Jedes Jahr ermittelt die Landesfirma Neckarpri den Wert ihrer EnBW-Aktien. Voriges Jahr hatte sich dieser gegenüber dem Kauf durch Stefan Mappus fast halbiert, nun geht es erstmals aufwärts – eine Trendwende?

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Wert der Anteile des Landes Baden-Württemberg am Energiekonzern EnBW hat sich erstmals seit Jahren wieder etwas erhöht. Das vom früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) im Jahr 2011 für 5,25 Milliarden Euro erworbene Aktienpaket ist heute 3,5 Milliarden Euro wert – und damit etwa 800 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Dies ergibt sich aus der am Freitag veröffentlichten Bilanz der Landesfirma Neckarpri, die die EnBW-Aktien des Landes hält. Dabei wird von Wirtschaftsprüfern alljährlich auch der Wert des Pakets ermittelt, der im Vorjahr noch bei 2,68 Milliarden Euro lag. Die Wertverlust reduzierte sich somit von 2,57 auf 1,75 Milliarden Euro.

 

Gründe für die Erholung, die sich auch im Aktienkurs des Unternehmens spiegelt, sehen die Prüfer besonders im Abbau der Schuldenlast der EnBW. Dabei half vor allem die Rückerstattung der als verfassungswidrig eingestuften Kernbrennstoffsteuer, knapp 1,5 Milliarden Euro. Anders als beim Energiekonzern RWE, der Teile als Sonderdividende ausschüttet, darf die EnBW das Geld aller Voraussicht nach behalten; sie könnte so ihre Investitionskraft stärken. Zudem hätten sich die Perspektiven in den zentralen Geschäftsfeldern erneuerbare Energien und Netze verbessert, befanden die Prüfer.

Finanzvorstand erwartet Ergebniswende

Wegen der Steuererstattung und des Verkaufs von Anteilen an einem Windpark hatte die EnBW kürzlich für die ersten drei Quartale einen Konzernüberschuss von 1,87 Milliarden Euro ausgewiesen, nach einem Minus von 192,5 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Zugleich zeigte sich der Finanzvorstand optimistisch, 2017 im operativen Geschäft die „Ergebniswende“ zu schaffen. Man sei zuversichtlich, durch die Steigerung von Effizienz und Wachstum die Ziele für 2020 zu erreichen.

Trotz dieser positiven Tendenzen muss das Land immer mehr Geld in die Neckarpri stecken. Der Fortbestand des Unternehmens trotz des massiven Wertverlusts der EnBW-Aktien ist nur durch eine umfassende Landesgarantie gesichert. Mappus hatte ursprünglich geplant, die Zinsen für die Milliardenanleihen durch die Dividende zu finanzieren. Diese Rechnung ging schon bisher nicht auf: Die Schere zwischen den Zinskosten und der Ausschüttung öffnete sich immer weiter. Im vorigen Geschäftsjahr hatte die Neckarpri deswegen einen Verlust von 53,7 Millionen Euro verzeichnet; das „negative Eigenkapital“ erhöhte sich damit auf 65,4 Millionen Euro.

Land muss 123 Millionen Euro nachschießen

Für 2016 zahlte die EnBW erstmals gar keine Dividende – mit der Folge, dass sich der Jahresfehlbetrag der Neckarpri auf knapp 118 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Immerhin konnten die Zinsaufwendungen von knapp 135 auf gut 117 Millionen Euro gesenkt werden, indem Verträge zu günstigeren Konditionen verlängert wurden; der durchschnittliche Zinssatz beträgt nun 1,8 Prozent. Trotzdem: Erstmals wurde der Fehlbetrag durch einen Zuschuss des Landes von knapp 123 Millionen Euro ausgeglichen. Damit wird der EnBW-Deal für die Steuerzahler immer mehr zum Zuschussgeschäft.

Das Land plant, auch in den beiden Folgejahren jeweils bis zu 94 Millionen Euro zuzuschießen. Einen entsprechenden Fehlbetrag würde die Neckarpri im schlimmsten Fall verzeichnen, wenn die Dividende weiterhin ausbleibt. Allerdings wird im nächsten Jahr wieder mit einer Ausschüttung gerechnet, deren Höhe freilich noch offen ist. Um die Zinskosten zu finanzieren, wäre eine Dividende von 73 Cent je Aktie notwendig. Zuletzt war sie auf 55 Cent reduziert worden, nach 69 Cent davor. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet die Neckarpri erneut mit einem negativen Ergebnis, da die Zinskosten wohl nicht vollständig aus der Dividende erwirtschaftet werden könnten.

Weiter große Herausforderungen

Im Lagebericht der Landesfirma wird auch deutlich, wie groß die Herausforderungen für die EnBW nach wie vor sind. Die Preise an den Energiemärkten hätten sich zwar etwas erholt. Der Wettbewerb um Privat- und Industriekunden sei aber „anhaltend intensiv“, beim Ausbau erneuerbarer Energien werde er härter. Die politischen Rahmenbedingungen infolge der Energiewende in Deutschland seien weiterhin „zum Teil herausfordernd“.