Außerirdisches Leben ähnelt nicht unbedingt dem irdischen. Die Suche nach Antworten zum Leben auf fernen Planeten beschäftigt viele Forscher.  

Glasgow - Eine Gruppe von Astronauten landet auf einem fremden Planeten. Erstaunlicherweise finden die Forscher nur in den Ozeanen Leben. Sie entdecken bald den Grund dafür: in der Luft gibt es metallische Partikel, die sich zu einem Schwarm vereinigen können. Sie zerstören mit ihren starken magnetischen Feldern alle Organismen außerhalb des Wassers. Die Partikel wurden einst von einer Zivilisation zu unbekannten Zwecken hergestellt. Nach dem Aussterben der Schöpfer durchliefen sie eine Evolution - ihr einziger Daseinszweck ist seither das Überleben.

 

So weit die Science-Fiction-Geschichte "Der Unbesiegbare" von Stanislaw Lem. Abwegig ist die Idee solcher Wesen nicht. An der Universität Glasgow ist es dem Chemiker Lee Cronin gelungen, eine Art metallischen Baustein für Leben zu schaffen. Der britische Forscher baute eine Struktur aus vergleichsweise großen Molekülen, die zellähnliche Eigenschaften besitzen. Hauptbestandteil ist das Schwermetall Wolfram.

Cronin nennt das Konstrukt eine anorganische, chemische Zelle und berichtet darüber in der internationalen Ausgabe des Fachjournals "Angewandte Chemie". Sie sei von einer ähnlichen Membran umgeben wie tierische und menschliche Zellen. Durch künstlich geschaffene Löcher in der Struktur lässt diese bestimmte Substanzen durch und entscheidet so, welche Reaktionen in ihrem Inneren stattfinden können. Die Zellmembran hat eine ähnliche Filterfunktion.

Voraussetzungen für außerirdisches Leben werden erforscht

Allerdings besitzen die metallenen Strukturen keine DNA, also keine Möglichkeit, Erbinformationen zu speichern. Cronin will jetzt herausfinden, ob sich die Zellen trotzdem an ihre Umgebung anpassen. "Wir versuchen im Labor zu beweisen, dass sich metallische Materie eigenständig entwickeln kann", sagt Cronin. "Ich bin sicher, Leben auf Wolframbasis würde das tun, falls ausreichend Moleküle für eine natürliche Selektion vorhanden wären."

Ist also die gängige Idee vom Leben grundsätzlich falsch? Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Schwefel und Phosphor - das sind die Elemente, aus denen auf der Erde alles organische Leben aufgebaut ist. Schon einmal schien diese Formel infrage gestellt. 2010 berichteten Nasa-Forscher um die Astrobiologin Felisa Wolfe-Simon, dass das Bakterium GFAJ-1 bei Phosphormangel das für Menschen giftige Arsen für sein Wachstum nutze und möglicherweise sogar in seine DNA aufnehme.

Das hätte weit reichende Konsequenzen bei der Suche nach Leben im Weltall, denn bei großer Kälte wäre Arsen leichter verfügbar als Phosphor. Auf angeblich lebensfeindlichen Planeten könnten sich deshalb Arsen-Mikroorganismen verbreiten. Doch die Nasa war voreilig: Bis heute ist nicht bewiesen, ob das Bakterium längere Zeit überleben kann.

Kritik an Wolfram als Lebensbaustein

Auch das metallische Leben aus Glasgow hat seine Tücken. Prinzipiell könne es Leben mit Wolfram geben, aber wohl nur im Labor, sagt Astrobiologe Johannes Leitner von der Universität Wien. "Wolfram ist sehr selten", sagt er. "Es kommt nur in Mineralien gebunden vor und hat überdies einen hohen Schmelzpunkt. Ich kenne keinen natürlichen Prozess, der Wolfram in ausreichender Menge freisetzt, so dass daraus Leben entstehen könnte."

