Weil er ein Mädchen verletzt und belästigt hat, muss ein Bietigheimer Coach Strafe zahlen. In einem Trainingscamp hat er es auf der Toilette bedrängt.

Ludwigsburg - Weil ein Bietigheimer Eishockeytrainer eine 14-jährige Spielerin mehrmals angegriffen hat, muss er 4500 Euro Strafe zahlen. So lautet das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg.

 

Das Mädchen war zum ersten Mal beim Trainingscamp dabei. Es ging im Mai 2016 nach Tschechien. Vor Gericht berichtete sie von zwei Vorfällen, die zur Anzeige des Angeklagten geführt hätten. Zum einen habe sie der Trainer auf einer Toilette in die Enge gedrängt und habe eine Umarmung gefordert. „Ich wollte das nicht“, sagte sie. Das habe sie ihm klargemacht. Gegen seine Körpermasse habe sie aber keine Chance gehabt. Er habe sie am Hintern hochgehoben und auf denselben geklatscht. Ihr Glück sei gewesen, dass ihre Mannschaftskapitänin gerade an der Toilette vorbei gekommen sei. Da habe er von ihr abgelassen.

Außerdem habe der 33-jährige, große und massige Trainer das Mädchen so massiv „gecheckt“, dass es sich eine durch ein ärztliches Attest nachgewiesene Rückenzerrung zuzog. Checken bedeutet im Eishockey anrempeln. Dabei gibt es im Damensport verbotene „Checks“. Einen solchen heftigen soll er aus heiterem Himmel gegen sie angewendet haben. Mit Anlauf.

Die Mannschafts-Kapitänin bringt Licht ins Dunkel

Vor Gericht stand Aussage gegen Aussage. Der Angeklagte stritt ab, das Mädchen auf der Toilette bedrängt zu haben. Der Bodycheck sei keiner gewesen, sondern nur ein im Spiel übliches Festsetzen an der Bande. Von den sechs Zeugen, die zum Geschehen befragt werden – darunter die Eltern der Angeklagten, ein Kumpel, den der Trainer mit ins Camp genommen hatte, die Polizistin, die die Anzeige aufgenommen hat und der Kriminalbeamte, der den Fall übernahm – brachte vor allem eine Zeugin Licht ins Dunkel der gegensätzlichen Aussagen: Die damals 17-jährige Kapitänin der Damenmannschaft.

Ähnlich wie das Opfer, aber doch mit anderen Details schilderte sie, was sie von der Tat auf der Toilette mitbekommen hat. Es sei im Camp so gewesen, dass die Umkleidekabinen zu eng für die vielen Mädchen wurden. Deshalb teilten sich ein paar davon die Herrenumkleide mit den beiden Männern, die dabei waren – der Trainer und ein Kumpel. Die Schutzkleidung habe man in der Umkleide ausgezogen, die dazugehörige Schwitzwäsche in der Toilette daneben. Dort soll der Vorfall passiert sein.

„Sie tut immer so stark, aber das ist sie nicht“

Am Tag der Tat habe sie sich in der Damenumkleide umgezogen. Aber sie sei auf dem Weg an der Toilette vorbeigekommen, als sie den Trainer und die 14-Jährige darin hörte. Das Opfer habe ihren Namen gerufen. Es habe sich aber eher so angehört, als ob die 14-Jährige dabei lache. Deshalb habe sie sich nichts weiter dabei gedacht und sei weitergegangen, habe aber gesehen, wie der Trainer und das Mädchen anschließend aus der Toilette kamen. Erst am Abend habe ihr das junge Mannschaftsmitglied davon erzählt, was auf der Toilette vorgefallen sei. „Sie tut immer so stark, aber das ist sie nicht“, sagte die Kapitänin über das Opfer. Sie gehe davon aus, dass sie in der Situation wirklich massive Angst gehabt habe.

Auch in den zweiten Vorfall bringt sie Klarheit. Bei einem Trainingsspiel habe sich der Vorfall mit dem aggressiven Anrempler ereignet. Es sei unüblich, in einem solchen Spiel eine Mitspielerin so hart anzugehen. Sie habe gesehen, wie der Trainer auf die 14-Jährige zugerast sei und einen im Damen-Eishockey verbotenen Cross-Body-Check angewendet habe. Sie habe sich aber nicht weiter gefragt, warum, und einfach weitergespielt.

Ein Handy-Chat wird dem Trainer zum Verhängnis

Das Opfer sagte aus, es habe den Trainer danach gefragt, was das sollte. Er habe geantwortet, das habe er deshalb gemacht, um es danach auf seinem Zimmer massieren zu können. Auch anderen Mädchen soll er solche Angebote gemacht haben, sagen die Spielerinnen. Zum Verhängnis wurde ihm aber vor allem ein Handy-Chat. Dabei ließ sich die 14-Jährige neckisch und frech auf einen Flirt ein: „Hahaha, willst du mir auf den Arsch schlagen?“ Und er antwortet: „Wenn du nicht so jung wärst, hätte ich schon längst versucht, dich zu knutschen.“

Der Verteidiger plädiert auf Freispruch

Der Staatsanwalt war der Ansicht, das Mädchen habe sich zwar auf den Flirt eingelassen, sei aber zu jung, um die Konsequenzen einzuschätzen. Er glaube vor allem der Kapitänin und forderte für vorsätzliche Körperverletzung und Beleidigung eine Gesamtstrafe von 150 Tagessätzen. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch, niemand habe die Taten richtig beobachtet. Der Richter folgte dem Staatsanwalt in vollem Umfang. Somit muss der Eishockey-Trainer 4500 Euro in zehn Monatsraten abzahlen.