Ausgedient und ausrangiert? Von wegen. Ein Drehleiterwagen aus Bietigheim-Bissingen kommt künftig in Bhutan zum Einsatz. Die erste Herausforderung ist es, das 14-Tonnen-Gefährt dorthin zu expedieren.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Bietigheim-Bissingen - Dass am Drehleiterkorb ausgerechnet eine Drachenflagge hängt, soll kein Omen sein. Ein Feuerspeier wäre nun wirklich das Letzte, was die künftigen Nutzer des Fahrzeuges brauchen können. Im Gegenteil: Wenn es die halbe Weltreise ins Königreich Bhutan heil hinter sich gebracht hat, soll das Gefährt Feuer bekämpfen.

 

Der geschlängelte Lindwurm ist trotzdem Pflicht bei diesem Anlass. Steht doch Pema Choden, EU-Botschafterin aus Bhutan, vor der Bietigheimer Feuerwache, um das sperrige Geschenk für ihr Land persönlich in Empfang zu nehmen, und der Drache ist nun mal Teil der Flagge Bhutans. Weil die Bietigheimer Feuerwehr ein neues Fahrzeug bekommen hat, gibt die Stadt das alte gegen eine Spendenquittung ab.

Bruttonationalglück als Staatsziel

„So ein Drehleiter-Fahrzeug haben wir in Bhutan nicht“, erklärt die Diplomatin aus dem 800 000-Einwohner-Reich im Himalaja-Gebirge. Das moderne Gefährt sei ein enormer Fortschritt für die Rettungskräfte in ihrem Land, sagt sie. Denn auch in Bhutan werde mittlerweile höher gebaut. Bricht ein Brand aus, erzählt Wolfgang Pfeiffer, Geschäftsführer der gemeinnützigen Bhutan-Hilfe, seien die Folgen mangels adäquaten Equipments mitunter verheerend. Der Arzt und langjährige Bietigheimer CDU-Stadtrat ist Honorarkonsul für Bhutan. Die Entwicklung des Landes, in dem das Bruttonationalglück Staatsziel ist, ist ihm ein Herzensanliegen. Kein Wunder, dass er die Ohren spitzte, als es im Gemeinderat darum ging, das Fahrzeug auszurangieren.

Eine Mammutaktion – aber eine sinnvolle

Was den Modernitätsbegriff angeht, ist das eine Sache der Perspektive. Bhutan, das zu den am geringsten entwickelten Staaten der Welt zählt, schätzt sich glücklich über den Wagen. Der Bietigheimer Kommandant Frank Wallesch charakterisiert ihn eher als „Diva, die im Alter so ihre Eigenheiten hatte“ – was seine Freude darüber, dass er nun weiterhin Wertschätzung erfährt, nicht schmälert: „Das Fahrzeug in so ein Land zu bringen, ist zwar eine Mammutaktion, aber eine sinnvolle“, findet er. „25 Jahre lang hat es uns begleitet. Einmal haben wir damit Leute von einer Dachrinne gerettet, die springen wollten, weil hinter ihnen schon die Flammen aus dem Fenster schlugen. Es ist eine schöne Vorstellung, dass das Fahrzeug in Bhutan noch so gute Dienste leisten kann.“ Botschafterin Pema Choden sieht in dem Drehleiterwagen eine „Prinzessin, die jetzt in ihr Königreich reist“.

Die 8000 Kilometer, die der 14-Tonner nun vor sich hat, sind allerdings kein Pappenstiel. Viele Sponsoren helfen, damit das Unterfangen gelingt. „In Antwerpen werden wir es am Hafenterminal seemäßig verladen, hoffentlich lässt es die Länge zu“, berichtet Ralf Reschka von der Spedition Aprojects, die den Transport und die Zollabwicklung organisiert. Das Gefährt schippert dann nach Kalkutta, wo es Polizisten aus Bhutan übernehmen werden. „Eine Herausforderung ist es dann immer noch“, sagt Alexander Klaußner, der Vorsitzende der Bhutan-Hilfe. Die Regenzeit könne Komplikationen machen, die engen, kurvigen, abschüssigen Straßen auch. Ist das Fahrzeug sicher angelangt, werden zwei Bietigheimer Feuerwehrmänner nach Bhutan fliegen und ihre dortigen Kollegen in seine Geheimnisse einweihen.

In unwegsamem Gelände

Vor der großen Übersee-Reise soll das generalüberholte Fahrzeug aber noch öffentlichkeitswirksam durch Deutschland touren, denn die Bhutan-Hilfe hofft auf weitere Spenden. Etwa für Brunnenprojekte mit langlebigen Pumpsystemen, die sich ohne fossile Brennstoffe betreiben lassen, wartungsarm sind und auch in unwegsamem Gelände ihren Dienst tun.