Das Zinstief hat der Bank nicht geschadet, anders als ihren Kunden. Die Furcht vor Anlagen in Wertpapieren sitzt tief. Die klassischste aller Geldanlagen bleibt hoch im Kurs: das Eigenheim.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Herrenberg - Die Kundschaft ist trotz eindringlicher Warnungen schwer umzustimmen. Ihre Liebe zum Sparbuch mag nicht verblassen, jedenfalls bei den Kunden der Fusions-Volksbank Herrenberg/Nagold/Rottenburg. Die meldet einen unveränderten Hang zur „traditionellen Bankanlage“. Gegen „ein ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis“ helfen alle Warnungen nicht, dass klassische Geldanlagen angesichts des Zinsniveaus nahe der Null keinen Gewinn, sondern reale Verluste versprechen – die Inflation eingerechnet. In der jüngeren Vergangenheit hatten Anleger aber auch mit Aktien keine Freude. Die Kursverluste schlagen sich bei den Kunden der Volksbank mit einem Minus von 26 Millionen Euro nieder.

 

Den Geschäften der Volksbank hat weder die schwächelnde Börse geschadet, noch die Furcht vor Wertpapieren. Der Vorstandssprecher Jörg Stahl hat bei der Präsentation der Bilanz für das vergangene Jahr schon zum zweiten Mal in Folge Rekordzahlen verkündet. Schon 2016 war für die Bank ein gutes Jahr gewesen. 2017 stiegen so gut wie alle Kennzahlen weiter an. Beim Aufwärtskurs ist es geblieben. Ein Minus meldet Stahl nur bei der Zahl der Mitarbeiter. 437 waren es zum Jahreswechsel, damit fünf weniger als zwölf Monate zuvor. Die Tochterfirmen der Bank sind dabei eingerechnet.

Die Digitalisierung kostet weiterhin Arbeitsplätze

Der Schwund ist dem weiter zunehmenden Trend zur Digitalisierung des Bankgeschäfts geschuldet, samt der Bemühungen, die skeptische Kundschaft vom Online-Banking zu überzeugen. 60 Prozent der Volksbank-Kunden erledigen ihre Bankgeschäfte am Computer oder am Smartphone statt in einer Filiale. Das sind zehn Prozent mehr als im bundesweiten Schnitt. Die bundesweiten Zahlen verdeutlichen auch, dass der digitale Wandel der Banken erzwungen ist. Vor zehn Jahren verbuchte ein gutes Drittel der Kundschaft am Rechner Geld, vor zwanzig Jahren lag dieser Anteil noch unter zehn Prozent.

Die Volksbank müht sich gar, das Ziel des möglichst papierlosen Geldgeschäfts zu erreichen. Die Kunden unterschreiben in den Filialen – ähnlich wie beim Paketboten – mit digitalen Stiften. Unterlagen werden nur noch gedruckt, wenn es unvermeidlich ist oder die Kundschaft darauf besteht. Die Bank wirbt massiv dafür, sich Kontoauszüge und Nachrichten elektronisch zukommen zu lassen. Auf dem persönlichen Postfach bleiben sie zehn Jahre lang abrufbar.

1200 Kunden kauften sich 2018 ein Eigenheim

Die klassischste aller Geldanlagen bleibt unverändert beliebt: das Eigenheim. Rund 1200 Volksbank-Kunden erfüllten sich im vergangenen Jahr den Wunsch nach Wohneigentum. Dafür nahmen sie Kredite über mehr als 200 Millionen Euro auf. 1,2 Milliarden Euro führt die Bank als Baufinanzierungen in ihren Büchern, 87 Millionen Euro mehr als zwölf Monate zuvor. Das Unternehmen investiert auch selbst in Unternehmen. In Herrenberg ist ein Haus mit 18 Wohnungen bezogen, in Nagold eines mit 24 Wohnungen im Bau. Die Immobilientochter hat für rund 25 Millionen Euro sechs weitere Häuser gekauft.

Anlegern empfiehlt die Volksbank neben Wertpapieren doch auch eine klassische Geldanlage: die Mitgliedschaft. Rund eine Million Euro der Gewinne wird an Mitglieder ausgeschüttet. Dies entspricht einem Zins von drei Prozent. Das ist zumindest mehr als auf dem Sparbuch.