Der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann informiert sich im BHZ im Gewerbegebiet Stuttgart-Fasanenhof über den Alltag der Freiwilligen, die dort ihr soziales Jahr leisten.

Fasanenhof - Ein junger Mann lässt Schrauben in eine Plastikbox prasseln, um sie abzuwiegen. Auf einem Tisch am anderen Ende des Raumes stapeln sich Verpackungskartons mit dem Logo des Steckverbindungssysteme-Spezialisten John Guest. Dieser zählt ebenso zu den Kunden der Montage im BHZ (ehemals Behindertenzentrum) wie Mercedes. Auch Riccardo Maffia (18) arbeitet seit September am Fasanenhof – im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes (BFD). Am Dienstag hat der Bufdi eine besondere Aufgabe: Er darf Stefan Kaufmann (CDU) seine Abteilung zeigen. Der Bundestagsabgeordnete ist gekommen, um mit jungen Leuten zu sprechen, die einen freiwilligen sozialen Dienst leisten. 44 von ihnen sind aktuell in den verschiedenen Niederlassungen des BHZ tätig.

 

„Ich bin durch den Vortrag einer ehemaligen FSJlerin an meiner Schule darauf gekommen, ein Freiwilliges Soziales Jahr zu machen“, berichtet Riccardo. „Den Bereich habe ich mir bewusst ausgesucht.“ Neben dem Vorbereiten von Aufträgen oder dem Bereitstellen von Material umfasst sein Aufgabengebiet auch pflegerische Hilfestellung. Das war gewöhnungsbedürftig. Inzwischen spielt Riccardo mit dem Gedanken, dauerhaft im sozialen Bereich zu arbeiten. Das sei nicht untypisch, sagt Wolfgang Hinz-Rommel, Abteilungsleiter für Freiwilliges Engagement beim Diakonischen Werk Württemberg, und ergänzt: Viele Freiwillige blieben dem Berufsfeld erhalten.

Etwa zehn Prozent eines Jahrgangs engagieren sich in einem sozialen Jahr

Tim-Lukas Fraticelli will im Anschluss an sein FSJ Sportökonomie studieren. Neben seinem Einsatz in der mechanischen Produktion kümmert sich der 17-Jährige vor allem um die vielfältigen Sportangebote für die BHZ-Klientel. Wie es für ihn sei, sich als Leistungssportler auf Menschen mit Behinderung einzustellen, will Kaufmann wissen. „Ich habe gelernt, Dinge gelassener anzugehen“, überlegt Tim-Lukas. „Hier steht der Spaß im Vordergrund, nicht die Leistung.“ Für die Ausführung von Industrieaufträgen gilt das freilich nicht: Hier hat Fraticelli auch schon selbst Hand angelegt, damit Fristen eingehalten werden konnten. Termindruck soll möglichst von der Werkstatt-Belegschaft ferngehalten werden.

Etwa zehn Prozent eines Jahrgangs engagieren sich in einem sozialen Jahr. Arbeit gibt es mehr als genug. „Ich hatte überlegt, die Wiedereinführung eines verpflichtenden Dienstes in mein Wahlprogramm aufzunehmen“, verrät Kaufmann, der seinen Zivildienst im Diakonischen Werk Württemberg geleistet hat. „Allerdings weiß ich, dass viele Träger davon gar nicht so begeistert wären“, so der Bundestagsabgeordnete. „Ein Pflichtdienst bedeutet, dass man es auch mit Leuten zu tun hat, die keine Lust haben“, zeigt sich auch Hinz-Rommel skeptisch. „Dann muss man sich mit großem Aufwand darum kümmern, dass sich keiner vor der Arbeit drückt. Das Geld, das dafür aufgewendet werden müsste, sollte man lieber einsetzen, um die freiwilligen Dienste attraktiver zu machen.“

Der Anteil ausländischer Anwärter auf ein FSJ steigt

Tim-Lukas ist mit seiner Arbeit zufrieden. „Ich fühle mich hier sehr wohl“, hält er fest. Dass eine bessere Bezahlung mehr Schulabgänger für ein FSJ begeistern könnte, glaubt er nicht. Es gehe um die Einstellung, erklärt er. „Ich wollte etwas für andere tun. Das Geld fehlt mir nicht.“ Hinz-Rommel hingegen wünscht sich mehr finanzielle Unterstützung durch den Bund. „Es wäre schön, wenn wir unsere Bildungsarbeit abrechnen könnten“, merkt er an. „Die pädagogische Begleitung der Freiwilligen, wo es um die berufliche Zukunft geht, nimmt immer mehr Raum ein. Wir bieten eine Orientierung, die die Zahl von Ausbildungs- und Studienabbrechern reduziert.“ Auch eine Erhöhung der Regelförderung hält er für notwendig.

Stefan Kaufmann nimmt die Anregungen mit. Hinzu kommen Einblicke in die Entwicklungen, die die freiwilligen Dienste derzeit prägen: Der Anteil ausländischer Anwärter auf ein FSJ steigt. Zudem werden die Bewerber immer jünger. Was das bedeutet, weiß Tim-Lukas aus eigener Erfahrung: „Ich musste mir schon einiges anhören, etwa weil ich mich nicht am Fahrdienst beteiligen kann“, sagt er. „Letztlich ließ sich aber immer alles regeln. Ich kann das FSJ nur weiterempfehlen.“