Die Nordsee ist in den vergangenen 50 Jahren deutlich wärmer geworden. Das hat Folgen für die Tiere im Wasser und an Land. Fische siedeln in kühlere Regionen um.

Helgoland - Der Meeresbiologe Heinz-Dieter Franke blickt von seinem Büro aus direkt auf die Nordsee. An der Biologischen Anstalt Helgoland (BAH) beschäftigt er sich mit Nahrungsnetzen und Biodiversität unter dem Einfluss des Klimawandels. Die durchschnittliche Oberflächentemperatur in der südlichen Nordsee ist seit 1962 um rund 1,7 Grad Celsius gestiegen, haben Forscher des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) festgestellt, zu dem die BAH gehört. Marine Umweltfaktoren wie Wassertemperatur, Salzgehalt oder die Konzentration von Nährstoffen vor Helgoland werden seit Anfang der sechziger Jahre werktäglich erhoben; die Aufzeichnungen von Arten reichen sogar noch weiter zurück, beinahe 150 Jahre.

 

„Die Gewässer rund um Helgoland gehören zu den am besten untersuchten Meeren in Europa“, erklärt Heinz-Dieter Franke. Solche Langzeit-Datenreihen zeigen auch, wie sich das lokale Artenspektrum verändert hat. Bis zu 50 neue Arten sind in die Nordsee eingewandert, darunter die Streifenbarbe, eigentlich eine mediterrane Art, sowie Sardinen und Sardellen. Außerdem Schnecken, Quallen, Großalgen und Krebse. Eine ökologisch wichtige Tiergruppe sind die Flohkrebse (Amphipoden), die zur Klasse der Höheren Krebse gehören. Im Nahrungsnetz der Lebensgemeinschaften auf dem Meeresboden spielen sie eine bedeutende Rolle, da sie andere Tiergruppen oft an Individuenzahl, Biomasse und Artenvielfalt übertreffen. Flohkrebse gelten seit Langem als sensible Indikatoren für die Qualität von Wasser und Sedimenten; und als ökologische Spezialisten eignen sie sich besonders gut, um veränderte Umweltbedingungen zu dokumentieren.

Nach einer Inventur der verschiedenen Flohkrebsarten haben Heinz-Dieter Franke und seine Mitarbeiter festgestellt, dass sich mindestens sieben Arten erst in den letzten zwei Jahrzehnten vor Helgoland angesiedelt haben. Eine wurde aus dem Nordpazifik eingeschleppt, die anderen bevorzugen eindeutig wärmere Gewässer. Deshalb gehen die Forscher davon aus, dass sie ihren Siedlungsraum im Zuge der Klimaerwärmung ausgedehnt haben.