Johanna Wanka, Nachfolgerin von Annette Schavan, muss mit den Ländern schon bald über Bafög und Forschungsförderung verhandeln. Es geht um viele Milliarden Euro. Dass Wanka neu ist auf der Bundesebene, dürfte dabei nicht nur von Nachteil sein.

Berlin - Johanna Wanka (CDU), eben noch Wissenschaftsministerin in Niedersachsen, wird am Donnerstag ihre Ernennungsurkunde von Bundespräsident Joachim Gauck erhalten. Gut ein halbes Jahr hat sie dann als Bildungs- und Forschungsministerin im Kabinett Angela Merkels Zeit, Akzente zu setzen. Das ist nicht viel, dennoch knüpfen sich daran einige Erwartungen. Es geht um viele Milliarden Euro, über die mit den Ländern verhandelt werden muss. Der Wechsel von der Länder- auf die Bundesseite ist für Wanka dabei Vorteil und Problem zugleich.

 

Denn sobald es ums Bezahlen geht, schließen sich die Reihen der Länderminister in den Verhandlungen mit dem Bund – unabhängig vom Parteibuch – recht schnell. Auf eine einfache Formel gebracht lautet deren Losung: der Bund soll Geld bereit stellen, das die Länder nach eigenem Belieben ausgeben können. Wankas Vorgängerin Annette Schavan (CDU) hatte sich auf dieses Spiel aber nur bedingt eingelassen. Sie forderte für die Milliarden-Überweisungen des Bundes einen eigenen politischen Gestaltungsspielraum. Weil aber mit der jüngsten Reform des föderalen Systems dem Bund sowohl Gestaltung als auch direkte Finanzierung von Schul- und Forschungsprojekten in den Ländern untersagt wurde, ist die Sache mit der Mitsprache des Bundes so kompliziert. Bisher hat Wanka in all diesen Fragen klar auf Länderseite gestanden. Es dürfte ihr nicht leicht fallen, jetzt die finanz- und bildungspolitischen Interessen des Bundes zu vertreten, ohne sich korrigieren zu müssen.

Das sieht auch der Bildungsexperte der FDP, Patrick Meinhardt, so. Der überzeugte Föderalist glaubt gleichwohl, dass Wankas jüngste politische Vergangenheit ihr die künftige Arbeit auch erleichtert. „Ihr Vorteil ist, dass sie aus vielen internen Runden weiß, wie die aktuell amtierenden Landesminister ticken“. Zurücklehnen könne sich Wanka nicht, sagte Meinhardt. Vor allem müsse noch in dieser Legislaturperiode zwischen Bund und Ländern ausgehandelt werden, wie die weitere Finanzierung und Förderung von Forschungseinrichtungen an Hochschulen sicher gestellt werden kann. Außerdem stehe noch eine substanzielle Erhöhung des Bafög auf der bildungspolitischen Tagesordnung. Das Bafög ist zuletzt am 1. Oktober 2010 erhöht worden. Eine Anpassung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten wäre geboten, aber Bund und Länder kommen bei der Finanzierung bisher nicht zueinander. 65 Prozent der Förderung bezahlt der Bund, 35 Prozent übernehmen die Länder.

Milliardenpoker beim Hochschulpakt

Auch beim so genannten Hochschulpakt stehen komplizierte Verhandlungen an. Die Länder verlangen vom Bund einen Nachschlag von bis zu 3,4 Milliarden Euro, weil durch doppelte Abiturjahrgänge und die Aussetzung der Wehrpflicht erheblich mehr junge Menschen ein Studium aufgenommen haben, als dies zuvor prognostiziert worden war. Wankas ehemalige Kollegen setzen drauf, dass die neue Bundesministerin nicht vergisst, was sie gestern noch selbst mit gefordert hat. „Ich erwarte in der Tat, dass sich Berlin in dieser Angelegenheit schnell und deutlich bewegt“, sagte NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) der „Rheinischen Post“. Aus dem grün geführten baden-württembergischen Wissenschaftsministerium hieß es, Wanka kenne die Sorgen und Nöte der Hochschulen sehr genau.

Die Lockerung des Kooperationsverbotes im Wissenschaftsbereich scheint dagegen vom Tisch zu sein – jedenfalls in dieser Wahlperiode. Schavan war mit ihrem Vorstoß am Widerstand der Länderminister gescheitert. Wanka, so die Einschätzung in der Koalition, werde in der Kürze der Zeit keinen weiteren Vorstoß wagen.