Am 15. April tritt Bernd-Marcel Löffler sein Amt als Bezirksvorsteher von Bad Cannstatt an. Im Interview verrät er, wie er zum autofreien Marktplatz steht, warum ihm die Soziale Stadt besonders am Herzen liegt und dass er lieber aufs Fahrrad als ins Auto steigt.

Bad Cannstatt – - Am 15. April tritt Bernd-Marcel Löffler sein Amt als neuer Bezirksvorsteher von Bad Cannstatt an. Im Interview verrät der langjährige Schultes von Mühlhausen, wie er zum autofreien Marktplatz steht, warum ihm die Soziale Stadt besonders am Herzen liegt und dass er lieber aufs Fahrrad als ins Auto steigt.
Herr Löffler, für Sie geht es bald vom Palmschen Schloss ins frisch sanierte Historische Rathaus von Bad Cannstatt. Suchen Sie sich Ihre Stellen eigentlich nach der Schönheit der Gebäude aus?
Dieser Eindruck kann leicht entstehen (lacht). Aber das war kein ausschlaggebender Faktor. Obwohl beides natürlich wunderschöne Häuser sind. Ich verschlechtere mich auf keinen Fall.
Sind Sie schon am Kisten packen?
Ich kann noch keine Kisten packen. Aufgrund der besonderen Situation in Mühlhausen – der Posten des stellvertretenden Bezirksvorstehers war länger unbesetzt, die neue Kollegin hat erst am 1. April angefangen – gestaltet sich der Übergang etwas schwierig. Ich wechsele zum 15. April nach Bad Cannstatt. Zwei Wochen sind für die Einarbeitung der neuen Stellvertreterin aber zu kurz. Eine Zeit lang werde ich zwischen den Bezirken pendeln müssen. Was ich aber nicht problematisch finde, weil ich Bad Cannstatt mit Herrn Kübler als stellvertretendem Bezirksvorsteher in guten Händen weiß.
Worauf freuen Sie sich in Bad Cannstatt besonders?
Ich möchte gemeinsam mit den hiesigen Partnern aus Gewerbe, Handel und Vereinen frischen Wind in das Gesamtthema Marktstraße und Marktplatz bringen. Ich begrüße es sehr, dass der Marktplatz jetzt autofrei ist. Allerdings herrscht auf diesem wie ich finde wunderschönen Platz gähnende Leere. Ein Konzept muss her.
Sie haben gerade die Vereine angesprochen. Gibt es bestimmte Organisationen im Bezirk, mit denen sie besonders eng zusammenarbeiten wollen?
Es ist mir wichtig, mit allen Vereinen einen offenen Dialog zu führen. Es ist ein großes Plus, dass es in Bad Cannstatt mit der Vereinigung Cannstatter Vereine (VCV) bereits eine verbindende Ebene gibt. Mir liegt viel daran, mit der VCV schnell in Kontakt zu treten. Mir ist aber auch wichtig, dass man nicht nur mit den verbandlich organisierten Vereinen spricht, sondern mit allen.
Über den autofreien Marktplatz haben wir bereits gesprochen. Ein anderes Thema, das die Menschen im Bezirk bewegt, ist der Radweg an der Waiblinger Straße. Wie stehen Sie dazu?
Generell begrüße ich jeden Radweg. Ich bin selbst lieber mit dem Fahrrad als mit dem Auto unterwegs. Wenn man an der Waiblinger/Nürnberger Straße entlang läuft, fällt allerdings schon auf, dass der Anteil derer, die den Radweg nutzen, sehr gering ist. Ich denke aber, dass man den Radweg auch nicht aufgrund der riesigen Fahrradströme gebaut hat. Man wollte ein Signal setzen. Ich muss als Stadt irgendwann in Vorleistung gehen, wenn ich ein gewisses Verkehrsmodell verankern will. Ich kann nicht sagen, ‚hey Leute, steigt aufs Fahrrad um’, und ich biete gleichzeitig erst dann eine Wegestruktur, wenn so und so viele mit dem Rad unterwegs sind. Was den Radweg an der Waiblinger Straße angeht, lassen wir die Kirche jetzt einfach mal im Dorf. Wir begleiten diesen Prozess über einen absehbaren Zeitraum, vielleicht ein oder zwei Jahre, und dann gucken wir, wie sich die Verkehrsströme entwickelt haben.
Vom Verkehr zu einem anderen wichtigen Thema. Ihr Amtsvorgänger Thomas Jakob hat als eine der dringlichsten Aufgaben für den neuen Rathauschef die Stärkung des Bezirks als Einkaufsstandort genannt. Statt eines Altstadtmanagers wird es nun jedoch nur einen Stadtteilmanager für alle Neckarvororte geben. Die richtige Entscheidung?
Das Leben ist kein Ponyhof. Jetzt müssen wir halt gucken, dass wir mit diesem Ball, den man uns zugespielt hat, weiterkommen. Alles ist ein Entwicklungsprozess. Vor Jahren war es ein erster Schritt zu sagen, wir schaffen die Stelle eines Stadtteilmanagers für alle Bezirke. Jetzt hat man sich dazu entschieden, einen eigenen Manager für den Bereich Neckar einzusetzen. In fünf bis sechs Jahren geht man vielleicht noch einen Schritt weiter.
Thomas Jakob hat auch oft bemängelt, dass der Bezirksbeirat zu wenig Einfluss hat. Wie sehen Sie das?
Ich denke, vom Grundsatz her ist es in Ordnung so wie es ist. Solange der Bezirksbeirat nicht direkt gewählt wird, darf er aufgrund seiner demokratischen Legitimierung auch nicht mehr Kompetenzen haben.
