Der Streit um das Gelände an der B 27 geht in eine neue Runde: Nachdem das Gericht den alten Bebauungsplan kassierte, hat die Stadt flugs einen neuen auf den Weg gebracht. Für die Betreiber des Gewerbeparks ist das ein Schlag ins Gesicht.

Bietigheim-Bissingen - Aus dem Gerichtsverfahren, das erst im September in letzter Instanz entschieden wurde, sind die Betreiber des Gewerbeparks Bigpark als Sieger hervorgegangen. Doch nun sieht es so aus, als nütze ihnen das gar nichts. Denn die Stadt hat die Zeit während des Verfahrens genutzt und einen neuen Bebauungsplanentwurf für das Areal an der B 27 erarbeitet. Der Gemeinderat segnete diesen jüngst ab – wenn auch nicht gerade mit Begeisterung. Damit sehen sich die Bigpark-Betreiber gezwungen, erneut zu klagen. Denn sie wollen Einzelhandel auf ihrem Grundstück ansiedeln, die Stadt ist aber strikt dagegen.

 

Dabei wollten sich die Streitparteien eigentlich wieder annähern. Nachdem das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bekannt gegeben worden war, hatte man sich auf neuerliche Gespräche geeinigt, um über Auswege aus dem Dauerstreit zu verhandeln. Doch dazu kam es nicht. Zwar wurde vor etwa zwei Wochen offenbar kurzfristig ein Treffen anberaumt, doch die Bigpark-Geschäftsführer Jens Lück und Hartmut Rieger nahmen an diesem nicht teil.

Nur zufällig von geplanter Diskussion erfahren

„Wir haben zufällig aus der Zeitung erfahren, dass im Gemeinderat über unser Grundstück diskutiert wird“, echauffiert sich Jens Lück. Erst auf seine Nachfrage hin seien ihm die Unterlagen zugeschickt worden – nur einen Tag vor dem vereinbarten Treffen. Er habe sich nicht in der Lage gesehen, sich innerhalb dieser kurzen Zeit einen Überblick über die Dokumente zu verschaffen. Deshalb sei er nicht zu dem Treffen erschienen. Stattdessen schrieb Lück einen umfangreichen Brief an alle Stadträte, in dem er das Vorgehen der Stadt kritisierte und die Räte aufforderte, die Entscheidung über den Bebauungsplanentwurf für das Areal vertagen zu lassen.

Doch die Mehrheit der Stadträte ließ sich von dem Vorstoß des Bigpark-Chefs offenbar nicht allzu sehr beeindrucken. Mit vier Gegenstimmen und sieben Enthaltungen stimmte das Gremium für den neuen Entwurf des Bebauungsplans – wenn auch erst nach langen Diskussionen und einer Sitzungsunterbrechung. „Das ist ein ziemlich verfahrenes Ding“, kommentiert der CDU-Fraktionschef Claus Stöckle. Dieser Streit sei höchst bedauerlich, hinzu kämen teils „suboptimale“ Vorgehensweisen wie das Schreiben Lücks kurz vor der Sitzung und eine Erklärung über die Dringlichkeit der Sache seitens der Stadt erst kurz vor der Abstimmung. Auch der FDP-Fraktionschef Georg Mehrle spricht von einem „kollektiven Unwohlsein“ im Gremium angesichts des Vorgehens der Stadt.

Drei-Zentren-Konzept wird hinterfragt

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Volker Müller, der Freie-Wähler-Fraktionschef Steffen Merkle sowie Traute Theurer, Fraktionsvorsitzende der GAL, sehen weniger Probleme. Zwar sei das Verfahren sicherlich nicht optimal verlaufen, aber der Bebauungsplan müsse eben so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden. Schließlich müsse er bis zum Ende der Veränderungssperre für das Gelände im März in trockenen Tüchern sein – um Bigpark die Hände zu binden. Lediglich das Drei-Zentren-Konzept, auf das sich die Stadt beim Verbot des Einzelhandels auf dem Bigpark-Gelände beruft, scheint im Ansehen der Räte zu sinken. Fast durch die Bank fordern sie, das Credo zu überdenken, nach dem sogenannter innenstadtrelevanter Handel nur in den drei Zentren Bietigheim, Bissingen und Buch angesiedelt werden darf.

Die Stadt sieht sich derweil gewappnet für Angriffe von Bigpark – auch wenn der neue Bebauungsplan kaum von dem abweicht, den der Verwaltungsgerichtshof kassierte. Aber nun gehe man nach einem anderen Verfahren vor und sei damit auf der sicheren Seite, sagt Anette Hochmuth, die Sprecherin der Stadt. Jens Lück beeindruckt das nicht: „Wir werden alles tun, um dagegen vorzugehen“, prophezeit er.

Blockade ohne Ende

Kommentar

Es ist nicht mehr mit anzusehen. Die Situation um das Bigpark-Gelände ist so vertrackt, dass nichts mehr vor und nichts zurück geht. Zwar hat die Stadt mit dem Entwurf eines neuen Bebauungsplans nun wieder einen Vorstoß gewagt. Doch die Bigpark-Betreiber haben quasi im gleichen Atemzug angekündigt, erneut gerichtlich dagegen vorzugehen – was wieder Stillstand bedeutet.

Dabei könnte die Sache so einfach sein: Da sind die Bigpark-Betreiber, die auf ihrer Fläche direkt an einer viel befahrenen Straße Einzelhandel ansiedeln wollen. Darüber sollte sich eine Kommune wie Bietigheim-Bissingen eigentlich freuen – und den Investoren helfen, so gut es geht, anstatt ihnen Steine in den Weg zu legen. Allerdings müssten die Chefs des Gewerbeparks wiederum ebenfalls zu Kompromissen bereit sein und nicht auf einem einzigen Ladenkonzept beharren. Wer von den Streitparteien hier mehr blockiert, ist für Außenstehende schon gar nicht mehr zu beurteilen. Klar ist nur: so kann es nicht weitergehen.

Einen kleinen Lichtblick gibt es immerhin: Die Stadträte beginnen nun endlich, das Drei-Zentren-Konzept zu hinterfragen, das die Stadt gebetsmühlenartig als Grund für die Ablehnung eines Discounters auf dem Bigpark-Areal anführt. Dieses ist ohnehin schon durchlöchert – nicht zuletzt durch den geplanten Einkaufsmarkt in den Mühlwiesen. Eine überarbeitete Strategie zum Schutz der Zentren kann daher nicht schaden. Vielleicht entstehen dabei auch neue Ideen und Möglichkeiten für das Bigpark-Gelände – es wäre an der Zeit. (meb)