Die Nachbetrachtung zum 26. Spieltag mit Fokus auf die Filderteams.

Lokalsport : Franz Stettmer (frs)

Filder - Von wegen Vorentscheidung! Gerade einmal eine Woche ist es her, dass die Bezirksliga-Fußballer des SV Bonlanden sich ins Fäustchen lachen konnten und die Konkurrenz gedanklich bereits Glückwunschtelegramme geschrieben hat. Was sollte noch schief gehen in Sachen Aufstieg? Nun, nur einen Spieltag später, steht die Antwort: Mit ihrer überraschenden zweiten Saisonniederlage in Cannstatt haben die Filderstädter selbst alles schlagartig wieder offen gemacht. Der Vorsprung auf den Verfolger Türkspor Stuttgart beträgt lediglich noch einen Punkt. Stand jetzt gäbe es also doch ein großes Meisterschaftsendspiel am 3. Juni, wenn der Tabellenzweite zum Gipfelduell nach Bonlanden kommt. „Diese verlorenen Zähler tun weh“, sagt der Trainer Klaus Kämmerer – und ärgert sich über einen seiner Spieler.

 

Spvgg Cannstatt – SV Bonlanden

Wäre es anders ausgegangen, wenn da nicht diese Begebenheit aus der 60. Spielminute gewesen wäre? Das lässt sich natürlich nicht mehr beweisen. Fakt ist für Kämmerer: „Es war eine völlig unnötige Aktion. Ein Aussetzer, der es für uns sehr schwer gemacht hat.“ Gemeint ist der kurzzeitige Einsatz seines Routiniers Sebastian Liebenstein mit dem Mund statt den Füßen. Im Eifer des Gefechts geigte der 31-Jährige dem Schiedsrichter die Meinung. Dessen Antwort kam prompt: Gelb-Rot. Und so musste der Favorit SV Bonlanden die verbleibende halbe Stunde in Unterzahl einem Rückstand hinterherlaufen – was er vergeblich tat. Endstand aus Gästesicht: 2:3. Die erste Auswärtsniederlage des Spitzenreiters seit Oktober 2016.

Mit dieser sind die Karten im Titelrennen wie gesagt neu gemischt. „Als Tabellenführer haben wir noch immer alle Optionen“, weiß Kämmerer zwar – der nun auf Atemnähe herangerückte Verfolger Türkspor, der sich seinerseits zu einem Last-Minute-Sieg hangelte, allerdings inzwischen ebenso. Seit Sonntag gibt es wieder zwei Teams, die aus eigener Kraft Meister werden können: Bonlanden und Türkspor. Es zeichnet sich ein Herzschlagfinale ab. Ein Duell auch der Nerven für die letzten vier Spieltage.

Freilich: dem Unglücksraben Liebenstein die Schuld dafür allein in die Schuhe zu schieben, wäre verfehlt. Auch hatte Kämmerer im Spiel der Seinen schon zuvor „Leichtfertigkeiten und Konzentrationsfehler“ erkannt. Allen drei Gegentoren gingen weit geschlagene Cannstatter Bälle voraus, bei denen die eigene Abwehr schläfrig wirkte. Ebenso machte sich zuletzt bemerkbar, dass im Angriff ein Vollstrecker wie Nico Presthofer (beruflich verhindert) fehlte. Der eingewechselte Dennis Adam vergab in der Nachspielzeit die dicke Chance zum Ausgleich. Und schließlich, so Kämmerer und so viel der Ehrerbietung dann allemal, „haben wir halt auch gegen einen starken Gegner gespielt“. Das, nebenbei, muss als Nächstes auch der Verfolger Türkspor tun. Er ist am kommenden verlängerten Wochenende beim Dritten in Bernhausen zu Gast. Ob danach an der Spitze womöglich schon wieder alles anders ist?

OFK Beograd Stuttgart – TSV Bernhausen

Das nötige Selbstvertrauen, um einem der Großen ein Schnippchen zu schlagen, haben sie beim TSV Bernhausen mittlerweile allemal. Mit dem aktuellen 4:3 beim OFK Beograd Stuttgart hält der Lauf des Aufsteigers an – zumindest von den Ergebnissen her. Die Punkteausbeute der vergangenen Wochen nennt der Trainer Peter Weinmann denn auch „überragend“. Der Haken an der Sache: für die dabei gezeigten Leistungen gilt dies weniger. Zur zweiten Hälfte vom Sonntag fällt dem Coach nur eine Vokabel ein: „Grottenschlecht.“ So fehle ihm trotz Sieg erneut das gute Gefühl.

Was eine plötzliche Liegestuhl-Mentalität alles bewirken kann. Tatsächlich schafften es die Bernhausener, trotz eines Vier-Tore-Pausenvorsprungs noch in Bedrängnis zu geraten. Profitierend von einer haarsträubend agierenden gegnerischen Defensive hatte bis dahin allein Ahmet Fidan dreimal eingenetzt – und Marco Caruso dreimal als Vorbereiter geglänzt. „Dann aber haben wir keinen Fuß mehr auf den Boden gekriegt“, sagt Weinmann, bei dem in der Summe gleichwohl das Positive überwiegt. Auch wegen der Entwicklung hinter den Kulissen. So ist inzwischen klar, dass bis auf eine Ausnahme alle Spieler des Erfolgskaders bleiben. Und auch bei dieser einen Ausnahme besteht noch Hoffnung: Onur Aycil wechselt wie berichtet nur dann zum TV Echterdingen, wenn dieser nicht aus der Landesliga absteigt – was ja fraglich ist. Hinzu kommen soll laut Weinmann „die ein oder andere Ergänzung".

