Der Spielfilm „Der Kaiser“ über das Leben von Franz Beckenbauer beeindruckt vor allemdurch den Hauptdarsteller und steckt voller Herz und Humor.

Einst als „Lichtgestalt“ bewundert, später als „Firlefranz“ verspottet, schließlich im Spätherbst seines Lebens wegen einer dubiosen Millionenzahlung rund um das „Sommermärchen“ 2006 vom Sockel gestürzt: Der deutsche Fußball hat viele schillernde Lebensläufe produziert, aber kaum eine Karriere ist so spielfilmtauglich wie das Leben von Franz Beckenbauer, dem begnadetsten deutschen Kicker des 20. Jahrhunderts.

 

Wie bei allen Sportlerbiografien standen die Produzenten zunächst jedoch vor der Herausforderung, einen Darsteller zu finden, der die notwendigen Voraussetzungen erfüllt: Er muss eine zumindest flüchtige Ähnlichkeit mitbringen, kicken können und ein guter Schauspieler sein. Klaus Steinbacher entpuppt sich als Glücksfall, zumal er eine weitere Bedingung erfüllt: Es gelingt ihm scheinbar mühelos, die typische Nonchalance des einst als „Kaiser“ verehrten Müncheners zu verkörpern.

Geschliffene Dialoge

Zumindest von außen betrachtet schien Beckenbauer stets ein Kind des Glücks gewesen zu sein, dem im Leben wie auf dem Platz alles zugeflogen ist: Fußball sah bei ihm nie nach Arbeit aus. Den Rest besorgte Robert Schwan, im Film ebenfalls sehr überzeugend von Stefan Murr verkörpert, der früh erkannte, dass die Aura dieses filigranen Sportlers eine potenzielle Goldgrube war; Beckenbauer war der erste, der seinen Ruhm nutzte und mithilfe des umtriebigen Managers millionenschwere Werbe- und Plattenverträge abschloss.

Material fürs Drehbuch gab es also genug. Die eigentliche Aufgabe für Martin Rauhaus dürfte darin bestanden haben, die Stofffülle so zu reduzieren, dass der Film nicht wie eine episodische Chronik wirkt, die von einem Eckdatum zum nächsten hüpft. Nach Möglichkeit sollen solche Produktionen außerdem nicht ausschließlich Fußballfans ansprechen, weshalb Rauhaus, neben seinem Talent für geschliffene Dialoge ohnehin ein Garant für abwechslungsreiche Geschichten, eine gute Balance aus sportlichen und privaten Emotionen gefunden hat.

Wechselvolles Privatleben

Der Prolog führt Beckenbauer auf seinem sportlichen Höhepunkt ein, als er dem WM-Gewinn als Spieler (1974) sechzehn Jahre später auch den Triumph als Trainer folgen lässt, und blendet dann zurück ins Jahr 1963, als der junge Franz zum völligen Unverständnis seines Vaters (Heinz-Josef Braun) seine Anstellung bei einer Versicherung sausen lässt, um Profi zu werden. Der Rest ist Geschichte.

Rauhaus konzentriert sich allerdings auf die Weltmeisterschaften; die Titelgewinne mit dem FC Bayern werden eher beiläufig abgehandelt. Gegenstück ist das wechselvolle Privatleben, und in der plausiblen Verknüpfung dieser beiden Ebenen zeigt sich das eigentliche Geschick von Regisseur Tim Trageser. Tatsächlich sind diese Szenen sogar stimmiger, weil einige Weggefährten Beckenbauers nur knapp an der Karikatur vorbeischrammen; wirklich ernst zu nehmen ist allein Ferdinand Hofer als Sepp Maier.

Lässige wie einst der Libero

Während es sportlich für den „Kaiser“ immer nur nach oben geht, ist sein Beziehungsleben ein stetes Auf und Ab, und spätestens jetzt offenbart sich, wie gut die Wahl des Hauptdarstellers war: Immer wieder stoppt Trageser die Handlung, damit sich Beckenbauer gut gelaunt ans Publikum wenden kann, um sich zum Beispiel dafür zu entschuldigen, dass ihn wieder mal der Liebesblitz getroffen hat. Das hätte auch schiefgehen können, aber Steinbacher macht das sehr sympathisch. Die Unterbrechungen haben großen Anteil daran, dass der Film ähnlich lässig wirkt wie einst der Auftritt des Liberos auf und neben dem Platz, zumal sie sein Image als unbeschwerter Filou prägen. Die Rollen der Frauen an seiner Seite sind mit Teresa Rizos, Sina Tkotsch und Christine Eixenberger ebenfalls treffend besetzt.

Ein weiteres Problem war die Umsetzung jener WM-Bilder, die seit Jahrzehnten Teil des kollektiven Fußballgedächtnisses sind. Es wäre viel zu kostspielig gewesen, die Auftritte der Nationalmannschaft nachzustellen. Also hat Trageser Originalmaterial verwendet und sich ansonsten darauf beschränkt, einzelne Spielmomente mit Beckenbauer zu inszenieren. Um den in vielen Dokudramen irritierenden Kontrast zwischen der authentischen Figur und ihrem Darsteller zu vermeiden, ist der echte „Kaiser“ ohnehin stets nur aus der Ferne zu sehen. Zeitkolorit vermitteln vor allem Kostüm- und Maskenbild, Tempo die Rockmusik. Steinbachers fußballerische Darbietungen sind noch beeindruckender, wenn man weiß, dass er sich vier Monate vor Drehbeginn das Kreuzband gerissen hatte.

Der Kaiser. An diesem Freitag um 20.15 Uhr auf Sky.