50 000 Fans auf Schalke verabschieden Magdalena Neuner und Michael Greis in den Biathlon-Ruhestand – die eine mehr, der andere weniger glücklich.

Gelsenkirchen - Irgendwann wurde es Herbert Fritzenwenger zu bunt. Ein paar Protagonisten seiner Veranstaltung wollte der Cheforganisator der Schalker Biathlonshow schon neben sich auf dem Podium sehen. Weil aber einfach keiner kam, machte sich Fritzenwenger selbst auf die Suche. In den Katakomben fand er schließlich das russische Siegerduo Jekaterina Jurlowa und Anton Schipulin sowie die viertplatzierten Andrea Henkel und Andreas Birnbacher, die schon beim Dinner waren. Beim anschließenden Marsch vor die Mikrofone ebenfalls mit dabei: Magdalena Neuner, die strahlende Hauptdarstellerin des Abends, die ihr Weinglas noch einmal für ein paar Minuten beiseite stellte. Nach ihrem allerletzten Winke-Winke in Skijägerinnenmontur – dem Höhepunkt der diesjährigen Biathlonsause im frühlingshaften Pott.

 

Angefangen mit ihrer Lufteinlage à la Hollywood, als sie zur Musik des aktuellen James-Bond-Films „Skyfall“ auf einem Trapez sitzend aus dem Gestänge des Hallendachs zur Erde schwebte. Gefolgt von Neuners separatem Abschiedswettkampf, bei dem sie trotz neunmonatiger Waffenabstinenz 22 von 25 Patronen ins Schwarze setzte und am Ende Zweite wurde. Und abgeschlossen mit Ehrenrunde, stehenden Ovationen der 50 000 Zuschauer sowie lautstarker Gesangseinlage mit einem halben Dutzend ihrer liebsten Gefährtinnen.

„Mein Abschiedsrennen werde ich nie vergessen. Es war schöner als vorher gedacht“, sagte die 25-jährige Biathlonrentnerin, die bei ihrer Luftnummer 42 Meter über dem Boden nebenbei ihre Höhenangst überwand – und zu guter letzt auch die Achillesferse aus ihrer Zeit als Leistungssportlerin erfolgreich verarztete. „Ich habe mein letztes Biathlonrennen mit null Fehlern beim Stehendschießen aufgehört – das ist doch der Hammer“, freute sich Neuner: „Ich konnte das alles genießen.“

Magdalena kann ihren Abschied genießen

Weniger begeistert von seinem endgültigen Servus vom früheren Leben klang dagegen Michael Greis, der dreifache Olympiasieger von 2006. Anders als Neuner, die Doppelolympiasiegerin von 2010, die ihr Karriereende bereits zu Beginn ihres letzten Biathlon-winters verkündet hatte, beendete der 36-jährige Allgäuer seine Laufbahn vor knapp vier Wochen recht abrupt. Weil er gleich auf der ersten Weltcupstation schmerzlich feststellen musste, dass die Jugend links und rechts an ihm vorbeigeschossen war. „Es ist schwer, wenn man mit dem Kopf nicht richtig dabei ist“, sagte Greis bei seinem finalen Auftritt.

Die große Show bekam am Ende trotzdem Magdalena Neuner, die das Biathlontheater im Revier stets mied – weil sie sich bei ihrem ersten Besuch vor sechs Jahren prompt erkältet hatte. Für ihren großen Tusch erschien Neuner nun zum zweiten Mal und wurde am Samstagabend am Ausgang des Stadions von Fanmassen bedrängt – während ihr bayerischer Landsmann dem blau-weißen Mehrzwecktempel auf die stille Art huldigte. „Hier hat meine Karriere vor zehn Jahren richtig begonnen“, sagte Greis und erinnerte an seinen Sieg mit Martina Glagow bei der Premierenveranstaltung auf dem Berger Feld. Greis war damals 26 – ein Jahr älter als Neuner bei ihrer letzten Biathlon-WM im März.

Als volksnahe Gold-Lena tritt sie ab, die am Wochenende darüber witzelte, wie sie vor ihrem Rennen ratlos mit der Wachskiste im Keller der Schalker Arena stand und ihre Ski mit dem falschen Material malträtierte. Während Michael Greis, der „wegen eines Kommunikationsproblems“ ohne seinen Lieblingsski auskommen und stattdessen auf ein Trainingspaar zurückgreifen musste, sein Malheur leicht säuerlich kommentierte: „Ein paar schnellere Ski hätten mir das letzte Rennen schon versüßt.“