Der achte Spieltag der Bezirksliga mit Fokus auf die Filderteams, von denen es für eines erneut dick gekommen ist. Bei der Spvgg Möhringen herrscht nach einer verrückten Partie Fassungslosigkeit.

Lokalsport : Franz Stettmer (frs)

Filder - Irren ist menschlich, heißt es. Am Sonntag sind in der Fußball-Bezirksliga gleich alle vier Filderteams Irrtümern aufgesessen – was für den TSV Plattenhardt und den SV Vaihingen gut war, für den SV Bonlanden II und die Spvgg Möhringen schlecht. Bei Letztgenannter herrscht nach den 15 verrücktesten und zugleich schwärzesten Minuten dieser Saison Fassungslosigkeit. Zumal: in der Tabelle sind die Möhringer weiter Überraschungsletzter und stellen damit den Kontrast zum Aufsteiger NAFI Stuttgart dar. Jener befindet sich auf dem Weg, das Titelrennen zum Langweiler zu degradieren.

 

SSV Zuffenhausen – TSV Plattenhardt

Irrtum eins, TSV Plattenhardt. Die Begegnung beim Tabellennachbarn SSV Zuffenhausen wird ein heißer Tanz? Tja, so kann man irren. Am Schluss, als mit einem 3:0 die angepeilten Punkte eingefahren waren, stand der Spielertrainer Paulo Bayrak da und staunte: „Es war eine sehr entspannte Partie.“ Dazu trug zum einen der unerwartet schwache Gegner bei, zum anderen und vor allem aber auch die Plattenhardter selbst. Bei denen hatten Bayrak und sein Partner Bernd Giersdorf mal eben die Aufstellung auf den Kopf gestülpt. Im Vergleich zur vorigen Woche nahm das Duo gleich sechs Änderungen vor – ein Großumbau mit teils notgedrungenem (Sebastian Lieto Leistenzerrung, Philipp Straub und Christian Kern krank), teils freiwilligem (Erholungspause für Marvin Jauch und Reto Briem) Hintergrund. Zumindest zwei der Neubesetzungen erwiesen sich als Volltreffer.

Ein Hurra auf Alexander Morell. Ein Hurra auch auf Christian Kienle. Die beiden kamen, sahen, trafen und avancierten als Doppelsechs überhaupt zu den treibenden Kräften. „Sie waren gut drauf und haben richtig Dampf gemacht“, lobt Bayrak. Tor Nummer eins erzielte Morell mit einer Direktabnahme, Tor Nummer zwei Kienle mit einem satten Flachschuss. Voraus gingen jeweils flotte Kombinationen über Alperen Albayrak, ehe Bayrak selbst per Kopf den Endstand bewerkstelligte.

Kopf wie Köpfchen. Wie sagt der Coach zum Gedankenspiel? „Wir wollten mit unseren Wechseln ein bisschen Frische reinbringen.“ Fazit: Plan aufgegangen, in der Tabelle somit die Kurve in die obere Hälfte gekriegt – die Plattenhardter sind nach zuletzt drei Auftritten ohne Sieg wieder auf Kurs. Zumindest in dieser Hinsicht also kein Irrtum.

SV Vaihingen – SV Sillenbuch

Irrtum zwei, SV Vaihingen. Gegen diesen Gegner wird wohl nichts zu holen sein? Tja, so kann man irren. Auf dem Platz haben die Vaihinger sich selbst und ihr Umfeld eines Besseren belehrt. Ausgerechnet gegen den bisherigen Tabellenzweiten SV Sillenbuch stoppte das zuletzt so arg gebeutelte Filderteam seine Talfahrt. „Ich bin stolz auf die Mannschaft. Sie hat alles reingeworfen, was sie hat, und sich gegen den Negativtrend gewehrt“, sagt der Trainer Marco Stilp nach dem 1:1. Dass das Wie dabei nichts für Fußballgourmets war? Egal.

Erneut mit einem Notnotaufgebot unterwegs, darunter in Cedric Hornung ein A-Jugendlicher, ging die Vaihinger Rechnung auf. Sie lautete: kämpfen, kratzen, beißen – das Ganze aus taktischen Gründen auf dem kleinen Kunstrasen. Und hinzu kam dann, Überraschung, diesmal auch noch eine Komponente, von der man beim Gastgeber zuletzt nur noch vom Hörensagen wusste, dass es diese angeblich gibt: Glück. Das frühe Führungstor taugte fürs Kuriositätenkabinett. Nach einem eigentlich missratenen Querpass von Maximilian Spangenberg sprang der Ball dem gegnerischen Verteidiger Tobias Haug gegen den Oberschenkel – und von dort am verdutzten Keeper vorbei ins Netz.

