Der Gemeinderat hat am Dienstagabend den Schulentwicklungsplan beschlossen. Damit hat die Stadt Weichen gestellt: Für die flächendeckende Ganztagsbetreuung, für diverse Umgestaltungen – und für die Rochade zweier Einrichtungen.

Bietigheim-Bissingen Zu wenig konkret, zu sehr auf den Ist-Zustand fixiert, zu ungenau in der Kostenkalkulation: Es gibt durchaus Kritik am Schulentwicklungsplan, den der Gemeinderat am Dienstagabend beschlossen hat. Aber in einem sind sich die Räte einig: Das Dokument ist dennoch eine gute Richtschnur für die künftigen Vorhaben der Stadt in puncto Schulen.

 

Im Mittelpunkt des Schulentwicklungsplans stehen die Maßnahmen für eine künftig flächendeckende Ganztagsbetreuung in den Schulen der Stadt. Dafür werden teils nur kleinere Umgestaltungen, in anderen Einrichtungen aber auch aufwendigere Umstrukturierungen bis hin zu Neubauten notwendig. Die Grundschulen Schillerschule, Hillerschule und Weimarer Weg sollen in den nächsten Jahren als Ganztagsschulen laufen, die Realschulen Aurain und Bissingen beginnen damit zum Schuljahr 2015/2016. Die Schule im Sand und die Waldschule werden zum Schuljahr 2015/2016 als Gemeinschaftsschulen an den Start gehen – und damit ebenfalls Ganztagsunterricht anbieten. Die jüngst erst eingerichtete Ganztagsschule an den Gymnasien soll weiter ausgebaut werden.

Zwei Schulen sollen Plätze tauschen

Die wohl größten Veränderungen erwarten die Grundschule Weimarer Weg und die Förderschule. Denn diese beiden Einrichtungen sollen demnächst die Plätze tauschen: Die Grundschule wird nach dem Willen der Stadt in die Gebäude der Schule im Buch ziehen, die Förderschule, die derzeit in der Schule im Buch einquartiert ist, soll im Gegenzug in den Weimarer Weg ziehen. Auf Anträge von SPD und FDP hin soll der Wechsel bis spätestens zum Beginn des Schuljahres 2015/2016 vollzogen sein – die Stadt hatte das ein Jahr später geplant.

Mit der Rochade will man unter anderem die räumlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich die Förderschule zu einem sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum weiterentwickeln kann. Die Grundschule hingegen, die bislang noch eine zweizügige Außenstelle betreibt, kann in den Gebäuden der Schule im Buch zusammengefasst werden. Durch das Auslaufen der Werkrealschulklassen und den Rückzug der Förderschule wird hier zudem Platz frei für künftige Ganztagsangebote.

An anderen Stellen wird es jedoch eng. So ist an der Schillerschule ein Neubau mit Mensa und Küche sowie zusätzlichen Räumen angedacht, in denen die Angebote der Ganztagsschule stattfinden können. Auch die Einrichtung einer Außenstelle in der Grundschule der Waldschule ist im Gespräch. Die Schule im Sand benötigt für die Gemeinschaftsschule einen neuen Fachraumtrakt. Ebenso ist nach Ansicht der Stadt ein Neubau auf dem geplanten Campus Bissingen notwendig, auf dem die Realschule Bissingen und die neue Gemeinschaftsschule der Waldschule zusammengefasst werden sollen. In den anderen Einrichtungen sind lediglich Umbauten oder Umstrukturierungen vorgesehen.

Die Kosten für die geplanten Maßnahmen sind noch unklar

Wie teuer die Stadt das ambitionierte Programm kommt, ist noch unklar. Die LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GmbH, die den Schulentwicklungsplan erarbeitet hat, geht von rund drei Millionen Euro allein für die Neubaumaßnahmen aus. Die Kosten für den Ausbau der Ganztagesangebote, für Umbaumaßnahmen und den Umzug der zwei Schulen sind noch nicht beziffert.

Genau das bemängelten mehrere Stadträte – ebenso wie die 15 Monate Bearbeitungszeit statt der veranschlagten sechs Monate: „Ein früherer Zeitpunkt und echte Kostenaussagen wären sehr hilfreich gewesen“, kritisierte der SPD-Fraktionschef Volker Müller. Auch Steffen Merkle, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, merkte an, viele Fragen blieben offen. „Wir vermissen Priorisierungen und Zeithorizonte“, sagte er. Der Oberbürgermeister Jürgen Kessing beschwichtigte: Dies sei erst der Anfang der Schulentwicklung. Auf Grundlage des Plans könne man richtig mit Eltern und Schulen ins Gespräch kommen.

Villa Visconti: Votum vertagt

Bietigheim-Bissingen - Für die Stadt dürfte die Lösung verlockend sein: Mit der Einrichtung einer Mensa für die Hillerschule in der Villa Visconti könnte sie zum einen die Platzprobleme der Schule beheben und zum anderen den Leerstand der Gastronomieräume in der Villa beenden. Doch die Stadträte wollten dem Vorschlag am Dienstagabend nicht einfach so folgen: Die Mehrheit will zunächst wissen, was die Hausgemeinschaft der Villa Visconti zu den Plänen sagt – und Alternativen kennen.

Dabei hatte sich der Erste Bürgermeister Joachim Kölz in der Sitzung ordentlich ins Zeug gelegt, um den Räten die städtische Lösung schmackhaft zu machen. Für jedes noch so kleine Räumchen in dem Gebäude hatte er eine mögliche Nutzung angeführt, selbst Duschen für die Lehrer gebe es, schwärmte er. Doch die Räte blieben skeptisch. Ob denn wirklich alle Alternativen untersucht worden seien, wollte der CDU-Rat Jürgen Weller wissen. Schließlich habe man mit der Villa Visconti den Hillerplatz beleben und dessen Attraktivität steigern wollen. Er bezweifele, dass dieses mit einer Mensa gelinge. Allerdings haben laut Verwaltung bereits mehrere Gastronomen ihr Glück in der Villa versucht – vergeblich. „Wir wissen ja, dass man dort nicht genug erwirtschaften kann“, bemerkte der FDP-Rat Georg Mehrle.

Auch ein weiterer Punkt trieb die Räte um: Die Stadt hat bislang noch nicht das Gespräch mit der Hausgemeinschaft gesucht. Die Räte befürchten, dass den Bewohnern ein Mensabetrieb nicht gerade gelegen kommt. „Wir sollen jetzt einfach beschließen, und wenn die nicht wollen, dann müssen wir wieder von vorne anfangen?“, fragte Volker Müller gereizt. Um dies zu verhindern, stimmte die Mehrheit der Räte auf Antrag des CDU-Rats Wolfgang Pfeiffer für eine Vertagung des Votums.