Die Stuttgarter Riege an Museen erhält Zuwachs: Das „Bibliorama“ im Hospitalviertel öffnet am Mittwoch seine Türen. Die Evangelische Landeskirche will dort auf spielerische Weise zeigen, dass die Botschaften der Bibel ganz aktuell sind.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Allmählich muss man das Hospitalviertel fast in Paradiesviertel umbenennen, so viele selig machende Einrichtungen liegen nun dort auf engem Raum beieinander. Der Hospitalhof verspricht Bildung für alle, die Evangelische Gesellschaft kümmert sich um kranke und arme Menschen – und das neue Bibelmuseum versucht nun, direkten Kontakt zu wichtigen Personen im bedeutendsten Buches des Abendlandes herzustellen. Am 13. Mai wird es um 16 Uhr mit einem Open-Air-Gottesdienst vor dem Museum in der Büchsenstraße 37 eröffnet.

 

Tatsächlich ist das Konzept besonders, denn es ist ein Museum fast ohne Ausstellungsstücke – nur ganz am Ende des Rundgangs werden einige wenige Bibeln gezeigt, die entweder sehr wertvoll sind oder die in eine seltene Sprache wie die der Cree-Indianer in Kanada übersetzt wurden. Im Zentrum des 350 Quadratmeter großen Museums im Erdgeschoss des CVJM-Heims an der Büchsenstraße stehen aber 14 biblische Gestalten, wie Petrus, Sara und Johannes. Sie treten den Besuchern am Wendepunkt ihres Lebens entgegen – und sie wollen zum Denken anregen.

Sara zum Beispiel befindet sich gerade mit ihrem Mann Abraham auf dem Weg ins Gelobte Land, doch sie ist schwanger und hat Angst vor den Strapazen der Reise – wie fühlt man sich als Flüchtling, wie geht man um mit schwierigen Zeiten im Leben? Das sollen Fragen sein, mit denen sich die Besucher auseinandersetzen können.

Besucher können an jeder Station selbst aktiv werden

„Wir haben bewusst eine Ausstellung gemacht, die nicht auf Wissen beruht, sondern auf Begegnung mit Gestalten der Bibel“, sagt Kirchenrat Frank Zeeb. Der Stuttgarter Prälat Ulrich Mack ergänzt: „Wir wollten die Bibel nicht als Historie darstellen, sondern als Buch gegenwärtiger Lebens- und Gotteserfahrung.“ Insofern geht es im „Bibliorama“, wie das Museum offiziell heißt, zunächst um Bildung, aber eben auch um Verkündigung, wenn auch in sehr zurückhaltender Form. Jeder darf seine eigenen Schlüsse ziehen.

Ein weiteres Merkmal des Museums ist, dass der Besucher überall aktiv werden kann. So gibt es eine Harfe, auf der die Saiten durch Laserstrahlen ersetzt sind – jeder kann wie David darauf spielen und spüren, wie Musik bewegt. Man kann sein eigenes Gesicht auf das Gemälde der „Gekrönten Madonna“ von Jean Auguste Dominique projizieren und sogar vermischen – jeder kann sich so darüber Gedanken machen, wo für ihn das eigene Schönheitsideal liegt. Oder man kann mit dem Ellenbogen Töne ins Ohr übertragen und so nachempfinden, wie Gott vielleicht dem Propheten Jona seine Botschaften eingeflüstert hat. Konzipiert wurde das Museum von Susanne Claußen, der Architekt Jochen Hunger hat es umgesetzt. Geleitet wird es von der Pfarrerin Franziska Stocker-Schwarz.

Landeskirche hat drei Millionen Euro investiert

Rund drei Millionen Euro hat die Evangelische Landeskirche in die Sanierung des Gebäudes und in die Ausstellung investiert; auch künftig wird sie Geld zum Betrieb zuschießen müssen. Aber es war ihr wichtig gewesen, dass die Tradition weiterlebt, gerade in Stuttgart als der Stadt der Bibel – hier hat die global agierende Deutsche Bibelgesellschaft ihren Sitz, in der Landesbibliothek liegt eine der größten Bibelsammlungen weltweit. Die Schließung des Bibelmuseums in Möhringen 2009, das die Bibelgesellschaft betrieben hatte, war so für die Landeskirche nicht das letzte Wort.

Von der Fläche her wird das Bibliorama allerdings nicht zu den großen Museen in Stuttgart gehören, auch mit den erwarteten 20 000 Besuchern im Jahr liegt die Einrichtung eher im Mittelfeld. Mit ihrem individuellen und modernen Ansatz – kaum irgendwo in Stuttgarter Museen dürfte man so viele Bildschirme und Computer auf so engem Raum versammelt finden – dürfte die Einrichtung aber viel Zuspruch von Kindern wie Erwachsenen erhalten.