Während des Pokalfinales eskaliert die Lage in einem Biergarten, das Lokal macht den VfB wegen eines Posts dafür verantwortlich. Der VfB reagiert – und widerspricht in einem Punkt.

Digital Desk: Sebastian Winter (swi)

Aufgeschlitzte Sofas, zerschlagene Lampen und Fenster: VfB-Fans sollen rund um den DFB-Pokalsieg der Stuttgarter am Samstag in einem Berliner Lokal massiv randaliert haben. So schildert es das Lokal in einem langen Facebook-Post.

 

Für die „beispiellose Entgleisung“ macht das Lokal nicht nur die VfB-Fans, sondern wegen eines Instagram-Posts auch den VfB Stuttgart als Verein verantwortlich.

Betreiber sieht in VfB-Post einen Aufruf

Was war passiert? Am 19. Mai, fünf Tage vor dem Pokalfinale in Berlin, veröffentlichte der VfB Stuttgart auf seiner Vereinshomepage eine von Fanbeauftragten des Vereins zusammengestellte Auflistung mit Lokalen, die in Berlin das DFB-Pokalfinale übertragen. Einen Tag später postete der offizielle VfB-Account die Liste auf Instagram. Die Liste enthält sechs Berliner Lokale und unter anderem das „Golgatha“ im Viktoriapark, ein bekannter Biergarten in Berlin.

Das Lokal bezeichnet diese Liste in seinem Facebook-Post als „Aufruf des VfB Stuttgart“, über den es nicht informiert gewesen sei. „Hätte der VfB uns vorab kontaktiert, hätten wir – wie bei großen Events üblich – ein Sicherheitskonzept erarbeitet und Security engagiert, um die Sicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten“, heißt es weiter.

Biergarten nimmt im Vorfeld selbst Bezug auf VfB-Post

Allerdings gibt es Zweifel daran, dass der Biergarten sich nicht hätte auf eine größere Fanmasse vorbereiten können. Zum einen listete auch der Finalgegner der Stuttgarter, Arminia Bielefeld, den Berliner Biergarten in einem Reiseführer, den der Verein extra für das Pokalfinale veröffentlicht hatte. Und nach Informationen unserer Redaktion geschah dies in Rücksprache mit dem „Golgatha“. Der Biergarten hätte entsprechend ein erhöhtes Fanaufkommen – zumindest vonseiten der Bielefeld-Fans – erwarten können.

Zum anderen wäre da die Telefonansage des „Golgatha“. Darin heißt es – auch drei Tage nach dem Pokalfinale noch – unter anderem: „An alle Fußballfans: Natürlich zeigen wir das Pokalfinale am Samstag, den 24. Mai, aber bei uns sind grundsätzlich keine Reservierungen zu Fußballspielen möglich. Die Info vom VfB Stuttgart [bezüglich der Reservierung] auf Instagram ist leider falsch. Kommt einfach rechtzeitig vorbei, ihr findet schon einen guten Platz bei uns.“

Und auch auf seiner Homepage nimmt das „Golgatha“ Bezug auf den Post des VfB, das Lokal scheint im Vorfeld also offensichtlich davon gewusst zu haben. Für eine Stellungnahme war das „Golgatha“ am Dienstag zunächst nicht zu erreichen.

„Die Situation war nicht mehr kontrollierbar“

Dennoch, so schildert es das Lokal in seinem Facebook-Post, sei der Biergarten „völlig unvorbereitet“ auf die Fanmasse am Samstag gewesen und „überrannt“ worden.

Ab 18 Uhr, also zwei Stunden vor Anpfiff des Finals, sei die Situation im Lokal „nicht mehr kontrollierbar“ gewesen. „Die Sicherheit für Fans, Personal und reguläre Gäste war zu keinem Zeitpunkt mehr gewährleistet“, heißt es.

Biergarten erstattet Anzeige und macht VfB verantwortlich

Im Verlauf des Abends sei es zu „massiven Sachbeschädigungen“ im Innenbereich gekommen. Fünf Fenster seien zerstört, drei Lampen zerschlagen, zwei Sofas aufgeschlitzt, die Wände mit Bier übergossen und der Innenbereich mit Vereinsstickern beklebt worden.

Bilder, die dem Facebook-Post des „Golgatha“ angefügt sind, zeigen kaputte Fenster, VfB-Sticker an Wänden und Türen und viele VfB-Fans im Innenbereich. Zahlreiche Kommentare unter dem Facebook-Post stützen die Darstellung des Lokals, wonach VfB-Fans im Lokal randaliert hätten.

Im Verlauf des Posts beklagt sich das Lokal noch, dass es am Finalabend zu wenig Trinkgeld für das Personal gegeben hätte. „Unsere Mitarbeitenden, die unter schwierigsten Bedingungen alles gegeben haben, gingen teils mit unter 3 Euro Trinkgeld pro Person nach Hause!!! Das ist wohl an Respektlosigkeit unseren Mitarbeitern gegenüber wohl nicht mehr zu überbieten.“

Wegen der Sachbeschädigung habe man Anzeige gegen Unbekannt bei der Berliner Polizei erstattet. Den VfB Stuttgart fordert das Lokal „mit Nachdruck auf, umgehend Verantwortung für die Kommunikationspanne, deren Folgen und das Verhalten ihrer Fans zu übernehmen“.

So reagiert der VfB Stuttgart

Zu den Vorwürfen äußerte sich am Dienstag der VfB Stuttgart gegenüber unserer Redaktion. „Wir bedauern außerordentlich, dass es offensichtlich zu dieser Eskalation gekommen ist. Wir versuchen bereits, mit dem Biergarten in Kontakt zu treten, um zu erfahren, was da genau passiert ist“, heißt es.

Seitens des Vereins gebe es Verständnis für die „emotionale Reaktion“ des Lokals, die Anzeige bei der Berliner Polizei sei richtig.

Bei dieser Darstellung widerspricht der VfB Stuttgart

Allerdings sehe sich der VfB Stuttgart nicht verantwortlich dafür, was am Samstag im „Golgatha“ passiert sein soll. „Dass es dazu kam, weil wir den Biergarten in unserer Liste hatten, führt zu weit“, so ein Sprecher.

Es sei dem Verein nicht bekannt, dass es an einem der anderen fünf gelisteten Lokale zu Eskalationen kam. Der VfB Stuttgart sehe in der Liste keinen Aufruf, sondern eine „Sammlung öffentlicher Angebote“, ein Service für die eigenen Fans, erklärt der Sprecher.

Weil die Finaltickets begrenzt waren und die Nachfrage enorm gewesen war, war allgemein zu erwarten gewesen, dass sich viele VfB-Fans auch ohne Aussichten auf einen Besuch im Olympiastadion auf den Weg nach Berlin machen würden.

Auch für die Begleichung des entstandenen Schadens sehe sich der Verein nicht verantwortlich. „Wir wissen nicht, was für eine Gruppe da randaliert hat, und wir sind als VfB Stuttgart auch nicht für alle Handlungen unserer Fans zuständig“, so der Sprecher, der davon ausgehe, dass das Lokal für den Schadensfall versichert sei.

Zur Aufklärung wolle der VfB Stuttgart auch in die eigene Fanszene hineinhorchen. „Wir wollen erfahren, ob der Vorfall da bekannt ist und verstehen, was da passiert ist.“