Die Stimmung ist aufgeheizt: Bilfingers Aktionäre wollen endlich wissen, wie es mit dem kriselnden Konzern weitergeht. Vor allem zwei Fragen brennen ihnen unter den Nägeln: Wird Bilfinger zerschlagen? Und: Was ist künftig der Kern des Unternehmens?

Mannheim - Nach mehreren Chefwechseln, einem Rekordverlust und einer gestrichenen Dividende ist die Stimmung unter den Aktionären des Bau- und Industriedienstleisters Bilfinger denkbar schlecht. Auf der Hauptversammlung haben sie am Mittwoch in Mannheim von der Konzernführung eine klare Strategie gefordert. „Das Schlimmste ist die Ungewissheit, und die müssen Sie abstellen“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler. „Geben Sie uns einen Fahrplan, der fehlt uns nämlich.“ Den Aufsichtsrat fragte er: „Wann werden wir wieder eine normale AG?“

 

Das MDax-Unternehmen steckt seit Jahren in der Krise, es kehrt einfach keine Ruhe ein. 2015 hatte der Konzern einen Rekordverlust von fast einer halben Milliarde Euro verbucht und strich als Konsequenz seine Dividende. Der Chefsessel ist in den vergangenen zwei Jahren ein Schleudersitz gewesen. Spätestens im dritten Quartal 2016 soll nun der bisherige Linde-Manager Thomas Blades den Vorstandsvorsitz übernehmen. Sein Vorgänger Per Utnegaard war nicht einmal ein Jahr im Amt geblieben.

Über Zukunft entscheiden

Übergangschef Axel Salzmann kündigte an, Bilfinger wolle in den kommenden zwei bis drei Wochen über die Zukunft des wichtigen Bau- und Gebäudedienstleistungsgeschäfts entscheiden. Der Vorstand prüfe noch ergebnisoffen. „Aber wir befinden uns in einem weit fortgeschrittenen Stadium.“ Das Segment ist ein Herzstück Bilfingers. Die Folgen eines Verkaufs für den Traditionskonzern wären weitreichend. Es gibt Befürchtungen, dass am Ende eine Zerschlagung stehen könnte. Tüngler von der DSW sagte: „Zerschlagung ist nicht per se schlecht, wir wollen nur wissen, wie es geht.“

Ein Kleinaktionär mit Micky-Maus-Krawatte forderte Aufsichtsratschef Eckhard Cordes zum Rücktritt auf: „Sie müssen weg.“ Ein anderer Redner sprach von Bilfinger als einem „kranken Elefanten“. Viel Kritik ging auch an Hessens Ex-Ministerpräsident Roland Koch, der 2014 nach mehreren Gewinnwarnungen seinen Posten als Bilfingers Vorstandschef räumen musste.

Künftige Strategie

Zu der künftigen Strategie des Konzerns sagte Salzmann: „Es ist zwingend notwendig, uns zu konzentrieren. Wir konzentrieren uns auf Kernleistungen, Kernmärkte und Kernregionen.“ Bilfinger setze auf die Heimatmärkte in Europa und sehe dort das Potenzial für profitables Wachstum.

In das laufende Jahr startete Bilfinger wegen der Zurückhaltung in der Öl- und Gasindustrie und einem schwierigen Kraftwerksgeschäft schwach: Im ersten Quartal stand unter dem Strich ein Verlust von 76 Millionen Euro, wie der Konzern am Mittwoch mitteilte. Während der Auftragsbestand leicht zulegte, sackte der Auftragseingang, der auf die künftige Entwicklung schließen lässt, um 14 Prozent ab.