Weniger Teilnehmende, als ihnen lieb wäre: Die Bildungseinrichtungen im Strohgäu gehen neue Wege, um wieder zu alter Stärke zu gelangen.

Die Volkshochschulen im Strohgäu erholen sich allmählich von den Folgen der Coronapandemie. „Allerdings ist viel Aufbauarbeit nötig“, sagt Cornelie Class-Hähnel, die Leiterin der VHS in Korntal-Münchingen: Denn es könnten mehr Teilnehmende sein. Ähnliches berichtet der Gerlinger VHS-Chef Markus Fink. Er und Cornelie Class-Hähnel kämpfen im Grunde mit den gleichen Problemen, gehen aber trotzdem hoffnungsvoll und motiviert ins Herbst-Winter-Semester.

 

Gut 300 Angebote und den Schwerpunkt „Zusammenkommen – zusammenfinden“ bietet Korntal-Münchingen. „Ins Gespräch kommen und sich zu aktuellen Fragen austauschen, ist Teil des lebenslangen Lernens an der VHS“, sagt Cornelie Class-Hähnel. Einige Veranstaltungen seien darauf ausgerichtet, mehr vom Leben in anderen kulturellen Kontexten zu erfahren. 500 Kurse und den Schwerpunkt „Kinder und Familie“ hat Gerlingen. „Unsere Angebote sollen Kinder und Familien unterstützen und Begeisterung an Bewegung, Natur, Bildung und Zusammenhalt fördern“, sagt Markus Fink. Das neue Programm erscheint am 18. Juli, das Korntal-Münchinger ist bereits raus.

Reinschnuppern in Gerlingen

Für das nächste Semester lädt Markus Fink die Menschen ein, ohne Anmeldung und kostenlos in ausgesuchte Kurse reinzuschnuppern. 64 an der Zahl, „eventuell kommen noch ein paar dazu“, sagt der Leiter und verweist auf die Internetseite. Mit dem Angebot, das es in der Vergangenheit schon mal gab, hofft er, bei der Zahl der Teilnehmenden wieder auf Vor-Corona-Niveau zu gelangen.

Ein Viertel fehlt, statt 4000 melden sich pro Semester 3000 Personen an. Was sich auch auf die Einnahmen auswirkt, die sind ebenfalls um ein Viertel gesunken. Markus Fink sagt, auf Dauer wäre das „systemgefährdend“. Die VHS lebe auch dieses Jahr von den Rücklagen – sie sind bald aufgebraucht.

Cornelie Class-Hähnel stellt „eine Entspannung seit den Osterferien“ fest, seitdem die strengen Corona-Auflagen passé sind. „Unsere eher vorsichtige und beobachtende Strategie behalten wir aber bei, damit die Kurse nach wie vor keine Orte sind, in denen sich Infektionen verbreiten“, betont sie. Zwar ist, verglichen mit dem ersten Semester 2021, die Zahl der Anmeldungen in Korntal-Münchingen um circa ein Drittel gestiegen, und die Ausfallquote liegt laut Class-Hähnel inzwischen bei knapp 25 Prozent, „also deutlich niedriger“ als im Vorjahr mit 46 Prozent.

„Dennoch ist noch eine große Zurückhaltung bei den Teilnehmenden zu hören, die Kurse haben lange nicht die nötige Gruppenstärke erreicht, die wir für die Finanzierung benötigen.“ Die Korntal-Münchinger setzen aus dem Grund auf Präsenz wie beim Korntaler Sommer oder die neuen Bewohner etwa in Korntal-West. Vor Ort will die VHS Angebote machen.

Korntal-Münchingen plant höhere Gebühren

Dieses Frühling-Sommer-Semester liegen die Einnahmen durch Kursgebühren mit 100 000 Euro „deutlich“ – 30 Prozent – unter den Einnahmen von 2019, sagt Cornelie Class-Hähnel. Deshalb plant sie 2022 mit einem Minus von 80 000 Euro. Und blickt „ein bisschen“ sorgenvoll in den Herbst, auf die prognostizierte Corona-Herbstwelle, die „finanziell wieder eine zusätzliche Belastung“ sein kann.

„Aber wir sind nicht unvorbereitet“, sagt Cornelie Class-Hähnel: Onlinekurse könne die VHS mittlerweile aus dem Effeff. Die Technik sei vorhanden, die Kursleiter seien erprobt. Da die Digitalisierung mit hohen laufenden Kosten verbunden sei, würden im Jahr 2023 die Gebühren „moderat“ erhöht – um drei bis fünf Prozent, das müsse der Vorstand noch beschließen.

Wobei die Teilnehmenden Präsenzkurse bevorzugen. „Das Online-Angebot hat sich auf niedrigem Niveau stabilisiert“, sagt Cornelie Class-Hähnel, die von aktuell noch 20 Onlinekursen berichtet. „Die Leute wollen persönliche Kontakte, sich treffen und austauschen.“ Es würden sich Kurse herauskristallisieren, die online „absolut sinnvoll“ seien und von den Teilnehmenden geschätzt würden, wie Backkurse oder Angebote im Bereich Bewegung und Entspannung. Anders Kochkurse, in denen jeder ein Teil zubereitet und am Ende alle gemeinsam alles essen. Neu im Programm ist ein fünfteiliger „Kochkurs für Einsteiger*innen“.

Die Zukunft in Gerlingen ist hybrid

Die Gerlinger VHS baut die Kochkurse in der Küche der Realschule wieder auf. Neu im Herbst ist etwa der Kochtreff für Männer. Ebenso wird das Bilderbuchkino für Fünf- bis Achtjährige ausgebaut, weil es sehr beliebt sei – wie die Kinder-Uni, die nächstes Semester neue Themen hat. Erstmals gibt es auch einen ukrainischen Sprachkurs.

Künftig will die VHS agiler, flexibler und kurzfristiger sein, indem sie geplante Kurse sofort auf die Homepage stellt – noch bevor das neue Programmheft erscheint –, und im Netz auch hinterher Kurse nachlegt. Onlinekurse sind auch in Gerlingen nicht das Mittel der Wahl. „Wir waren überrascht, wie schnell die Nachfrage auf einmal runterging“, sagt Markus Fink. Aus dessen Sicht „irgendwann jeder Kurs hybrid sein wird“: Er findet zugleich in Präsenz und online statt. „Damit werden wir der allgemeinen Flexibilisierung der Gesellschaft gerecht.“