Der Schwabe Simon Schempp aus Uhingen landet auf der ungeliebten Strecke in Oberhof einen Weltcup-Sieg – und denkt danach schon an die nächsten Rennen in seiner Wahlheimat Ruhpolding.

Oberhof - Sein Fernrohr hatte Mark Kirchner längst weggepackt, nun blickte der Männer-Bundestrainer nur noch gebannt auf die Videoleinwand in der Rennsteig-Arena. Gemeinsam mit den 18 000 Zuschauern wurde der dreimalige Olympiasieger am Schlusstag des Oberhofer Weltcups Augenzeuge eines seltenen Ereignisses: Martin Fourcade, der seit fünf Jahren amtierende Biathlon-König, war beim Finale des Massenstarts mal nicht allein auf weiter Flur. Am Ende der 15 Kilometer machten gleich zwei aus Kirchners Mannschaft dem Franzosen Beine – und zwar bis zum Schluss. Kurz vor der Ziellinie riss Simon Schempp dann in Siegerpose beide Arme empor, hinter ihm schlitterte Teamkollege Erik Lesser mit letzter Kraft über den Strich. Und Coach Kirchner machte vor Freude einen Luftsprung.

 

Nach Analyse des Zielfotos stand der deutsche Doppelsieg fest, Lesser hatte Fourcade knapp geschlagen. „Endlich hat sich das Krafttraining ausgezahlt. Zwischendurch hätte ich aber nie gedacht, dass Platz zwei herausspringt“, schnaufte der 28-jährige Thüringer und sagte: „Unfassbar, wie die beiden abgegangen sind.“

Die beiden – Fourcade und Schempp, gleich nach dem letzten Schießen, als es den Birxsteig hinaufging. „Ich dachte mir: Bleib dran“, sagte Schempp später. Erfolgreiches Ende inklusive: „Ich konnte in seinem Windschatten laufen. Dadurch hatte ich am Schluss die nötigen Energiereserven – das war entscheidend.“

Für die deutschen Männer war es bisher das Highlight des Winters. Eine spontane interne Siegerparty verkniffen sich die Gewinner allerdings. „Simon, ich kann heute Abend nicht mit dir feiern – weil ich früh zu Bett gehe“, scherzte Lesser, als er neben dem Sieger im warmen Presseraum saß. Kein Problem für Schempp, dessen weiterer Tagesplan vom Erfolg unangetastet blieb. „Ich fahre heute noch nach Ruhpolding – und bin dann auch sehr früh im Bett“, sagte er .

Sprint und Jagdrennen folgen noch

In der Wahlheimat des gebürtigen Schwaben steht am Mittwoch die Männerstaffel auf dem Programm, es folgen Sprint und Jagdrennen am Freitag und Sonntag. Im Biathlon-Stadion in den Chiemgauer Alpen kennt der 28-Jährige jeden Winkel, und mit dem Rückenwind aus dem Thüringer Wald ist seine Zuversicht weiter gewachsen. „Richtig weit weg von den Spitzenplätzen war ich ja nie. Natürlich bleibt Martin Fourcade das Maß aller Dinge, er gibt den Takt vor. Ich hoffe aber, dass wir gerade im läuferischen Bereich bis zur WM noch ein bisschen aufholen können, im Moment sind wir schon mal auf Schlagdistanz“, meinte Schempp und erklärte grinsend: „Ich habe meinen Frieden geschlossen mit Oberhof – heute zumindest.“

Der anspruchsvolle Kurs am Grenzadler zählt nicht zu seinen bevorzugten Weltcup-Orten – anders als etwa Antholz, die letzte Januar-Station, wo Schempp in den vergangenen Jahren regelmäßig Topergebnisse einsammelte. Noch aber ist die Generalprobe für den Saisonhöhepunkt im österreichischen Hochfilzen ein Stück entfernt. Wobei der Dritte in der Gesamtwertung nach seinem elften Weltcup-Sieg, dem zweiten im Massenstart, sofort wieder nach vorne blickte: nach Ruhpolding.

„Egal, was hier passiert ist: Es wird auch nächste Woche nicht von alleine laufen, das kann ich jedem schriftlich geben“, sagte er. Mit frischem Elan stieg Schempp aber durchaus in sein Auto. „Für die Stimmung und für meinen Gemütszustand war der Sonntag positiv. Gerade hier, wo ich nie die besten Ergebnisse hatte, tut das schon gut“, bekannte der Massenstart-Triumphator nach seinem Premierensieg im Thüringer Wald.

Für die anstehende Staffel beim zweiten Heimspiel ist Mark Kirchners Equipe jedenfalls exzellent aufgestellt. Schempp, Lesser und Arnd Peiffer belegen im Weltcup die Positionen drei, vier und sechs. Benedikt Doll, der Vierte im Bunde, schaffte am Sonntag einen formidablen sechsten Platz. Derart geballt war die Qualität im Team in diesem Winter noch nicht. Das weiß Simon Schempp, der den erneuten Schub bei Deutschlands Biathleten zu schätzen weiß. „Der Fokus muss nicht jedes Mal auf mir liegen. Mannschaftlich sind wir sehr gut, unsere Staffel ist immer bereit für einen Platz auf dem Podium“, sagte er. Simpler Grund: „Wir sind immer mit vier starken Leuten am Start.“