Eingeschleppte Arten gefährden die Riffe der Karibik. Feinschmecker schätzen die Feuerfische trotz der Stacheln – und zum Wohle der Natur.

Stuttgart - Auf den Inseln der Karibik erobert eine neue Fischspezialität die Kochtöpfe der Gourmets: Feuerfische haben zwar ein äußerst schmerzhaftes Gift in ihren Stacheln, ihr Fleisch schmeckt jedoch ähnlich gut wie zartes Geflügel. Castro Perez auf der zum niederländischen Königreich gehörenden Karibik-Insel Aruba aber hat neben dem guten Aroma noch einen weiteren wichtigen Grund, möglichst oft eine leckere Feuerfisch-Mahlzeit auf den Tisch zu zaubern. Der begeisterte Taucher ist seit 1994 Chef des Aruba Reef Care Projects, das sich den Schutz der Korallenriffe rund um die Insel auf seine Fahnen schreibt. Wohl der größte Feind für diese Unterwasserwelt aber ist zur Zeit der Feuerfisch, der seit den 1990er Jahren von Florida und den Bahamas aus die Karibik erobert und der 2008 auch Aruba erreicht hat, das gerade einmal 40 Kilometer vor der Küste des südamerikanischen Landes Venezuela liegt. Seither jagen Castro Perez und seine Mitstreiter die Invasoren und vergnügen sich anschließend mit exquisiten Feuerfisch-Gerichten.

 

Diese Spezialität war früher in der Karibik unbekannt, weil die verschiedenen Arten der Feuerfische nur in den Riffen im tropischen Pazifik, im Indischen Ozean und im Roten Meer lebten. Vor allem der knapp 40 Zentimeter lange Pazifische Rotfeuerfisch Pterois volitans aber hatte es mit seinen eleganten weißen und rostroten Streifen etlichen Besitzern größerer Aquarien angetan. 1992 soll dann der Hurrikan Andrew eine solche Anlage an der Küste Floridas zerschmettert haben, angeblich entkamen sechs Feuerfische in den Atlantik. Möglicherweise aber wurde auch der Besitzer eines Aquariums seine zu groß gewordenen Tiere los, indem er ihnen im nahe gelegenen Atlantik illegal aber kaum kontrollierbar die Freiheit wieder gab. „Das sind die wahrscheinlichsten Möglichkeiten. Was genau passiert ist, wissen wir aber nicht“, erklärt Castro Perez. Jedenfalls tauchte Pterois volitans in den 1990er Jahren zunächst an der Küste vor Florida auf und später auch entlang der nordamerikanischen Atlantikküste. Über die Bahamas verbreiteten sich die Rotfeuerfische dann Richtung Karibik und erreichten schließlich auch die weit im Süden liegenden Inseln wie Aruba oder Dominica.

Naturschützer wie Castro Perez beobachten den Eindringling in die Gewässer von Atlantik und Karibik seither mit Argusaugen: Feuerfische haben dort anscheinend kaum natürliche Feinde, selbst Haie machen einen großen Bogen um die Tiere mit den langen, giftigen Stacheln. Selbst aber fressen Feuerfische praktisch alles, was in ihr Maul passt. „Tiere bis zur Hälfte ihrer eigenen Größe verschwinden“, erklärt Castro Perez. Da sich die Invasoren mangels Feinden rasch vermehren, dezimieren sie so bald die Fischwelt in den Riffen der Karibik erheblich.

Im Feuerfischmagen landen auch viele Pflanzenfresser wie zum Beispiel Papageifische oder Grundeln, die normalerweise die Algen abweiden. Ohne diese Pflanzenfresser werden die Riffe daher vom Grünzeug überwuchert und können absterben. Insgesamt bringen die Eindringlinge aus dem Pazifik also das gesamte Ökosystem in den Riffen der Karibik durcheinander und verringern dort die Vielfalt an bunten Fischen erheblich. Genau diese Riffe aber sind das Rückgrat der Wirtschaft fast aller Inseln in der Karibik, deren wichtigste Einkommensquelle meist der Tourismus ist. Die Touristen aber wollen an den Riffen tauchen und schnorcheln. Und selbst reine Strandtouristen sind vielerorts auf intakte Riffe angewiesen, weil diese die Kraft der Wellen brechen, die sonst den Sand schnell wegschwemmen würden.

Bei der Tourismusbehörde von Aruba schrillten daher die Alarmglocken, als Taucher dort 2008 die ersten Feuerfische entdeckten. Völlig loswerden kann man die Eindringlinge kaum. Also versuchen Castro Perez und drei weitere Unterwasserjäger im Aruba Reef Care Project ein paar Mal im Jahr die Feuerfische zu jagen und so zumindest ihre Zahl und damit den angerichteten Schaden in Zaum zu halten.

Meist verstecken sich die Invasoren unter den Riffen und warten dort, bis eine Beute sich so weit nähert, bis sie den unvorsichtigen Fisch einsaugen können, wenn sie urplötzlich ihr Maul aufreißen und so einen Sog erzeugen. Castro Perez taucht daher einfach die Unterseite der Riffe ab und erlegt die entdeckten Feuerfische dann mit seiner Harpune. Da diese Jagd vor Aruba streng verboten ist, braucht er dafür eine Sondergenehmigung. An einem Tag erwischen die vier Unterwasserjäger des Aruba Reef Care Project im Durchschnitt 15 Feuerfische. Belohnt werden die Riffschützer dann mit einer leckeren Feuerfischmahlzeit. Nur gut, dass die gefährlichen Eindringlinge immerhin gut schmecken.