Andrea Klöber war über 13 Jahre Bezirksvorsteherin in Stuttgart-Feuerbach. Im Interview blickt sie auf wichtige Entscheidungen und Projekte in ihrer Amtszeit zurück.

Feuerbach - Wer das Rathaus Feuerbach betritt und die Steintreppe hochläuft, schaut auf ein Wandbild. Darauf zu sehen sind unter anderem zwei Arbeiter, die mit einer Zange und einem Vorschlaghammer ein glühendes Eisen auf dem Amboss schmieden. Wir haben Andrea Klöber gefragt, welche „Eisen“ sie als Bezirksvorsteherin schmieden konnte.

 

Frau Klöber, wann ist Ihr letzter Arbeitstag in Feuerbach?

Am 16. Dezember.

Steht Ihre Nachfolgerin oder Ihr Nachfolger schon fest?

Nein es gibt mehrere Bewerber. Diese werden sich am 28. Oktober dem Gemeinderat im Stuttgarter Rathaus zur Wahl stellen.

Spüren Sie schon eine Art Abschieds- oder Trennungsschmerz?

(Klöber lacht). Nein, einen wirklichen Trennungsschmerz fühle ich bisher nicht. Ich freue mich auf den neuen Lebensabschnitt.

Was waren die zwei wichtigsten Projekte in Ihrer Amtszeit?

Das ist schwer zu sagen, denn als Bezirksvorsteherin hast du eigentlich nicht den großen Spielraum, denn du bist in dieser Funktion sehr abhängig von der Stadt und von den Fachämtern.

Trotzdem, was bleibt unterm Strich übrig?

Mich freut, dass sich in Feuerbach auf dem Gebiet der Schulentwicklung viel getan hat. Und mich freut, dass allen Unkenrufen zum Trotz auf dem Pragsattel viele Wohnungen entstanden sind.

Welche Projekte hätten Sie gerne noch in ihrer Amtszeit abgeschlossen?

Zwei Vorhaben: Das eine ist das Quartier am Wiener Platz. Und das andere ist das ehemalige Fahrion-Areal. Ich bedauere wirklich sehr, dass dort noch nichts passiert ist.

Eigentlich ist es doch skandalös, auf welche Art und Weise der Eigentümer die Stadt seit nunmehr anderthalb Jahrzehnten hinhält, oder?

Das ist ein privater Eigentümer. Und diesen kann man ja nicht zwingen, das Gelände der Stadt zu verkaufen. Genauso haben wir in Feuerbach auch manche private Immobilienbesitzer, die nicht bereit sind, an die Stadt zu verkaufen. Ich denke da sowohl an die Stuttgarter Straße wie an die Grazer Straße im Umfeld des Burgenlandzentrums. Wie gesagt: Zwingen kann man keinen.

Das verstehe ich nicht: Eigentum verpflichtet. Und insbesondere dann, wenn man wie dieser Immobilienbesitzer Milliarden-Umsätze in halb Europa macht. Da kostet das Geschacher um eine vergleichsweise unbedeutende 4,1 Hektar große Fläche an der Steiermärker Straße doch viel mehr Vertrauen und Sympathie, als dass es der Ertrag wert wäre.

Aber der Hauptfehler ist vor vielen Jahren passiert. Damals hätte die Stadt das Feuerbacher Filetgrundstück vom ursprünglichen Eigentümer kaufen müssen. Dann wäre die Fläche schon lange entwickelt. Wir könnten dort eine Sporthalle bauen, die fehlenden Kita-Plätze schaffen und sogar noch eine neue Feuerwache auf dem Gelände unterbringen.

Klingt alles toll, aber unterm Strich war und ist das „Fahrion“ für alle Feuerbacher eine XXXL-Enttäuschung. Und die momentane Nutzung ist ja mehr als fragwürdig.

Mag sein, aber man kann die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Leider hatte ich auf die Nutzung keinen Einfluss. Ich finde den momentanen Zustand auch unterirdisch.

Welche Herausforderungen sehen Sie für Ihre Nachfolgerin oder Ihren Nachfolger?

Die Kinderbetreuung für unter Dreijährige muss dringend weiter ausgebaut werden. Das Jugendamt sucht händeringend nach Flächen und Räumlichkeiten.

Gibt es weitere Projekte, die noch offen sind?

Ja, das Stadtteil- und Familienzentrum. Auch bei den Schulsanierungen muss sich noch etwas tun. Außerdem ist der geplante Campus Feuerbach das größte Schulentwicklungskonzept in ganz Stuttgart.

Ein „g’mähtes Wiesle“ stellt sich der Schwabe anders vor. Es gibt im Stadtbezirk also jede Menge zu tun.

Allein der Schulcampus wird für die nächsten fünf bis sechs Jahre ein Dauerthema in Feuerbach sein. Eine Herzensangelegenheit habe ich auch noch für meinen Nachfolger: Das ist die Stärkung der Ortsmitte.

Ein Bezirksvorsteher muss nicht selten unpopuläre Entscheidungen dem Bürger vor Ort näherbringen. Wie schwierig war das für Sie?

