Die Bildungsmesse Didacta hat mit einem Besucherrekord geschlossen. Zu der weltweit größten Veranstaltung dieser Art kamen 95.000 Menschen.

Lokales: Mathias Bury (ury)
Stuttgart - Die am Samstag zu Ende gegangene Bildungsmesse Didacta hat mit einem neuen Besucherrekord geschlossen. Zu der weltweit größten Veranstaltung dieser Art kamen rund 95.000 Menschen. Die Didacta 2008 hatte 83.000 Besucher angezogen, im Jahr 2005 waren es 77.000. Auch das Angebot mit 864 Ausstellern, 85 weiteren Unternehmen und rund 2000 Veranstaltungen war noch nie so groß wie in diesem Jahr.

Reinhard Koslitz, der Geschäftsführer des Didacta-Verbandes, ist erfreut über dieses Ergebnis. Bereits am Eröffnungstag seien 5000 Besucher mehr gekommen als vor drei Jahren, viele aus dem Ausland - und das trotz des Bahnstreiks. Auch am Freitag wirkte sich der Streik der Lokführer aus. Mit Sonderbussen hatten die Messeveranstalter versucht, die Folgen des Ausstands zu begrenzen. Der Verband zieht eine positive Bilanz. "Die Foren waren toll belegt", sagt Koslitz. "Auch der Bereich Berufsbildung, Ausbildung und Qualifizierung war sehr gut besucht - mehr als üblich." In Baden-Württemberg sei dies "ein besonders starkes Thema, weil hier die Mittelständler aktiv sind und der Schwabe ein Arbeiter und Macher ist".

Das Schulbuch ist gefragt


Auch Martin Frädrich, der Geschäftsführer für den Bereich Beruf und Qualifikation bei der IHK Region Stuttgart, begrüßt, dass die berufliche Bildung einen Schwerpunkt auf der Messe gebildet habe. "Aber sie erreicht noch zu wenige Ausbilder in Betrieben", bedauerte er. Die Bedeutung der Didacta sei bei diesen "noch nicht so im Bewusstsein". Gleichwohl habe die Messe "für den Standort eine wichtige Bedeutung" - auch im Blick auf die ansässigen Verlage.

Geboomt hat laut Koslitz auch der Bereich der Frühpädagogik. "Es besteht ein sehr hoher Nachholbedarf bei den Erzieherinnen." Froh sei er, dass die Bildungskonferenz der kommunalen Landesverbände so gut besucht gewesen sei. "Die Kommunen sind mit die wichtigsten Akteure in der Bildungspolitik", sagte Koslitz. Auch die Landespolitik sei stark vertreten gewesen: "Man merkt, dass in Baden-Württemberg wichtige Entscheidungen anstehen", so Koslitz im Blick auf die Landtagswahl, aber auch auf Weichenstellungen in der Bildungspolitik. Bei den Produkten sei das Schulbuch sehr gefragt gewesen. 2010 seien Smartboards - elektronische Tafeln - ein Renner gewesen: "Jetzt kamen die ersten Anwendungen."

Frühe individuelle Förderung


Stuttgarts Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann begrüßt, dass durch die Didacta "das Thema Bildung ganz oben auf der Tagesordnung steht". Die Bildungsmesse habe den Fachleuten eine wichtige Plattform zur Information und zur Auseinandersetzung über die Rahmenbedingungen von Bildung geboten.

Letzteres konnten Didacta-Besucher bei einem Streitgespräch zwischen der baden-württembergischen Kultusministerin Marion Schick (CDU) und ihrer Kollegin Sylvia Löhrmann (Grüne) aus Nordrhein-Westfalen verfolgen. Löhrmann erläuterte, warum die rot-grüne Regierung sich für etliche Modellversuche mit der sogenannten Gemeinschaftsschule von der fünften bis zur zehnten Klasse entschieden habe. Mit der "kleinen Schwester der Gesamtschule" antworte man auf die demografische Entwicklung, die zur Schließung von Schulstandorten führen werde. Dem setze man die Verbindung von Haupt- und Realschule entgegen, "aber mit Gymnasialstandard" und starker Binnendifferenzierung zur individuellen Förderung der Schüler. Viele Eltern wollten ein Schulsystem, "bei dem der Bildungsgang ihrer Kinder offengehalten wird", so Löhrmann.

Marion Schick sagte, der Streit, ob ein zwei- oder ein dreigliedriges Schulsystem besser ist, sei überholt. Für die "Entkoppelung von Herkunft und Bildungschancen" sei eine frühe individuelle Förderung der Kinder viel wichtiger, dies gehe man mit den Bildungshäusern an. Dass Schultypen wie die Gemeinschaftsschule besser seien als die Angebote im Land mit der Werkrealschule und dem großen Gewicht der beruflichen Gymnasien, dafür gebe es keine Belege. Das Land sei bei allen Bildungsindikatoren besser als Nordrhein-Westfalen, was Sylvia Löhrmann einräumte. Im Südwesten gebe es zwar Veränderungsbedarf, aber keine Notwendigkeit für "Strukturexperimente", so Schick.