Eine Verfassungsänderung lässt auf sich warten. Doch schon jetzt wären einige Millionen für die Hochschulen im Land zu gewinnen, wenn der Bund seine Zuschusspraxis ändern würde, findet die Wissenschaftsministerin.

Stuttgart - Der Südwesten könnte rund 250 Millionen Euro mehr in seine Hochschulen investieren, wenn der Bund seine Anteile an bestimmten Förderprogrammen verändern würde. Das ginge schnell und ohne Verfassungsänderung, rechnet man im baden-württembergischen Wissenschaftsministerium.

 

Im Grunde finden Bund und Länder, dass die Finanzbeziehungen im Bildungsbereich neu geregelt werden müssen. Doch sind sie bei ihrem jüngsten Treffen erneut an der Verfassungsfrage hängen geblieben. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) will das Grundgesetz ausschließlich zu Gunsten der Wissenschaft ändern. Auf ihrer Seite sind tendenziell die CDU-regierten Länder. Die Länder mit Koalitionen von Grünen und SPD suchen eine Regelung für den gesamten Bildungsbereich, der auch die Schulfinanzierung einschließt und damit das Kooperationsverbot aufhebt.

Länder suchen neue Wege für die Schulen

Es regelt die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich. Bei der Schulsozialarbeit, beim Ausbau von Ganztagsschulen und bei der Inklusion (dem gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Schülern) suchen die Länder „neue Wege der Zusammenarbeit“, sagte Doris Ahnen, die rheinland-pfälzische Bildungsministerin. Schavan scheiterte mit ihrem Vorstoß, auch wurden keine weiteren Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern getroffen. Dennoch wolle man weiter im Gespräch bleiben. Die Länder sind sich demnach mit dem Bund darin einig, dass die Kooperation in verschiedenen Bereichen ohne Verfassungsänderung verbessert werden kann.

Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) sagte zum Ausgang des Treffens: „Das ist noch kein Durchbruch. Denn alle Maßnahmen müssen zuerst mit Geld unterlegt sein.“ Dennoch sei die Bereitschaft „ unterhalb der Verfassungsänderung nach Lösungen zu suchen, ein gutes Signal für Bildung und Wissenschaft“.

Bund soll Bafög ganz bezahlen

Möglichkeiten, die Bildungsfinanzierung zu verbessern, ohne die Verfassung zu ändern, gibt es nach Auffassung Baden-Württembergs viele. So könnte der Bund, der bisher 65 Prozent der Kosten des Bafög (Bundesausbildungsförderungsgesetz) trägt, die Unterstützung der Studenten komplett übernehmen. Allein dadurch könnte der Südwesten rund 75 Millionen Euro gewinnen und sie anderweitig im Hochschulwesen investieren.

Würde der Bund seine Anteile an der Forschungsförderung der Max-Planck-Gesellschaft und der Leibniz-Gemeinschaft von bisher 50 auf 70 Prozent erhöhen, hätte das zum Beispiel im Jahr 2011 rund 51,6 Millionen Euro in die Kassen des Landes gebracht. Die Länder halten es auch für möglich, dass der Bund die gemeinsame Forschungsförderung bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) alleine finanziert. Baden-Württemberg hätte dadurch Wenigerausgaben von 87,9 Millionen Euro (Stand 2011). Allerdings wollen die Länder ihren Einfluss auf die Forschungsförderung behalten. Würden außerdem die Programmpauschalen (Overheadmittel) für DFG-Projekte von 20 auf 40 Prozent erhöht, würden die Hochschulen des Landes 45 Millionen Euro gewinnen, hat das Wissenschaftsministerium ausgerechnet.

Grundgesetzänderung bleibt Thema

Baden-Württemberg steht auf der Seite der Länder, die die Schulen für Finanzspritzen des Bundes öffnen wollen. „Die Forderung nach einer Grundgesetzänderung für den gesamten Bildungs- und Wissenschaftsbereich bleibt auf der Tagesordnung“, betonte Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne). Schavan sagte nach dem Treffen, „die Tür bleibt offen“. Die Möglichkeiten der Kooperation zwischen Bund und Ländern bei Inklusion und Ganztagsschulen würden weiter beraten, „hierzu bestehen die unterschiedlichen Rechtsauffassungen aber fort“.