TSV Plattenhardt – SC Stammheim

Mehr als Ergänzungen werden es beim TSV Plattenhardt werden. Dort geht der Trainer Sascha Krammer von „sechs bis neun“ neuen Spielern aus. Zum einen, um die Aussteiger Lukas Haselmaier, Philipp Straub, Denis Kroer, Christian Mayer und Michael Müller zu ersetzen. Zum anderen aber auch, um eine Schippe draufzulegen fürs Unternehmen „Spitzenplatz“ – und um gegen eine Malaise wie aktuell besser gewappnet zu sein. Momentan haben Krammer und sein Partner Paulo Bayrak kaum mehr personelle Alternativen, konnten aber am Sonntag dennoch tief durchatmen. Krammers Wutausbruch nach dem 0:4-Tiefpunktauftritt beim MTV Stuttgart scheint gewirkt zu haben. Nun, zuhause gegen den SC Stammheim, sah der Coach „von der Einstellung her gegenüber den vorigen Spielen eine 180-Grad-Wende“. Der Lohn: zwei Abstaubertore von Simon Kirschner zum 2:0-Erfolg. Vorlagengeber war beide Mal Alperen Albayrak per Eckball.

Spvgg Möhringen – TSV Rohr

Das Filderteam der Stunde bleibt derweil die Spvgg Möhringen. Jene entfernt sich weiter mit Siebenmeilenstiefeln von der Abstiegszone. Nach dem 2:1 nun auch im Derby gegen den TSV Rohr beläuft sich die Bilanz der vergangenen sieben Spieltage auf: vier Siege, drei Unentschieden, null Niederlagen. „In der Tabelle schauen wir nur noch nach vorn“, sagt der Trainer Karl-Heinz Fuhrmann, der inzwischen gar auf einen einstelligen Abschlussplatz hofft. Wer hätte es nach der mühsamen Hinrunde für möglich gehalten?

Dass es seither aufwärts geht, liegt auch daran, dass einer wieder trifft: Nils Große Scharmann. Der zwischenzeitlich ins Formtief gerutschte Senkrechtstarter der vorigen Saison markierte aktuell das entscheidende Tor. Nach starker Vorarbeit von Christian Preskitt drückte der 22-Jährige den Ball über die Linie. Zuvor hatte Max Schilling die Kugel zur Rohrer Führung ins Netz geschnippelt und Marvin Kuhn mit einem Freistoßkracher ausgeglichen.

Die sonstigen Aufreger? Der Rohrer Coach Sascha Härtenstein trauert „einigen vergebenen Großchancen“ hinterher. Und beide Seiten poltern, dass ihr Gegner ohne Rot davongekommen ist: der Möhringer Marcus Budday nach einem laut Härtenstein „üblen Foul“ – und der Rohrer Christoph Pauley nach einer laut Fuhrmann „klaren Notbremse“. Dass Budday nun in seinem Verein Sorgen macht, hat allerdings einen anderen Hintergrund. Er ist einer von fünf Oldies, die ihr Karriereende erwägen, neben Steven Jordan, Marian Wieser, Manuel Lan und Sebastian Zydeck. Fuhrmann hofft, „dass wir sie zum Weitermachen überreden können“.

Derweil soll beim Gegner Rohr in der nächsten Woche erst einmal die Trainerfrage geklärt werden. Die Tendenz: Härtenstein und sein Assistent Mike Pfisterer verlängern – da der Verein wohl ihre Bedingung erfüllt. Das Duo hat zwecks professionellerer Aufstellung die Installierung eines Teammanagers gefordert. Wie zu hören ist, gibt es für den Posten einen vor der Verpflichtung stehenden Wunschkandidaten.

SV Vaihingen – Sportvg Feuerbach

Bleibt noch der SV Vaihingen – die Mannschaft, die diesmal das klarste Lebenszeichen gesendet hat. Wie hatte der Abteilungsleiter Peter Breuer gesagt? „Der letzte Strohhalm im Abstiegskampf.“ Mit einem 5:1-Sieg gegen die Sportvg Feuerbach schnappten die Seinen danach und dürfen nun wieder hoffen. „Man merkt, dass die Trainingsschwerpunkte allmählich greifen“, konstatiert der vor sechs Wochen eingestiegene Coach Stephan Tregel. Freilich: auch für ihn stellt sich die Frage, ob noch rechtzeitig genug. Im Gegensatz zur Konkurrenz im Tabellenkeller haben die Vaihinger nur noch drei Partien. Nicht nur das: unter ihren finalen Gegnern befinden sich im SV Bonlanden und der Spvgg Cannstatt zwei Schwergewichte der Staffel.

Einstweilen leitete Valentin Kamm mit einem frühen Doppelschlag den Heimerfolg ein. Seine Personalmisere machte der Aufsteiger mit giftigem Pressing wett. Bezeichnend fürs Rumpfaufgebot: in der letzten halben Stunde musste der Ersatzkeeper Maximilian Ulmer als Feldspieler ran. Auf einen anderen hatte Tregel dennoch erneut verzichtet. Der Torjäger Holly Bokilo? Abermals nicht dabei. „Wer nicht ins Training kommt, der spielt auch nicht“, erläutert der Trainer knapp. Not hin, Not her – da bleibt er seinen Prinzipien treu.