Das Betreiberkonsortium der geplanten Biogutvergärungsanlage beauftragt eine Agentur mit einer Kampagne für die Anlage, um beim Bürgerentscheid zu gewinnen. Die gegnerische Bürgerinitiative ist empört.

Bietigheim-Bissingen - Grüne Hose, grünes Jacket, Strohhut auf dem Kopf und immer eine Blume im Mund – so sieht der Biomann aus. Dieses Zeichnung gewordene Öko-Klischee wirbt neuerdings im Auftrag des Betreiberkonsortiums der in Bietigheim-Bissingen geplanten Biogutvergärungsanlage für ebendieses Projekt – auf Facebook, auf Buttons und in Broschüren, „Bürgerbriefe“ genannt, die bei Bietigheimer Haushalten eingeworfen oder am Stand am Kronenplatz verteilt werden.

 

Für das Betreiberkonsortium rund um die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen (SWBB) ist diese Kampagne die letzte Möglichkeit, die geplante Biogutvergärungsanlage am Standort des ehemaligen Steinbruchs Fink durchzusetzen. Denn am 17. Juli stimmen die Bürger über das Projekt ab – und auf den ersten Blick sprechen die Zahlen gegen die Anlage: 7899 Gegen-Stimmen sammelte die Bürgerinitiative „Weder bio noch gut“ beim Bürgerbegehren, was 23 Prozent der Wahlberechtigten entspricht – und damit auch das Quorum für den Bürgerentscheid erreichen würde. Nötig gewesen wären nur sieben Prozent.

„Eher Wahlkampf als Waschmittelwerbung“

„Wir müssen unsere Bemühungen intensivieren, wir brauchen Profis dafür“, begründet der Stadtwerke-Chef Rainer Kübler die Entscheidung, eine PR-Agentur mit einer Kampagne Pro Biogutvergärungsanlage zu beautragen. Man sei nicht auf der Suche nach einer traditionellen Werbeagentur gewesen. „Das hier ist eher Wahlkampf als Waschmittelwerbung“, sagt Kübler. Was der Auftrag an die Münchner Agentur WB-PR das Konsortium gekostet hat, darüber schweigt sich Kübler aus.

Diese bietet von Unternehmens-, über Projekt- und Regierungs-Kommunikation bis hin zur Krisenkommunikation alles, was man sich von einer PR-Agentur wünschen kann. Bisherige Kunden waren beispielsweise der Keks-Hersteller Bahlsen, der Umweltdienstleister Veolia oder die EnBW. Der Geschäftsführer Dietrich von Gumppenberg erklärt das Konzept der Bietigheimer Kampagne so: „Der Biomann soll der ganzen Debatte die Härte nehmen. Die Diskussionen liefen hier bisher sehr konfrontativ.“ In Infobroschüren für die Bürger wolle man sachlich korrekt Argumenten entgegentreten, die gegen die Anlage sprächen. Bei den wöchentlichen Infoständen am Kronenplatz bekomme der Biomann viel Zuspruch von den Bürgern.

Zur Befriedung hat der Biomann nicht beigetragen

Auf Facebook sieht das jedoch noch anders aus: Gerade mal 96 Likes hat der grüne Mann. Und auch den ein oder anderen hämischen Kommentar findet man dort, beispielsweise, ob die Infobroschüre auch in der Biotonne entsorgt werden kann.

Zur Befriedung der Debatte hat der Biomann jedenfalls nicht beigetragen. Bei der Bürgerinitiative „Weder bio noch gut“ ist man empört über die Aktion. „Hier kämpfen Lobbyisten gegen Ehrenamtliche, womöglich sogar noch finanziert durch die Stromgebühren der Bietigheimer“, sagt Ulrike Pfitzner, eine der Initiatorinnen der Bürgerinitiative. Beim Motto „Bio und gut“ fühle man sich plagiiert. Zudem sei der Begriff „Bürgerbrief“ für die Infobroschüre irreführend – es entstünde der Eindruck, sie käme von der Stadt. Deren Broschüre, in der sowohl die Position der Stadt als auch die der Bürgerinitiative dargelegt werden, muss jedoch erst noch verteilt werden. Auch die Initiative selbst will bald Flyer in Bietigheimer Haushalte einwerfen. Ulrike Pfitzner gibt sich in dem ungleichen Kampf siegessicher: „Die Arche wurde von Amateuren erbaut, die Titanic von Profis.“