Für rund 30 junge Migranten, die schulpflichtig sind, fehlen an den Kreisberufsschulen Plätze in Vorqualifizierungsklassen (VABO).

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Kreis Ludwigsburg - Sie haben es nach Deutschland geschafft, mal mit Eltern, mal unbegleitet. Sechs Monate nach dem Zuzug beginnt für junge Geflüchtete in Baden-Württemberg dann unabhängig von der Bleibeperspektive die Schulpflicht. Sie endet mit dem 18. Lebensjahr. „Als 2015 auf einen Schlag so viele Flüchtlinge ins Land kamen, war es happig“, sagt Katja Kranich, Leiterin des Vaihinger Stromberg-Gymnasiums und Vertreterin ihrer Schulart am Runden Tisch Flucht und Zuwanderung des Schulamtsbezirks Ludwigsburg. „Es fehlten schlicht die Strukturen und Instrumente für diese Herausforderung. Aber inzwischen sind diese Strukturen gewachsen. Und sie funktionieren ganz gut.“

 

Allerdings nicht lückenlos. Bei den Berufsbildenden Schulen des Kreises befinden sich zurzeit 28 schulpflichtige Jugendliche in der Warteschleife für einen Platz in einer VABO-Klasse, in der vor allem der Erwerb der deutschen Sprache im Vordergrund steht. Das liegt laut Auskunft von Landratsamtssprecher Andreas Fritz an der mangelhaften Versorgung mit qualifizierten Lehrkräften. Für diese sei das Regierungspräsidium zuständig.

Überbrückungsmaßnahmen sollen abhelfen

Damit Flüchtlinge, die in keiner VABO-Klasse unterkommen, nicht durchs Raster fallen, behilft man sich mit Überbrückungsmaßnahmen, etwa mit dem Besuch eines Sprachkurses. „Frei werdende Schulplätze werden nach Möglichkeit aufgefüllt“, sagt Andreas Fritz. „Bei einer besseren Lehrerversorgung könnte aber unter Umständen eine Warteliste vermieden und ein Unterricht mit Mindeststundenzahl und darüber hinaus möglich sein.“

Den Schuh will sich das Regierungspräsidium (RP) nicht anziehen: Die geschäftsführenden Schulleiter der Berufsschulen arbeiteten selbst an den Koordinierungsstellen für die Aufnahme und Steuerung von Flüchtlingsschülern mit. Schüler im Wartestand würden sukzessive auf bestehende Klassen verteilt. Wenn alle Klassen belegt seien, meldeten die Schulleiter beim RP einen zusätzlichen Bedarf. „Eine Anforderung, eine weitere VABO-Klasse im Landkreis Ludwigsburg zu errichten, liegt uns derzeit nicht vor“, erklärt die Presseprecherin Désirée Bodesheim. „Die Verfügbarkeit von geeigneten Lehrkräften wurde deshalb noch nicht geprüft.“ Im Landkreis Esslingen sei zum Beispiel erst jüngst eine Zusatzklasse eingerichtet worden, die über Deputatsänderungen bei Bestandslehrkräften und über befristete Einstellung von Ersatzlehrern versorgt werde.

Auf der Suche nach Ersatz

Wartelisten gibt es an den Vorbereitungsklassen (VKL) der allgemeinbildenden Schulen, die auf die Einbettung der Schüler in Regelklassen hinarbeiten, nicht. „Allerdings ist es absehbar, dass bei drei Klassen in den nächsten Wochen Ersatz benötigt wird“, berichtet Hubert Haaga, der Leitende Schulamtsdirektor. „Wir sind aktuell dabei, diesen Ersatz zu suchen.“ Fruchtet das nicht, muss improvisiert werden: „Dann überlegen wir mit den Schulleitungen, wie wir die unterrichtliche Versorgung vorübergehend sicherstellen können, bis eine Vertretung eingestellt wird.“

Die Gymnasien verzeichnen gute Erfahrungen

Dass junge Geflüchtete keinen Schulplatz erhalten, das zu vermeiden sei auch Aufgabe der am Schulamt angesiedelten Koordinierungsstelle Flucht und Migration, berichtet Haaga. Die in diesem Netzwerk aktive Katja Kranich findet, dass seit 2015 sowohl von den Schulen als auch von den Schülern Erstaunliches geleistet wurde. Gerade an Gymnasien – neben dem Stromberg-Gymnasium gibt es auch am Bietigheimer Ellental-Gymnasium und am Ludwigsburger Goethe-Gymnasium Vorbereitungsklassen– müssten die Schüler hoch motiviert und leistungsbereit sein. „Unsere Erfahrung zeigt: Es gibt genügend Kinder, die enormes Bildungspotenzial haben und bei uns richtig durchstarten“, sagt sie. Immer wieder müsse aber auch die Vielfalt des hiesigen Schulsystems mit dem Motto ,Kein Abschluss ohne Anschluss’ kommuniziert werden. Klappe die Integration am Gymnasium nicht, sei die VKL an der Realschule die nächste Option.

Werden indes Schüler, die an allgemeinbildenden Schulen scheitern, in die Kreisberufsschulen weitervermittelt, ist das laut Andreas Fritz „oft nur eine Verlagerung der Probleme an die Beruflichen Schulen“.