Ihr SPD-Parteikollege Martin Körner, der Bezirksvorsteher von S-Ost, fordert aber gerade, dass die Bezirksbeiräte direkt gewählt werden. Unterstützen Sie diese Forderung?
Also hinter der Direktwahl der Bezirksbeiräte stehe ich sehr wohl. Man sollte der Bevölkerung zutrauen, lokale politische Gremien selbst zu besetzen. Dann hätte der Bezirksbeirat eine andere Verankerung in der Gesellschaft. Zurzeit ist es ein kleines Manko, dass viele Bezirksbeiräte keinen besonders großen Bekanntheitsgrad innerhalb der Bevölkerung haben. Durch eine demokratische Wahl würde sich das ändern.
Apropos Parteikollege, Thomas Jakob war CDU-Mitglied, Sie gehören genau wie Herr Körner der SPD an. Wird es einen spürbaren parteipolitischen Wechsel geben?
Also primär ist mein Amt kein politisches, sondern ich bin Amtsleiter des Bezirksamtes Bad Cannstatt. Im Alltag wird man meine Parteizugehörigkeit nicht spüren. Ich denke, dass ein Stadtbezirk dann stark ist, wenn es im gemeinsamen Dialog gelingt Lösungen zu finden; unabhängig davon, welches Parteibuch ein Repräsentant hat. Ich werde alle Themen und alle Fraktionen genau gleich behandeln.
Fast 70 000 Menschen sind in Bad Cannstatt zu Hause, im Vergleich dazu ist Mühlhausen mit 26 000 Einwohnern relativ klein. Was bedeutet das für ihre Arbeit?
Bad Cannstatt ist eine Stadt in der Stadt. Wenn ich durch Mühlhausen laufe, treffe ich dort Mühlhäuser. Wenn ich durch Bad Cannstatt laufe, dann weiß ich, zwei Drittel der Menschen, die mir begegnen, wohnen gar nicht hier. Es sind Pendler, Touristen oder Menschen, die hier einkaufen. Die Ansprüche, auch an die Person des Bezirksvorstehers, sind andere. Ich muss zum Beispiel mit der lokalen Wirtschaft kommunizieren. Das Grundprinzip bleibt aber das gleiche: Ich muss mit den Leuten sprechen.
Bei allen Unterschieden – gibt es auch Parallelen zwischen den beiden Stadtbezirken?
Der Neckar ist ein stark verbindendes Element. Außerdem haben die beiden Bezirke einen ähnlichen soziologischen Aufbau. Ich habe einerseits eine eingesessene, traditionsbewusste bürgerliche Gesellschaft und andererseits suburbane Randbereiche wie den Hallschlag, Freiberg oder Neugereut. Dort muss ich als Bezirksvorsteher anders kommunizieren, die Menschen auf eine andere Weise mitnehmen. Auch deshalb liegt mir die Begleitung der Sozialen Stadt Hallschlag besonders am Herzen.
Sie haben den Neckar bereits genannt. Wird der Fluss eines ihrer Schwerpunktthemen?
Der Neckar in seiner Gesamtheit ist natürlich ein Thema, das die ganze Stadt betrifft. Aber den Fluss durch kleinere Maßnahmen aufzuwerten, das kann durchaus auf Bezirksebene passieren. Der Neckar ist als Flusslandschaft für Stuttgart immens wichtig. Trotzdem hat er lange Zeit ein stieftöchterliches Dasein geführt. Stuttgart lag halt immer schon am Nesenbach. Der Neckar bietet aber viele Möglichkeiten. Die Fahrradströme, die dort im Sommer entlangkommen, zeigen, welches touristische Potenzial in ihm steckt.
Ist Ihnen als Noch-Bezirksvorsteher von Mühlhausen die Bedeutung des Neckars vielleicht besonders bewusst?
Ich bin ein Kind des Flusses. Ich bin in Horb am Neckar aufgewachsen. Der Neckar war dort auch lange Zeit nicht wirklich schön. Im Rahmen des Projekts Neckarblühen vor drei Jahren ist der Fluss aber massiv aufgewertet worden. Ich habe dort gesehen, was möglich ist, auch mit kleineren Maßnahmen.
Eine persönliche Frage zum Schluss. Sie singen in der A-Capella-Formation Vox Humana. Wo können Sie die Cannstatter das nächste Mal live als Musiker erleben?
Wir sind erst im November in der Stadtkirche aufgetreten. In nächster Zeit steht deshalb kein größeres Konzert im Stadtbezirk an. In Zukunft wird sich aber sicher noch die eine oder andere Gelegenheit für einen Live-Auftritt in oder um Bad Cannstatt herum ergeben.

Ausbildung:
Bernd-Marcel Löffler ist am 8. März 1964 in Riedlingen am Südrand der Schwäbischen Alb geboren. Aufgewachsen ist er in Horb am Neckar. Nach dem Zivildienst ging es dann zum Studium nach Tübingen und Ludwigsburg. Der Diplom-Verwaltungswirt ist verheiratet und hat zwei Söhne.

 

Berufliches
: Von 1995 bis 1998 hat Löffler als Sozialhilfesachbearbeiter bei der Stadt Kornwestheim gearbeitet. 1998 wechselte der 50-Jährige zur Landeshauptstadt Stuttgart, wo er zunächst im Sozialamt und von 2002 an als stellvertretender Bezirksvorsteher von Münster tätig war. 2005 wechselte Löffler als stellvertretender Bezirksvorsteher nach Mühlhausen, wo er im November 2007 den Chefposten im Palmschen Schloss übernahm.

Privates:
Löffler ist in seiner Freizeit vor allem musikalisch unterwegs. Er singt im Kolpingchor Stuttgart und in einer A-Capella-Formation.