Mühlgrün läuft nicht so gut wie die Häuser an anderen Standorten. „Das Haus ist verhältnismäßig klein und steht ungeschickt am belebten Fuß- und Radweg“, erklärte Stefan Kinkelin vom Amt für öffentliche Ordnung dem Bezirksbeirat. Dort hätten die Tiere nicht genug Ruhe zum Eierlegen und Brüten. Mangels Alternativen werde nun darüber nachgedacht, auf der gegenüberliegenden Seite des Parkdecks ein größeres Haus zu errichten.

Gespräche mit Kirchen und Hauseigentümern

Nichtsdestotrotz gehe die Suche nach weiteren Standorten weiter: „Seit diesem Jahr haben wir eine weitere Teilzeitstelle, und seither tut sich was“, sagt Kinkelin. Es würden unter anderem Gespräche mit Kirchen und privaten Hauseigentümern geführt, außerdem instruiere das Amt für öffentliche Ordnung Gastronomen, damit diese zum Beispiel nichts Essbares in den Außenbereichen liegen zu lassen. Weitere Vorschläge für Taubenhausstandorte seien willkommen, außerdem denke man darüber nach, dem Beispiel Tübingens zu folgen und eventuell Taubenhäuser am Neckar zu errichten. Wichtig für den Standort von Taubenhäusern seien Wasser- und Stromanschluss sowie ein Zugang zum Dach für die ehrenamtlichen Mitarbeiter, der auch an den Wochenenden gewährleistet sei. „Wir werden die Population erst in den Griff bekommen, wenn im Stadtgebiet noch 20 Taubenschläge mehr entstehen.“

Peter Mielert (Grüne) hatte spontan gleich zwei Vorschläge: das Parkhaus am Wilhelmsplatz sowie das Dach des Toilettenhäuschens am Seilerwasen. Marcel Schlatterer (SPD) regte an, Info-Flyer mit Vor- und Nachteilen von Taubenhäusern zu verteilen und über eine Pauschale nachzudenken für Menschen, die ihr Dach für einen Taubenschlag zur Verfügung stellen. Um dem Problem des Fütterns vorzubeugen, forderte Roland Schmid (CDU) mehr Überwachung und regte an, die Bevölkerung in einer Kampagne umfassend zu informieren.