Die Hintergründe des Falls Amri sind noch völlig unklar – und müssen dringend sauber aufgeklärt werden. Aber schon jetzt ist klar, Konsequenzen wird es geben müssen, meint unser Redakteur Norbert Wallet.

Stuttgart - Ja, es ist noch immer die Zeit der Aufklärung. Ja, es ist gut und hilfreich, wenn nun Bundesinnenministerium und Bundesjustizministerium eine detailreiche Chronologie vorlegen, die das Handeln – mal nebeneinander, mal miteinander – der vielen Behörden auflistet, die das Attentat in Berlin nicht verhindern konnten. Und ja, der alte Grundsatz ist auch hier richtig, dass über Konsequenzen erst dann gesprochen werden kann, wenn überhaupt klar geworden ist, worüber genau denn zu urteilen ist. Insofern sollte man auch noch die Sitzung des Innenausschusses vom kommenden Mittwoch in Ruhe abwarten, in der es erneut um die Hintergründe des Anschlags gehen wird.

 

Aber bereits aus der von den Ministerien vorgelegten Chronologie der Ereignisse lässt sich einiges ablesen: An Informationen über Amri hat es im Jahre 2016 nie gemangelt. Es war im Laufe des Jahres 2016 gut bekannt, dass er mit möglichen Anschlägen prahlt, mehrfach kriminell geworden und mit einer Vielzahl falscher Identitäten unterwegs ist. Zudem warnte der marokkanische Geheimdienst noch im Herbst 2016 mehr als einmal vor Amri. Zu seiner Verhaftung hat das nie geführt, geschweige denn zur Abschiebung. In Justiz und Politik darf das nicht ohne Konsequenzen bleiben. Strukturell nicht, aber auch nicht personell.