Der Weltcupführende Martin Fourcade will nach Norwegen übersiedeln. Zuvor startet der französische Biathlet aber an diesem Samstag noch im Schalker Fußballstadion – in einer Kunstschneelandschaft mit Schießbereich.

Gelsenkirchen - Das bislang denkwürdigste Erlebnis von Martin Fourcade mit Norwegern datiert vom 17. März 2013. Beim Weltcupfinale im russischen Chanty-Mansijsk unterstützte der Supermann der Branche gemeinsam mit seinem vier Jahre älteren Bruder Simon die skandinavischen Biathleten um deren gerne etwas flegelhaften Vorturner Emil Hegle Svendsen. Drei Jahre zuvor, als Svendsen an gleicher Stätte den Gesamtweltcup gewann, präsentierten Norwegens Skijägerinnen den männlichen Teamkollegen ihre Brüste. Dafür ließen Svendsen und Konsorten, Seite an Seite mit den Fourcade-Brüdern, nun am Streckenrand die Hosen runter.

 

Die Gebräuche Norwegens haben es Martin Fourcade offensichtlich angetan. Jedenfalls verursachte der 26-Jährige mächtig medialen Betrieb, als er Anfang November über seine Reisepläne fürs nächste Jahr sprach: Gleich sechs TV-Sender und etliche Radiostationen berichteten aus den Bergen in der Region Rhône-Alpes darüber, dass der Doppel-Olympiasieger von Sotschi 2014 seinem Land demnächst Adieu sagen wird.

Kleiner Trost für Frankreichs Wintersportfreunde: Es wird nur eine Trennung auf Zeit sein. Für sechs Monate, vielleicht auch etwas länger, will Fourcade der Heimat den Rücken kehren und zusammen mit seiner Lebensgefährtin nach Norwegen übersiedeln. Um dort zu trainieren und, noch wichtiger, um dort zu leben.

Fourcade will einfach mal was anderes sehen

Er habe als Student nie an einem Erasmus-Programm teilgenommen, erläuterte der überragende Biathlet der letzten drei Jahre. „Es ist mehr ein persönliches als ein sportliches Projekt“, betont Fourcade, der in der Vorbereitung auf den nächsten Winter dann zwar die norwegischen Topathleten um sich haben wird, für den nach den Versäumnissen der Studentenzeit beim ausgedehnten Frühjahrs- und Sommertrip in den Norden aber vor allem eines im Vordergrund steht: „Ich will eine andere Kultur kennenlernen.“

Mit einem Abstecher in eine andere Sportart hatte der unternehmungslustige Skijäger schon für diesen Winter geliebäugelt. „Ich konzentriere mich voll auf die Langlauf-WM im nächsten Jahr. Das wird mein Hauptziel sein, zusätzlich zur Biathlon-WM in Kontiolahti“, erklärte er im März. Aber dann machte ihm die eigene Gesundheit einen Strich durch die Rechnung: Im Sommer erkrankte Fourcade am Pfeifferschen Drüsenfieber.

Die WM der Spezialisten im schwedischen Falun verschwand daher entgegen der ursprünglichen Planung nach dieser Vorgeschichte erst mal von seinem Radar. Stattdessen entschied sich Fourcade, abseits des Weltcups mal wieder beim Biathlon-Spektakel an diesem Samstag (18 Uhr/ZDF) in der Schalker Arena mitzumachen.

Die Kunstschneelandschaft im Ruhrgebiet

Sein Start in der Kunstschneelandschaft mitten im Pott ist eine Mischung aus Geschäftssinn und winterlicher Nächstenliebe. „Sport in Verbindung mit Marketing begeistert mich. Nicht jeder Fan kann zu einem Weltcup reisen, deshalb müssen wir die Show in die Städte bringen“, sagt Fourcade, der 2012 schon einmal auf Schalke dabei war und die Dinge praktisch sieht: „Schnee fällt nur im Winter, und da möchte ich jeden Wettkampf mitnehmen. Rennen zu laufen und alles zu geben, das liegt mir einfach im Blut.“

Auf ein Duell mit seinem ewigen Rivalen Emil Hegle Svendsen muss der Skijäger aus dem Pyrenäenort Céret auf Schalke, wo Biathlon-Ikone Magdalena Neuner („Ich glaube nicht, dass das Rennen hier jemals so gut besetzt war“) vor ihrem Debüt als Co-Moderatorin feste die Werbetrommel rührt, allerdings verzichten. Der Norweger, im Gesamtweltcup als Dritter aktuell 26 Punkte hinter dem führenden Fourcade zurück, ist bei der Skijägerei im Revier nicht mit von der Partie. Ein Rendezvous mit dem Lieblingsgegner gibt’s Anfang Januar, beim Weltcup in Oberhof. Und dann, ganz ausgedehnt, im Anschluss an diese Saison – wenn sich der König der Biathleten zur persönlichen Fortbildung nach Norwegen verabschiedet.