Der Rest? Ja, ärgerlich dass der Ausgleich gegen eine noch freudentrunkene eigene Elf gleich im direkten Gegenzug fiel. Ja, ein bisschen zum Hadern auch, dass in der Endphase Giampiero Lapeschi am Pfosten scheiterte. Alles in allem aber nahm der Ex-Landesligist nach bitteren Wochen endlich wieder einmal Positives aus einem Spieltag mit. „Der Punkt ist ein Zeichen“, sagt Stilp, „er gibt den Spielern das Gefühl, dass auch gegen die Teams von vorne etwas zu holen ist.“

Sofern damit fürs folgende Wochenende nicht gleich der nächste Irrtum formuliert ist. Dann heißt der Gegner NAFI Stuttgart – der Tabellenführer.

MTV Stuttgart – SV Bonlanden II

Irrtum drei, SV Bonlanden II. Diesmal gelingt der große Befreiungsschlag? Tja, so kann man irren. 45 Minuten lang durften die Bonlandener in der Tat glauben, dass es nach einer Serie von unglücklichen Hätte-wäre-wenn-Auftritten nun zur Wende reichen kann. Eine Hälfte lang „hat die Mannschaft es richtig gut gemacht“, sagt der Trainer Robert Stadtmüller, „super organisiert, tolle Konter, hochkarätige Torchancen“. Damit ist man dann allerdings auch beim Haken. Erstens haben die Filderstädter diese Gelegenheiten nicht genutzt. Niels Wüllbier vergab die beiden besten nach starken Soli – einmal zielte er knapp daneben, einmal klatschte der Ball gegen die Latte. Zweitens: angehalten hat die gute Phase eben nur die erwähnten 45 Minuten.

Nach der Pause kam es im Spiel beim Aufstiegsanwärter MTV Stuttgart wie gehabt: erneute Gegentore, erneute Niederlage, erneute Enttäuschung. Schon das 0:1 nach einem Ballverlust in der gegnerischen Hälfte wertete Stadtmüller als „Genickschlag“. Das 0:2 des Torjägers Raphael Hahn bedeutete schließlich den K.o. – und machte es zur Nebensache, dass jener Hahn, der Liga-Ballermann vom Dienst, ansonsten bei der Bonlandener Abwehr auch ohne deren Anführer Yannic Buchwald (Leistenprobleme) in guten Händen war. In der Tabelle sind die Schwarz-Weißen weiter Vorletzter. Nur vier Punkte aus den ersten acht Spielen – es ist ihr schlechtestes Zwischenergebnis seit dem Aufstieg vor zehn Jahren (2010/11 ebenfalls vier Zähler, aber bessere Tordifferenz). In diesem Fall Irrtum ausgeschlossen.

FC Stuttgart-Cannstatt – Spvgg Möhringen

Irrtum vier, Spvgg Möhringen. Es gibt nichts mehr, was den Coach Jörg Elser nach gut drei Jahrzehnten im Trainergeschäft von den Socken hauen kann? Tja, so kann man irren. Am Sonntag stand auch Elser die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben – ehe ihm nur noch die Flucht in den Sarkasmus blieb. „Ich war schon bei vielen Spielen in meiner Karriere, aber dieses gehört zu den speziellen Highlights“, sagt Elser. Bei ihrer 2:3-Niederlage in Cannstatt hat seine Mannschaft der Spvgg Möhringen auf der nach unten offenbar offenen Pleiten-Pech-und-Pannen-Skala neue Maßstäbe gesetzt.

80 Minuten lang zeigte die Gäste von den Fildern ihre laut Trainer „beste Saisonleistung“. Taktisch wie kämpferisch habe alles gepasst. Der Lohn: der nach seiner Langzeitsperre erstmals wieder mitwirkende Steven Jordan sowie Marcus Budday hatten die Begegnung per Doppelschlag gedreht – und damit einen frühen Elfmeterfehlschuss des Kapitäns Steffen Müller wettgemacht. Noch mehr: der zunehmend hadernde und in Diskussionen mit dem Schiedsrichter verstrickte Gegner befand sich nach zwei Platzverweisen mit nur noch neun Mann auf dem Platz.

Dann, in der letzten Viertelstunde und mit dem so dringend benötigten zweiten Saisonsieg vor Augen, geschah das „Unfassbare“. Zunächst sauste ein eigentlich harmloser 20-Meter-Schuss von Manuel Lan abgefälscht zum 2:2 ins Netz – das war der erste Schock. Der zweite folgte in der Nachspielzeit, als der Cannstatter Tamer Fara vier Möhringer quasi auf dem Bierdeckel austanzte und gar noch zum gegnerischen Siegtreffer einnetzte.

Elsers Gedanken in diesem Moment? Die gute Kinderstube rät zum Schweigen. „Das können Sie nicht schreiben“, sagt der Coach, der nun wohl erst einmal weniger als Trainer denn als Psychologe gefordert ist. Mit mageren drei Pünktchen bleibt der Vorjahresneunte Tabellenletzter. Immerhin: dass in dem Keeper Felix Hegemann, dem erwähnten Jordan sowie Olivier Mendi und Tim Stadtmüller vier Leistungsträger ins Aufgebot zurückgekehrt sind, macht Hoffnung – dahingehend, dass es noch gelingen wird, diese aus Möhringer Sicht bislang als einziger Irrtum zu bezeichnende Saison noch zu begradigen.