Evolution finanziert Revolution: Renditestarke PS-Protze sollen dem Münchner Autobauer das Geld einbringen, das er für die Entwicklung alternativer Antriebe braucht.

München - Etwa alle zehn Jahre verordnet sich der bayerische Premiumanbieter BMW eine neue Strategie, was ihre Verkündung schwergewichtig macht. Die Kurzversion des nun zur Bilanzvorlage vorgestellten Neuentwurfs ist allerdings recht eingängig. „Unser neues Zielbild lautet: Wir sind Number One“, erklärte Konzernchef Harald Krüger. Was auf den ersten Blick nicht sonderlich originell klingt, hat es aber durchaus in sich. Denn BMW will nicht nur technologisch und nach Stückzahlen Marktführer sein und bleiben, sondern das auch bei konstant hoher Rendite. Dazu verhelfen sollen neue Modelle im oberen Premiumbereich, der Domäne des Erzrivalen Daimler, sowie ein neues Elektroauto als Flaggschiff bei den alternativen Antrieben.

 

An Selbstbewusstsein mangelt es den Bayern dabei nicht. „BMW wächst in eine neue Dimension“, prognostiziert Finanzchef Friedrich Eichiner. „Wir führen BMW in eine neue Ära“, verspricht Krüger und formuliert dabei einen Anspruch auf Marken- und Designführerschaft. BMW werde sich auch mit neuen Dienstleistungsangeboten an die Spitze der Branche setzen, erklärt Vorstandskollege Peter Schwarzenbauer. Grob gesehen entfällt die neue Strategie namens „Number One Next“ in zwei Teile. Der eine ist eher finanziell gelagert und auf renditestarke Modelle ausgelegt, der andere auf die eben diese Gewinne verschlingenden Investitionen in die Zukunftstechnik. „Mit Evolution finanzieren wir in den nächsten Jahren die Revolution“, erklärt Krüger diesen Spagat.

PS-Protze für sportliche Fahrer

Der evolutionäre Teil betrifft ein neues BMW-Modell oberhalb der 7er-Reihe, die im Haus heute das Maß aller Dinge ist. Details dazu bleiben noch geheim. Klar ist aber, dass dieses neue Modell als Angriff auf die im oberen Premiumbereich dominierenden Konkurrenten aus Stuttgart zu verstehen ist. Dazu kommt der bisher größte BMW-Geländewagen mit dem Modell X7 ab 2018. Auf Rendite zielt auch eine geplante Ausweitung der Submarke BMW M. Die M-Modelle sind PS-Protze für betont sportliche Fahrer, bei denen der Preis noch weniger von Belang ist als bei normalen BMW-Kunden. „Lücken im M-Portfolio werden wir konsequent schließen“, kündigt Krüger an.

Für die technologische Zukunft steht ein neues Modell der zweiten Submarke BMW i, von der heute der i3 und der i8 mit überschaubarem Erfolg unterwegs sind. Seit der Markteinführung 2013 wurden rund 50 000 Wagen dieser i-Modelle verkauft. Krüger zeigt sich jedoch zufrieden mit der bisherigen Entwicklung und verweist darauf, dass die Einführung der E-Mobilität ein Marathon und kein Sprint sei. Das geplante neue Modell BMW i Next soll 2020/21 auf die Straße kommen, vollautomatisch fahren und den Innenraum dabei in ein fahrendes Büro oder Wohnzimmer verwandeln können. „Das ist unsere Antwort auf neue Wettbewerber“, verdeutlicht Entwicklungschef Klaus Fröhlich die Bedeutung des neuen i-Modells. Mit der neuen Konkurrenz sind Google, Apple & Co gemeint. Von ihnen will BMW sich beim Umgang mit Kundendaten unterscheiden. Google sieht darin eher eine Art Währung, mit der Kunden für Dienste bezahlen. BMW verspricht dagegen strikte Datensicherheit. Für 2025 plant BMW zudem ein Auto mit Brennstoffzelle. Hier hat der Konkurrent Daimler die Nase vorn. Die Stuttgarter wollen 2018 ein damit angetriebenes Modell bauen, allerdings eher in Kleinserie mit einigen tausend Stück jährlich. BMW sammelt derzeit mit einer kleine Brennstoffzellenflotte auf Basis der 5er-Reihe Erfahrungen mit dieser Antriebsform. Ihre Reichweite übertrifft mit 450 bis 700 Kilometer die von Elektroautos bereits jetzt. Schon in der zweiten Hälfte dieses Jahres kommt ein neuer BMW i3, der die Reichweite des Elektroautos um die Hälfte erweitert. 2018 soll ein BMW i8 Roadster folgen, dazu Hybrid-Varianten aller BMW-Modelle.

Drei Mini-Modelle bekommen keinen Nachfolger

Auch die Kleinwagenmarke Mini wird hybridisiert. Mit Charge Now ist BMW schon heute weltgrößter Anbieter öffentlicher Ladestationen. Die Marktführerschaft reklamieren die Münchner auch im Carsharing mit der Tochter Drive Now. Ergänzt werden soll das Dienstleistungsangebot noch durch einen Fahrdienst. Man suche hier noch nach einer BMW-spezifischen Lösung, die über die vom US-Startup Uber vermittelten privaten Taxifahrten hinausgeht, sagt Schwarzenbauer. Dienstleistungen dieser Art sollen künftig einen wesentlichen Gewinnbeitrag liefern. „Die Wertschöpfung verschiebt sich von Hardware in Richtung Software und Services“, stellt Krüger klar.

Dazu wird gespart, wo es nicht zu sehr schmerzt. So muss Mini künftig mit fünf Modellen auskommen. Drei Modelle erhalten keinen Nachfolger mehr. Kurzfristig soll es 2016 im Stil des Vorjahrs mit neuen Rekorden weitergehen. Sowohl beim Umsatz von zuletzt 92 Milliarden Euro, wie beim Absatz mit 2,25 Millionen verkauften Autos als auch beim Gewinn vor Steuern von 9,2 Milliarden Euro peilt BMW jeweils leichte Steigerungen an. Für nicht abgemacht hält Krüger auch, dass Mercedes-Benz die Bayern dieses Jahr nach über einem Jahrzehnt als global absatzstärksten Premiumanbieter ablöst, obwohl die Stuttgarter per Ende Februar an BMW vorbeigezogen sind. „Abgerechnet wird am Jahresende“, sagt Krüger.