Die Saison der Laura Dahlmeier steht unter einem launischen Stern. Auf gesundheitliche Rückschläge folgen sportliche Erfolge. Das Auf und Ab ist zermürbend für Deutschlands Biathlon-Star. Auch die WM beginnt schlecht.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Östersund - Das Bulletin wurde am Donnerstag um 11.29 Uhr vom Deutschen Skiverband (DSV) übermittelt. „Denise Herrmann ersetzt Laura Dahlmeier in der Mixed-Staffel. Laura hat leichte gesundheitliche Probleme (Erkältung). Der Verzicht ist eine Vorsichtsmaßnahme mit Blick auf den Sprint und die Verfolgung.“ Zweieinhalb Stunden später trat Bundestrainer Mark Kirchner vor die Reporter und versicherte: „Es handelt sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Laura ist nur leicht angeschlagen, wir wollen ihr die nötige Luft geben, damit sie sich optimal auf Sprint und Verfolgung vorbereiten kann.“ Sorgen um ihre Gesundheit müsse sich keiner machen.

 

Der Superstar und die Erschöpfungssymptome

Trotzdem keine gute Nachricht. Wieder musste die beste deutsche Biathletin passen – dabei sollte sie zum Auftakt der WM in Östersund in der Mixed-Staffel um die erste Medaille kämpfen, doch dann holten sie die Geister von gestern ein. Das Wort Zwangspause dürfte für die 25-Jährige zum Unwort der Saison werden. „Mein Ziel ist es, dass ich wieder ganz vorne mit ankomme“, hatte Laura Dahlmeier zuversichtlich in den Tagen vor der WM in der verschneiten schwedischen Provinz verkündet. Denn hinter der zierlichen Frau liegen die härtesten Monate ihrer erfolgreichen Karriere. Schon bei der WM 2017 in Hochfilzen, wo sie nach jedem Wettbewerb auf dem Podest gestanden und sich als Superstar etabliert hatte, musste die Bayerin nach einigen Rennen von Teamarzt Klaus Marquardt wegen massiver Erschöpfungssymptome betreut werden.

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Auch bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang wurde Dahlmeier immer wieder von kleineren Unpässlichkeiten geplagt. Doch der Sommer 2018 und was folgte setzte der Partenkirchnerin nicht nur physisch, sondern auch psychisch extrem zu. „Ich dachte, das hört gar nicht mehr auf“, klagte sie am Rand des Weltcups in Ruhpolding im Januar über ihre Krankengeschichte. Die steten Leiden der Laura D.

Im Juli hatte sich die Biathletin bei einem Sturz mit dem Mountainbike eine Schnittverletzung im Oberschenkel zugezogen, was nicht dramatisch war – sie musste lediglich eine Trainingspause einlegen. Der mentale Tiefschlag ließ aber nicht auf sich warten. In die Vorbereitung zu einer Weisheitszahn-OP gesellte sich eine lästige und langwierige Infektion, die sie ausknockte. Nichts geht mehr – der Körper streikte. Im Oktober verkündete die Doppel-Olympiasiegerin dann verzweifelt die Zwangspause. Nachdem sie fünf Rennen zum Saisonstart verpasst hatte, meldete sie sich im Dezember mit einem zweiten Platz in Nove Mesto zurück, doch war damit nicht alles wieder wunderbar. Wegen einer hartnäckigen Erkältung über Weihnachten musste die siebenmalige Weltmeisterin den Weltcup in Oberhof auslassen, in Ruhpolding war sie zwar wohlauf, wenig später in Antholz folgte sogar der bisher einzige Saisonsieg – doch nach dem Sprint (Platz vier) lag Dahlmeier minutenlang im Ziel im Schnee und musste wieder vom Teamarzt betreut werden. „Die letzten Meter waren brutal“, stöhnte die 25-Jährige, „ich bin gewankt wie so eine Besoffene.“

Ein frühes Karriereende scheint realistisch

Nur achtmal war Dahlmeier in 18 Saisonrennen am Start, an ihrer Rolle als WM-Mitfavoritin zweifelt dennoch niemand – trotz der neuerlichen Probleme. „Ich denke, dass sie in der Lage sein wird, aufs Podium zu laufen“, sagte die dreimalige Olympiasiegerin Kati Wilhelm. Dahlmeier selbst hat natürlich nicht ihre Flinte in den schwedischen Schnee geworfen. „Man hat gesehen, dass ich um den Sieg oder ums Podium mitkämpfen kann. Aber das wird kein Selbstläufer“, sagte sie noch kurz vor dem WM-Start.

Davon geht auch Heimtrainer Bernhard Kröll aus: „Laura wird eine Medaillenkandidatin sein.“ Der 42-Jährige ist der Förderer der 20-maligen Weltcupsiegerin und arbeitete in der direkten WM-Vorbereitung mit ihr zusammen – er kennt seinen Schützling beinahe so gut wie die Eltern Dahlmeier ihre Tochter. Und den Mann wurde in den Tagen vor Östersund von einem erschreckenden Gefühl erfasst. „Vom Bauch her“, sagte der Heimcoach, „würde ich sagen, Laura ist bei den Olympischen Spielen 2022 nicht mehr dabei.“

Sollten die ständigen Leiden anhalten, könnte es gut sein, dass Krölls Bauch das richtige Gefühl hatte.

In unserer Bildergalerie erklären wie die Disziplinen bei der WM.