Das Sillenbucher Bezirksrathaus wird so schnell nicht barrierefrei werden. Bezirksvorsteher und Stadt nennen das geplante Bürgerzentrum als Grund.

Sillenbuch - Ursula Marx war geschockt. So sagte sie es selbst. Und zwar von der Nachricht, dass das Bezirksrathaus in Sillenbuch nicht barrierefrei ist. Die Behindertenbeauftragte der Stadt Stuttgart war zur vergangenen Sitzung der Bezirksbeiräte gekommen, um sich bei den Lokalpolitikern vorzustellen und von ihrer Arbeit zu erzählen. Welche Missstände an dem Amtsgebäude im Bezirk herrschen, davon wusste Marx bis dato nichts.

 

Die Bezirksbeiräte nutzten die Gunst der Stunde und klagten Marx ihr Leid über diverse Mängel im Stadtbezirk. Da war zum Beispiel davon die Rede, dass manche Wahlbüros nicht barrierefrei seien. Allem voran war jedoch das Rathaus an der Aixheimer Straße Thema. „Unser Bezirksrathaus ist meilenweit davon entfernt, barrierefrei zu sein“, sagte beispielsweise der Sprecher der CDU-Fraktion Philipp Kordowich. Bekanntlich muss im Foyer zunächst eine Treppe überwunden werden, bis der Besucher den Aufzug erreicht. Das bereitet nicht nur Rollstuhlfahrern, sondern auch Menschen mit Rollatoren oder Müttern mit Kinderwagen Probleme. Der Aufzug ist zudem so winzig, dass kein Rollstuhl hineinpasst.

Aus Sillenbuch hat die Behindertenbeauftragte nichts gehört

Ursula Marx wusste bisher nur, dass die Rathäuser in Stammheim und Wangen für Behinderte nicht zugänglich sind, wie sie sagte. Die beiden zuständigen Bezirksvorsteher hätten sich deswegen sofort bei ihr gemeldet und um Unterstützung gebeten, als sie neu im Amt war. Vor gut einem Jahr hat Marx die ehrenamtliche Stelle angetreten. Aus Sillenbuch habe sie indes nichts gehört. Der Bezirksvorsteher Peter-Alexander Schreck hatte dafür eine Erklärung. Er habe sich bisher noch nicht an Marx gewandt, da ja immer noch Hoffnung auf das neue Bürgerzentrum bestehe, sagte er den überraschten Bezirksbeiräten.

Auch die Stadt will abwarten, ob der Gemeinderat in den derzeit stattfindenden Haushaltsberatungen Geld für das seit vielen Jahren gewünschte Zentrum bewilligt. Das sagt ein Sprecher auf die Nachfrage, warum die Verwaltung die Rathäuser in Wangen und Stammheim auf ihre Prioritätenliste gesetzt hat, Sillenbuch aber nicht. Große Hoffnungen auf das Bürgerzentrum können sich die Sillenbucher aber, wie berichtet, nicht machen. Schon zweimal wurde das Millionenprojekt bei den Haushaltsverhandlungen gekippt. Und auch diesmal unterstützen es weder die Stadt noch die Fraktionen im Gemeinderat – mit Ausnahme der Freien Wähler. Am 20. Dezember wird der Haushalt endgültig beschlossen, dann gibt es Gewissheit.

Die Rampen sind zu steil

Vergangenes Jahr hatte sich die Bezirksbeiratsfraktion der Grünen für die Barrierefreiheit des Rathauses eingesetzt. Damals kam der Vorschlag auf, dass die Tür zur Tiefgarage eine Gegensprechanlage und einen Summer bekommt, damit man sie von innen öffnen und der Besucher direkt in den Aufzug steigen kann. Das Hochbauamt hat das geprüft, „hat aber festgestellt, dass dies nicht umzusetzen ist“, teilt ein Sprecher der Stadt mit. Denn die Rampe in die Garage sei zu steil und der Aufzug eben zu schmal; ein Rollstuhl würde nicht hineinpassen. Alternativ wurde geprüft, wie man die Treppen im Eingangsbereich überwinden könnte. Auch hier wäre eine mögliche Rampe zu steil.

Trotz der Schwierigkeiten will sich Ursula Marx nun weiter entschieden dafür einsetzen, dass alle Bezirksrathäuser der Stadt barrierefrei werden, wie sie sagt. Die Unterstützung vom zuständigen Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle habe sie. Ihr Elan und ihre Hoffnungen stehen jedoch der Realität entgegen. Denn sie und Wölfle würden eben auch die finanzielle Situation der Stadt kennen, sagt Marx.