Leitner ist Mitglied der Forschungsplattform Exo-Life, die nach alternativen Bausteinen für Leben sucht. Die Forscher wandeln dafür das sogenannte Miller-Experiment ab. Stanley Miller hatte 1953 an der Universität Chicago eine hypothetische frühe Erdatmosphäre in Form von Wasser, Wasserstoff, Methan, Ammoniak und Kohlenstoffmonoxid im Reagenzglas zusammengemischt und elektrischen Ladungen ausgesetzt, dem Laborpendant zu Gewitterblitzen.

Bei solchen Versuchen entstehen organische Moleküle, darunter Aminosäuren, die Bausteine der Proteine. Vermutlich hat sich das Leben auf der Erde in einem ähnlichen Prozess entwickelt.

Technische Grenzen bei der Analyse ferner Planeten

Bei Exo-Life werden die Bedingungen im Reagenzglas verändert, so dass sie Bedingungen auf fremden Planeten entsprechen könnten: zum Beispiel ein höherer Methan- oder Stickstoffgehalt. "Wir hoffen, dass dabei große Moleküle entstehen, die eine ähnliche Funktion haben wie Aminosäuren, aber ohne Sauerstoff auskommen", sagt Leitner. Solch eine Bindung hält er für einen der aussichtsreichsten Kandidaten als Basis für außerirdisches Leben. Doch auch wenn das gelänge, ist unklar, wie es damit weiterginge. Bis heute können Wissenschaftler nicht die frühen Phasen des bekannten Lebens von den Elementen zum Ein- und Mehrzeller nachvollziehen.

Dennoch läuft die Suche nach Außerirdischen auf Hochtouren. Die bisher wichtigste Methode ist die Suche nach Biomarkern in der Atmosphäre eines Planeten - Stoffe wie Methan, die durch biologische Prozesse entstehen. Methan zeigt zugleich die Schwierigkeiten dieser Suchmethode. Es kann nämlich sowohl durch Bakterien als auch durch vulkanische Aktivitäten erzeugt werden.

Forscher müssten die chemischen Verbindungen in der Atmosphäre exakt messen, um Rückschlüsse auf ihre Entstehung ziehen zu können. Bei Planeten aus fernen Sonnensystemen sind solche Analysen mit der gegenwärtigen Technik aber viel zu ungenau.

Aktuelle Debatte um außerirdisches Leben

Doch müssen es Verbindungen aus Kohlenstoff sein? Die Stimmen, die sich gegen diese Grundüberzeugung richten, mehren sich. Auch Dirk Schulze-Makuch, Astrobiologe der Universität des US-Bundesstaats Washington, sieht die Notwendigkeit, die Suche nach Außerirdischen auszuweiten. Mit Kollegen unter anderem von der Nasa und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt schlägt er in der Dezemberausgabe der Fachzeitschrift "Astrobiology" vor, Planeten auf zwei Weisen zu klassifizieren:

Man müsse nicht nur prüfen, ob sie der Erde ähnlich seien, sondern müsse auch ermitteln, ob sie bewohnbar sein könnten, weil die chemischen und physikalischen Bedingungen dafür geeignet sind.

Selbst verwaiste Planeten, die nicht um einen Stern kreisen, sondern ziellos durch das Weltall fliegen, könnten theoretisch Leben beherbergen, schreiben Schulze-Makuch und seine Kollegen. Sie geben zwar zu, dass dies reine Spekulation sei. Doch sie sehen die Gefahr, dass die Astronomie bewohnbare Planeten übersehe, wenn sie sich nur um erdähnliche kümmere. Am Ende gibt es die Wesen aus Stanislaw Lems Romanen vielleicht ja doch.

Die Suche nach Leben auf dem Mars

Missionen Ende November ist der Nasa-Roboter Curiosity gestartet, der nach seiner Landung im August 2012 in Gesteinsproben Hinweise auf ein lebensfreundliches Klima in der Geschichte des Roten Planeten suchen soll. Die Europäische Weltraumbehörde Esa will 2018 - gemeinsam mit einem US-amerikanischen Pendant - den Roboter Exo-Mars losschicken, der organische Moleküle nachweisen soll.

Problem Man muss vorher festlegen, wonach man sucht. Exo-Mars wird nach 63 Molekülen fahnden, die es auf dem Mars geben könnte. An exotische Varianten wie Metalle hat man dabei nicht gedacht