Arbeitgeberverbände waren dagegen Sturm gelaufen, jetzt ist der Bildungsurlaub beschlossen. Demnach haben Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf bis zu fünf freien Tagen pro Jahr zur beruflichen oder politischen Weiterbildung

Stuttgart - Das Kabinett der grün-roten Landesregierung hat die umstrittenen Pläne zur Einführung eines Bildungsurlaubs beschlossen. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus dem Wirtschaftsministerium erfuhr, ist die Vorlage am Freitag nicht wie sonst üblich in einer Kabinettssitzung, sondern im Umlaufverfahren - also schriftlich - beschlossen worden.

 

In dem Entwurf, der der dpa vorliegt, ist vorgesehen, dass Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch bekommen sollen, sich von ihrem Arbeitgeber oder Dienstherrn an bis zu fünf Tagen pro Jahr zur Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen oder politischen Weiterbildung freistellen zu lassen. Dabei wurden sowohl Wünsche von Arbeitgebern als auch von Gewerkschaften berücksichtigt.

Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) sagte der „Stuttgarter Zeitung“ (Samstag), der Entwurf sei ein „sehr austarierter Gesetzentwurf und politischer Kompromiss“. Das Gesetz soll voraussichtlich bis Mitte 2015 den Landtag passieren, sagte ein Ministeriumssprecher.

Vor allem Arbeitnehmervertreter hatten sich für die Auszeit für politische Bildung stark gemacht. „Das Bildungszeitgesetz ist ein großer Erfolg der Gewerkschaften in Baden-Württemberg“, sagte DGB-Chef Nikolaus Landgraf. „Wir können mit der Gesetzesvorlage sehr gut leben“, sagte IG-Metall Bezirks-Chef Roman Zitzelsberger.

Arbeitgeberverbände hingegen waren in den vergangenen Monaten Sturm gegen die Pläne gelaufen. „Offensichtlich wurde unsere massive Kritik, die wir auch öffentlich vorgetragen haben, nicht nur gehört, sondern in einigen Punkten auch erhört“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Die Landesregierung habe offenbar erkannt, welche Belastung das Gesetz für die Wirtschaft darstelle. Dulger hatte in der Vergangenheit von 2,5 Prozent höheren Arbeitskosten gesprochen. Unverständlich sei nach wie vor, dass Auszubildende und Studenten der Dualen Hochschule einen Anspruch auf Bildungszeit haben sollen.

Der Arbeitgeberpräsident lobte aber beispielsweise nun die Übergangsklausel, die Ausnahmen für Kleinbetriebe vorsieht, und die Regelung, dass ein nicht genutzter Anspruch nicht auf das folgende Kalenderjahr übertragen werden kann.

FDP lehnt Gesetz ab - CDU moniert Hauruck-Verfahren

Der Landesvorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, Christian Bäumler, bezeichnete die Ausnahmen für Kleinunternehmen dagegen als kontraproduktiv. Gerade dort gebe es eine Lücke bei der Weiterbildung. Auch die Gewerkschaft Verdi kritisierte die Ausnahmen. Für Azubis solle das Gesetz beispielsweise in vollem Umfang gelten, forderte die Verdi-Landesvorsitzende Leni Breymaier. Für sie sind bislang fünf Tage während der gesamten Ausbildungszeit vorgesehen.

Teile der Opposition lehnen das Gesetz komplett ab. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kritisierte es als weiteren Beleg für die grün-rote Bevormundungs- und Verordnungsmentalität. Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl monierte lediglich das Tempo, mit dem der Gesetzentwurf „durchgepeitscht“ worden sei. „Mit dem Vorschlag, den die baden-württembergischen Unternehmer für einen „Pakt für Vollbeschäftigung“ vorgelegt haben, will sich die Landesregierung anscheinend gar nicht wirklich auseinandersetzen.“

Die Arbeitgeber hatten im Sommer einen Gegenentwurf zur Bildungszeit vorgestellt. Dieser sah unter anderem die Förderung benachteiligter Jugendlicher und die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für Menschen mit Behinderung vor.