Der favorisierte Standort für die neue Biogasanlage liegt näher an Stammheimer Bebauung. Das stößt bei manchen dort auf Unmut.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Stammheim/Zuffenhausen - Wie berichtet, soll in Stuttgart eine neue Biogasvergärungsanlage gebaut werden. Fragt sich nur, wo. Ginge es nach Thomas Heß, dann würde sie nach aktuellem Stand im Gewann Hummelsbrunnen-Süd gebaut. „Dieser Standort ist unser Favorit“, sagte der Geschäftsführer des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) am Dienstagabend bei der Bezirksbeiratssitzung in Stammheim. Bis vor kurzem waren er und seine Mitarbeiter noch davon ausgegangen, dass sich das Gewann Sauhalde an der Ludwigsburger Straße am besten für den Neubau eignet.

 

Hummelsbrunnen-Süd war in einer ersten Betrachtungsrunde ausgeschieden, weil sich dort ein Wohnhaus befindet – eigentlich ein K.o.-Kriterium. Aber das Wohnhaus und die Gewächshäuser daneben seien nur verpachtet und die Grundstücke allesamt im Besitz der Stadt, sagte Heß. „Wenn wir eine Biovergärungsanlage dort bauen, könnte man das Wohnhaus als Betriebsgebäude nutzen.“ Auch seien die Flächen insgesamt größer als am ursprünglichen Standort Sauhalde. Wollte man die Anlage dort bauen, seien weitere Flächenkäufe von privat nötig. Außerdem gebe es in der Sauhalde schützenswerte Wildbienen-Arten, was eine Nutzung zwar nicht ausschließen, sie aber aufwändiger machen würde. Beim Hummelsbrunnen-Süd hingegen sei mit Problemen im Bereich-Artenschutz nicht zu rechnen, zumindest nicht in vergleichbarem Maße.

380 Meter zur Stammheimer Wohnbebauung

Ein weiterer Vorteil für das Gewann Hummelsbrunnen-Süd besteht nach Ansicht des AWS-Geschäftsführers in dessen abgeschiedener Lage. „Das Gebiet liegt in einer Senke, die Anlage wäre von der B 27  aus überhaupt nicht einsehbar.“ Zwar befände es sich im Vergleich zur Sauhalde 400 Meter weiter vom Hallenbad Zuffenhausen entfernt, das als Abnehmer der bei der Biogasproduktion erzeugten Wärme dienen soll, aber das sei kein Problem. Auch die Entfernung zu Anwohnern nicht, die sei in jedem Fall groß genug. „Jede geplante Biogasanlage muss laut Planungsrecht mindestens 300 Meter Abstand zur nächsten Wohnbebauung haben“, erklärte Heß. Bei der Sauhalde wären es 310 Meter zu Häusern in Zuffenhausen, beim Hummelsbrunnen-Süd wären es 380 Meter zur Wohnbebauung in Stammheim.

Hürden gibt es dennoch: Für beide Standorte müsste ein neuer Bebauungsplan aufgestellt und ein Regionalplan-Änderungsverfahren durchgeführt werden. Ein externes Planungs- und Beratungsbüro für Umwelttechnik hat zuletzt vier Standorte untersucht. Es kommt zu dem Ergebnis, dass beide Standorte für den Bau der Anlage empfehlenswert sind. Die Standorte Sauhalde und Hummelsbrunnen-Süd seien „aus planungsrechtlicher und technischer Sicht beide für eine Biogasvergärungsanlage geeignet“. Auszuschließen seien jedoch das dritte Zuffenhäuser Gewann Heinrizau, es sei zu klein, komplett in Privatbesitz und in unmittelbarer Nähe zu einer Starkstromleitung. Auch ein Grundstück an der Weilimdorfer Motorstraße komme für einen Neubau nicht in Frage: „Dort steht ein Gebäude mit sechs Familien, dass uns nicht gehört.“ Es liege im Gewerbegebiet, grenze direkt an die Wohnbebauung an und gehöre dem Bund, obendrein sei kein Wärmeabnehmer wie in Zuffenhausen vorhanden.

„Der Geruch ist eliminiert“

Sorgen des Stammheimer Bezirksbeirates in Bezug auf Geruchsbelästigung versuchte Heß auszuräumen. Die Anlage sei komplett eingehaust, die Vergärung selbst funktioniere nur unter Ausschluss von Sauerstoff, auch bestehe im Gebäude ein Unterdruck, so dass die Luft nur von außen nach innen fließe und noch zusätzlich durch moderne Filter gereinigt werde. „Der Geruch ist eliminiert.“

Beim Bezirksbeirat stieß der Vortrag auf ein unterschiedliches Echo. „Es gilt das Sankt-Florians-Prinzip“, sagte der SPD-Beirat Peter Dietz-Vowinkel: Aus Stammheimer Sicht habe er beim Gebiet Hummelsbrunnen-Süd Schwierigkeiten wegen der dann geringeren Entfernung zur Stammheimer Bebauung. Das sahen seine Ratskollegen teilweise ähnlich. Ellen Breitling von SÖS/Die Linke hatte sich bereits eine vergleichbare Anlage angesehen. Sie befürworte generell den Bau solcher Anlagen: „Ich plädiere voll und ganz dafür.“ Der Tenor am Ratstisch ging zwar in die Richtung, dass man sich die Anlage lieber am Standort Sauhalde wünsche, jedoch wollte der Beirat trotz Nachfrage von Bezirksvorsteherin Susanne Korge keinen Beschluss zur Sache fassen.

Am Dienstag steht das Thema im Zuffenhäuser Bezirksbeirat auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung. Am 8. Mai berät der Umwelt- und Technikausschuss in der Stadtmitte darüber. Heß machte den Bezirksbeiräten und weiteren interessierten Bürgern das Angebot, eine vergleichbare Biogas-Anlage in Backnang zu besuchen, um sich ein eigenes Bild davon zu machen. Ein Termin hierfür steht noch nicht fest.