Das größte Thema war sicherlich der Bau der Unterkünfte für geflüchtete Menschen in den Jahren 2015/2016. Sachargumente wurden da nicht immer gern gehört. Das Thema wurde teilweise sehr emotional behandelt. Das konnte man auch in manchen Bezirksbeiratssitzungen mitverfolgen.

Und die Zusammenarbeit mit dem Bezirksbeirat war für Sie persönlich auch nicht immer einfach.

Ja, das kann man so sagen. Es gab widerstreitende Interessen, manchmal auch parteipolitisch und ideologisch geprägte Diskussionen. Die Entscheidungsfindung war mitunter ein komplizierter Prozess.

Es gab auch massive Angriffe, die 2015 in einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Sie gipfelten. Die Prüfung durch die Aufsichtsbehörden erbrachte keine Verfehlungen in Ihrer Amtsführung. Fragt man sich da am Ende des Tages: Womit habe ich das verdient? Sucht Euch gefälligst jemand anderes für den Job!

(lacht) Dieses Ereignis gehörte sicherlich nicht zu meinen Lieblingsmomenten im Laufe meiner langen Dienstzeit. Aber ich habe versucht, möglichst professionell damit umzugehen. Ich denke, dies ist mir ganz gut gelungen. Und wie’s da drinnen aussah, geht keinen etwas an.

Das eigene Handeln und Tun selbstkritisch zu beleuchten, gehört aber auch dazu: Was hätten Sie im Rückblick besser machen können?

Ich habe 41 Jahre ohne Unterbrechung gearbeitet und in dieser Dienstzeit immer 100 Prozent gegeben. Das gilt auch für die 13 Jahre als Bezirksvorsteherin in Feuerbach. Mein Fazit lautet daher: Ich habe stets mein Bestes versucht, aber es ist mir vielleicht nicht immer gelungen. Im Bezirksbeirat hätte ich vielleicht manchmal kühler agieren und mich mehr zurückhalten können. Vielleicht habe ich mich dadurch in der Moderatorenrolle angreifbar gemacht. Aber Feuerbach war mir in den 13 Jahren immer eine Herzensangelegenheit. Deshalb habe ich meine Vorstellungen und Anliegen in dem Gremium auch eingebracht.

Konnten Sie neue Akzente im Stadtbezirk setzen?

Das denke ich schon: Mit der Reihe „con fuoco - Feuerbacher Feierabendkonzerte“ zum Beispiel. Sie wurde vor etwa zwölf Jahren von Günther Schwarz, dem Regionalleiter der Stuttgarter Musikschule in Feuerbach, und mir aus der Taufe gehoben. 111 Konzerte wurden seitdem im Bezirksrathaus kostenfrei gegeben. Das Angebot kommt sehr gut an. Auch die Kulturnacht ist ein echter Mehrwert für den Stadtbezirk. Wirklich gut fand ich außerdem, wie schnell sich aus der Bürgerschaft ein Freundes- und Unterstützerkreis für die Geflüchteten, die hier ankamen, gebildet hat. Das hat Vorzeigecharakter in Stuttgart.

Hat die Coronazeit dem Bürgersinn geschadet?

Ich fürchte, dass da in der Pandemie das Gemeinschaftsgefühl etwas gelitten hat. Ich denke ein neues Zukunftsforum mit breiter Bürgerbeteiligung täte dem Stadtbezirk daher sehr gut.

Was planen Sie für die Zeit „danach“, also für den Ruhestand?

In der Regionalversammlung bleibe ich weiterhin für die SPD aktiv. Außerdem interessiere ich mich sehr für Kunst, Kino und Theater. Ich will mich an meinem jetzigen Wohnort im kommunalen Kino Esslingen engagieren. Und die eine oder andere Reise will ich auch nachholen.

Was wünschen Sie sich für die Feuerbacher Bürgerinnen und Bürger?

Es gibt hier so viele engagierte Menschen, die sich fürs Gemeinwesen einsetzen. Da wünsche ich mir, dass es noch mehr werden. Feuerbach ist mit 30.000 Einwohnern so groß wie eine kleine Stadt. Ein so großer Ort braucht deshalb auch großen sozialen Zusammenhalt.

Zur Person

Andrea Klöber
 wurde 1960 geboren. Nach dem Abitur am Albert-Einstein-Gymnasium in Böblingen machte sie ein Studium zum gehobenen Verwaltungsdienst. Von 1984 bis 1986 war sie beim Haupt- und Personalamt Böblingen beschäftigt, danach bis 1989 Persönliche Referentin des Bürgermeisters. Von 1989 bis 1998 leitete sie die Pressestelle der Stadt Leonberg und war Referentin des dortigen Oberbürgermeisters. Danach wechselte sie zur SPD-Gemeinderatsfraktion Stuttgart und war dort zuletzt Geschäftsführerin. Im Jahr 2008 wurde sie Nachfolgerin von Bezirksvorsteher Helmut Wiedemann in Feuerbach.