Der Technologiekonzern wächst im ersten Quartal um zwölf Prozent. Bosch hat 300 Projekte aufgelegt, um die Diesel-6-Norm einzuhalten. Zudem bringt das Unternehmen eine Bremsscheibe auf den Markt, die den Bremsabrieb deutlich reduziert.

Renningen - Volkmar Denner und Stefan Asenkerschbaumer verbreiten Zuversicht. Dem Bosch-Chef und seinem Vize kommen bei der Vorlage der Bilanz in Renningen Wörter wie aufregende Zeit, Transformation, Aufbruch und Umbruch aber auch Wachstumskurs über die Lippen. Die Zahlen machen es deutlich. Ein Umsatzplus von zwölf Prozent konnte der Technologiekonzern im ersten Quartal verbuchen. Alle vier Unternehmensbereiche – also die Mobilitätslösungen, die Industrietechnik, die Konsumgüter sowie die Energie- und Gebäudetechnik – hätten zugelegt, am stärksten das Geschäft mit der Mobilität, sagte Asenkerschbaumer, der in der Geschäftsführung für die Finanzen zuständig ist. Doch das hohe Quartalswachstum wird Bosch wohl nicht übers ganze Jahr retten können. Vielmehr will Denner 2017 mit einem Umsatzplus zwischen drei und fünf Prozent beschließen. Grund seien nicht zuletzt zunehmende Risiken aufgrund der politischen Entwicklungen und wachsender protektionistischer Tendenzen. Als Beispiele für Unsicherheiten nannte der Bosch-Chef den Brexit sowie die Steuerpläne der US-Regierung. Denner sprach von schwachen Geschäften in Nordamerika. „Unser Umfeld verändert sich derzeit nicht nur technisch und geschäftlich, sondern mehr denn je auch politisch – ich könnte auch sagen: populistisch“, erläutert Denner. „Die Globalisierung nützt unserem Geschäft, die Rückkehr der Grenzen schadet ihm“, macht er deutlich.

 

Künstliche Intelligenz steht im Fokus

Auch technologisch steht der Konzern vor Herausforderungen. „Die Transformation ist tief greifend“, so Denner. Er will die führende Marktposition in angestammten Bereichen verteidigen und sich gleichzeitig als „Treiber“ an die Spitze des Transformationsprozesses setzen. Dabei denkt Denner zweifellos weniger an das Thema Diesel und die etwa für Stuttgart diskutierten Fahrverbote älterer Selbstzünder-Modelle; diese politische Entscheidung hält er für einen „Kurzschluss“. Die Herausforderungen liegen vielmehr an anderen Stellen des Straßenverkehrs. Denner: „Es geht nicht darum, bessere Autos zu bauen. Wir müssen Mobilität neu denken.“ Er meint das Internet im Zusammenspiel mit künstlicher Intelligenz, die die Lebenswelt jedes Einzelnen beeinflussen wird, so Denner. Hier ist Bosch auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern.

Zunächst geht es um Mobilität und Luftqualität, die für Denner eng zusammenhängen. Oberstes Ziel sei zunächst, die Stickoxid-Emissionen des Diesels im realen Straßenverkehr weiter zu senken. Bosch habe derzeit knapp 300 Projekte laufen, damit die Autos die Euro-6-Grenzwerte auf der Straße auch tatsächlich einhalten. „Deutlicher könnte die Intensität unserer Entwicklungsarbeit nicht sein“, so Denner. Um den Feinstaub zu reduzieren, setzt der Konzern auch nicht ausschließlich am Motor und dem Auspuff an. „Das Gros der automobilen Emissionen kommt nicht aus dem Auspuff, sondern vom Abrieb der Bremsen und der Reifen“, sagt der Bosch-Chef. Deshalb habe der Konzern eine Bremsscheibe entwickelt, „die mit einer speziellen Beschichtung deutlich weniger Bremsstaub erzeugt“. Für diese Bremsscheibe, im Fachjargon iDisc, die in nächster Zeit auf den Markt kommen soll, habe Bosch einen Partner gefunden, sagt Rolf Bulander, der in der Bosch-Geschäftsführung für den Autobereich zuständig ist. Namen nennt er nicht.

Der Verkehr soll effizienter gemacht werden

Aber es geht nicht nur um sauberere Autos, sondern auch um den zunehmenden Einsatz von Assistenzsystemen – bis hin zum autonomen Fahren –, die den Verkehr effizienter machen sollen. Assistenzsysteme – wie Spurhalte- und Bremssysteme oder Einparkhilfen – haben sich bei Bosch zu einem wesentlichen Wachstumsfeld entwickelt. Im vergangenen Jahr hat Bosch damit erstmals die Umsatzmarke von einer Milliarde Euro überschritten. Das Auftragsvolumen liege bei 3,5 Milliarden Euro. 2017 werde der Markt für Fahrerassistenz um 30 Prozent wachsen, so Denner. Bosch wachse noch schneller. Für das nächste Jahr kündigt Denner eine Software-Plattform an, die Bosch Automotive Cloud Suite. Sie sie das technische Herzstück der vernetzten Mobilität, über die Kunden Services realisieren sollen. Dazu gehöre auch, dass der Fahrer von morgen Zugriff auf sein Haus bekommen werde – und etwa die Heizung anstellt oder Jalousien herunterlässt.

Um die Herausforderungen zu meistern, hat Bosch 2016 die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung deutlich erhöht. Der Konzern kann es sich leisten. Bei einem Umsatz von gut 73 Milliarden Euro (plus 3,6 Prozent) hat Bosch einen Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) von 3,3 Milliarden Euro (minus 28 Prozent) erzielt. Belastend wirkten Abschreibungen im Zusammenhang mit dem vollständigen Erwerb der früheren Gemeinschaftsunternehmen Bosch Siemens Hausgeräte (BSH) und Automotive Steering. Hinzu kamen auch Belastungen im Zusammenhang mit den Abgasmanipulationen. So musste Bosch in den USA einen Vergleich mit VW-Kunden über eine Entschädigung von umgerechnet 300 Millionen Euro abschließen.