Langsam, aber sichtbar, bewegt sich ein Staubgefäß der peruanischen Blumennessel. Bonner und Berliner Forscher haben ein raffiniertes Verfahren entdeckt, mit dem diese Pflanze die Gewohnheiten von Bienen für ihre Vermehrung ausnutzt.

Bonn/Berlin
Die meisten Pflanzen sind ziemlich dumm. Man muss sie dazu gar nicht mit Menschen vergleichen. Insekten wie die Biene oder Hummel haben im Laufe der Evolution pfiffige Methoden entwickelt, die Suche nach Nektar zu optimieren. Aber glaube bloß niemand, die blühenden Pflanzen hätten daraus gelernt. Stur locken sie mit Nektar. Während das Insekt das süße Manna einsammelt, wird es hinterrücks mit Pollen beladen, den es an der nächsten Blüte abstreifen. Gehört diese zur gleichen Pflanze, gibt es Inzucht. Kommt ein Insekt in eine gebrauchte Blüte, ist der Pollen schon weg.

 

Das geht auch besser, hat sich die Blumennessel gedacht. 300 Arten der schlauen Pflanzen gibt es, hauptsächlich in Südamerika. 15 Arten pflegt Maximilian Weigend an der Uni Bonn. Zusammen mit Berliner Kollegen hat er den Pflanzen-Schlauberger jetzt im Online-Fachmagazin „Plos One“ beschrieben. „Ihr Verhalten erinnert in seiner Komplexität eher an ein Tier als an Pflanzen“, sagt er. Blumennesseln haben kapiert, dass eine Biene, wenn sie in einer Blüte keinen Nektar findet, nicht nur die Blüte wechselt, sondern zu einer ganz anderen Pflanze fliegt. Das hat die Nessel auf den Trick gebracht: Taucht eine Biene in der reich gegliederten Blüte nach Nektar, drückt sie dabei einen Schalter. Mit Pollen beladene Staubgefäße neigen sich dann zur Mitte. Die nächste Biene streift diese Fäden, findet aber keinen Nektar – und bringt den Pollen zu einer anderen Pflanze. Bis zu hundert Staubgefäße sind vorhanden, um immer neue Bienen zu beladen. Kommt lange keine Biene, verlängert die Pflanze die Lebensdauer der Blüten um ein Vielfaches und verlangsamt die Pollenproduktion. Wird es dunkel oder kühler als zwölf Grad, sind die Staubblätter für Bestäuber gesperrt. Denn dann fliegt die Kundschaft nicht mehr.