An ihrem Knef-Abend singt Birgit Nolte-Michel 18 Knef-Chansons. Es gelingt der Schauspielerin und Sängerin, die 2002 verstorbene Künstlerin wiederauferstehen zu lassen.

Kernen-Rommelshausen - - Einst ging es um „Kultur im Flecken", gespielt wurde im Theater im Saustall – doch an Silvester 2012 war es vorbei mit der Bühnenkunst im Weinstädter Stadtteil Strümpfelbach: Birgit Nolte-Michel und Oliver Nolte, die Macher des Theaters an der Linde, zogen nach Überlingen. Doch mehrmals pro Jahr kommen die beiden vom Bodensee wieder hierher – jedoch nicht nach Strümpfelbach. Vielmehr ist es der Nachbarort, den das Schauspieler- und Regie-Duo bevorzugt: „Wenn wir im Remstal spielen, dann nur in Kernen.“ So auch beim aktuellen, zweiwöchigen Sommertheater, das am Mittwochabend in der mit 120 Besuchern ausverkauften Alten Kelter in Rommelshausen begann.

 

Allerdings handelte es sich hierbei um eine Ausweichstätte – ursprünglich geplant war die Fortsetzung des seit 2014 laufenden Sommertheaters auf der Stettener Yburg. Das brüchige Gemäuer dort samt Steinschlaggefahr machte allerdings einen Strich durch die Rechnung: Die Ruine kann bis zum Herbst nicht für Veranstaltungen genutzt werden.

Ein Abend für Feinschmecker

Zum Auftakt dieser Sommersaison statt unter freiem Himmel nun eben unter dem holzverkleideten Dach präsentierte Birgit Nolte-Michel einen Abend für Feinschmecker. Gewidmet einer der renommiertesten, umstrittensten, kantigsten Diven, die Deutschland je hatte – nämlich Hildegard Knef. Ein Raunen geht durchs Publikum, als Birgit Nolte-Michel die Treppe zur Bühne hinaufschreitet – im schwarzen Minirock, mit Beinen bis zum Hals, wie man so gerne sagt. Nach der Pause wechselt sie in den roten Hosenanzug plus mörderische High Heels, so dass bis zu zwei Meter Körpergröße nicht mehr viel fehlen dürfte.

Viele der Lieder sind als Ohrwürmer bekannt

Das Verblüffende an diesem Abend ist, wie viele der insgesamt 18 Knef-Chansons, die die 49-jährige Nolte-Michel singt, einem als Ohrwürmer, ja Gassenhauer bekannt sind. Natürlich gibt’s den Klassiker „Für mich soll’s rote Rosen regnen“. Oder: „Von nun an ging’s bergab“. Oder: „Nichts haut mich um, aber du.“ Oder: „Eins und eins, das macht zwei“. Oder: „So oder so ist das Leben“. Den Großteil der Texte ihrer Lieder hatte Hildegard Knef selbst geschrieben – weshalb Birgit Nolte-Michel als Hildegard mit Fug und Recht sagen darf: „Ich bin die Mutter aller Liedermacher.“

Das ganze Spektrum einer zerrissenen Persönlichkeit wird deutlich

Verblüffend, ja faszinierend, wie es Nolte-Michel gelingt, die 1925 in Ulm geborene, 2002 in Berlin verstorbene Knef wiederauferstehen zu lassen. In Einschüben, in gelesenen Kurzpassagen aus Knefs Autobiografie „Einem geschenkten Gaul“ sowie in nachgestellten Interviewszenen mit Oliver Nolte als Fernsehjournalist wird das ganze Spektrum dieser zerrissenen Persönlichkeit deutlich: mal schnurrendes, schmusiges Kätzchen, mal gefährliche Tigerin, die gnadenlos ihre Krallen ausfährt.

Den Applaus erntete auch Birgit Nolte-Michel am Ende der zweieineinhalb Stunden reichlich. Die Show kann man unbedingt weiterempfehlen – in Rommelshausen gibt’s noch zwei Gelegenheiten, sie zu sehen: am Samstag, 23., und Sonntag, 24. Juli, Beginn jeweils um 20 Uhr.