Sigmar Gabriel Foto: dpa
Nie war Sigmar Gabriel (55) so unumstritten wie nach der Mitgliederentscheidung der SPD über den Koalitionsvertrag. Mit diesem konnte der SPD-Chef – trotz des bescheidenen Wahlergebnisses – seiner Partei die wichtigsten Perlen des Wahlprogramms servieren: Mindestlohn, Rentenpaket, Frauenquote und noch einiges mehr. Dieser Husarenritt hat ihm bei der Union Anerkennung eingebracht und seinen Start als Wirtschaftsminister erleichtert. Er nutzte dies und setzte in rekordverdächtigem Tempo gegen viele Interessen die Reform des Erneuerbare- Energien-Gesetzes durch.

Manche sagen, dass Gabriel auch deshalb recht solide agiere, weil er gelernt habe, hin und wieder auch mal einen Rat anzunehmen. Vor der Kanzlerin hat er höchsten Respekt, weshalb es ihn auch vor einer Kanzlerkandidatur graut, sollte sie noch einmal antreten. Umgekehrt schätzt die Kanzlerin auch seine politische Raffinesse. Beide wähnen sich auf Augenhöhe, was wohl der Hauptgrund dafür ist, dass die Koalition, anders als die schwarz-gelbe zuvor, recht wenig Streit verkraften musste.

In den vergangenen Wochen hat Gabriel allerdings einiges an Stärke eingebüßt. Die Dreifachbelastung als Vizekanzler, Wirtschaftsminister und SPD-Chef macht ihm immer mehr zu schaffen. Das hat auch damit zu tun, dass er seine Arbeit als Minister dazu nutzt, der SPD einen wirtschaftsfreundlichen Kurs zu verordnen. Das wiederum verärgert jene Parteilinke, die wegen Gabriels innerparteilichem Kurs der Versöhnung mit der Agenda-Zeit vor der Wahl fälschlicherweise davon ausgingen, Gabriel sei einer der ihren. Im Streit über Freihandel mit Kanada und den USA muss Gabriel deshalb beweisen, dass er sich das Heft des Handelns nicht von der SPD aus der Hand nehmen lässt. (tm)

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