Heidi Käser hat sich in Birkach einen Namen als Strickliesel gemacht. Dazu hat auch einen Sitzbank ihren Teil beigetragen. Der hat sie zusammen mit einer Kollegin ein Maschenklein verpasst.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Birkach - Zwei rechts, zwei links – so geht das am laufenden Band. Sei es beim Fernsehschauen, sei es beim Kaffeekränzchen. Das ist nun mal ihre Masche. „Ich stricke ja schon mein ganzes Leben“, sagt Heidi Käser. Sprich, ihre Welt ist ein Wollknäuel. Und weil das so ist, hat sich die 50-jährige Birkacherin längst einen Namen als Strickliesel erwirkt.

 

Diesem Namen möchte Heidi König immer wieder aufs Neue alle Ehre machen. Deshalb denkt sie sich ständig etwas Neues aus. Beim Plieninger Markt für Freizeitkünstler im November zum Beispiel, da will sie den Menschen zeigen, wie sich mit den Händen, also ohne Nadeln, stricken lässt. „In einer halben Stunde ist der Schal fertig“, sagt sie. Den Tipp hat sie von ihrem Wolle-Mann. Heidi Käser betreibt nämlich einen Strickladen an der Welfenstraße.

Eine Frau mit Humor und Hang zum Ungewöhnlichen

Es sind aber nicht immer die anderen, die die Handarbeiterin auf einen spaßigen Gedanken stupsen. Heidi Käser ist eine Frau mit Humor und Hang zum Ungewöhnlichen. Tipps gibt sie bei ihren Stricknachmittagen, zu denen jedermann seine Nadeln mitbringen darf. „Die Ideen kommen bei mir von jetzt auf nachher“, sagt sie und kichert. Sie muss an die Sitzbank denken, für die sie vor anderthalb Jahren eine wärmende Hülle gestrickt hat. Die ist jetzt der Hingucker in Birkachs Mitte.

Das Ruhemöbel mit Maschenkleid steht draußen vor Heidi Käsers Geschäft an der Welfenstraße und soll Passanten zur gemütlichen Verschnaufpause einladen. Es gibt allerdings Leute, die rasten nicht im Sitzen. Denn im Stehen lässt sich dieses Kunstwerk schlichtweg besser betrachten – und fotografieren. Erst an diesem Morgen seien wieder Ortsfremde vorbeigeschlendert und hätten ihren Augen nicht getraut, erzählt Heidi Käser. Und das sei schließlich der Sinn der Sache.

Plastikfaden statt Wollgarn

Damit die bestrickte Bank bei Wind und Wetter nicht zu viel Wasser saugt, hat Heidi Käser zusammen mit ihrer Kollegin Monika Schneider ein Garn der besonderen Art hergestellt. Die beiden Frauen haben Müllsäcke in Streifen geschnitten und hinterher zu einem langen Plastikfaden aneinandergetackert. Hernach hat Heidi Käser ihre Riesennadeln gezückt und losgelegt, zwei rechts, zwei links, wie immer halt.

Monika Schneider hat lieber nur zugeschaut. Die Frauen stricken zwar oft gemeinsam, aber nicht an einer Sache. „Jeder strickt anders“, sagt Monika Schneider. Sie selbst strickt eher eng, die Kollegin Käser knüpft die Maschen lieber etwas lascher. „Das sieht man dann“, sagt Monika Schneider.

Birkachs Strickliesel meint es nicht politisch

Es war beim Friseur, als Heidi Käser von der Strick-Guerilla gelesen hat. Sie hat erfahren, dass es Leute gibt, „die noch verrückter sind als ich“, wie sie vergnügt berichtet. Die stricken Bezüge für Straßenlaternen, Bäume, Geländer, Regenrohre, sie verpassen Figuren auf Straßenschildern eine adrette Garderobe und kleiden sogar ihre Fahrräder Speiche für Speiche ein. Die einen meinen es politisch, sie wollen zum Beispiel zeigen, wo sich Stadtplaner ihrer Ansicht nach mehr Mühe hätten geben können. Andere meinen es einfach lustig. Und zu eben jenen gehört Birkachs bekannteste Strickliesel.

Die Stadt Esslingen hat vor Kurzem weniger Spaß verstanden, als die Guerilla-Stricker in der Neckarstadt zugange gewesen sind. Die Handarbeiter, die sich einen Scherz erlauben wollten, mussten einen umstrickten Brunnen von den Maschen befreien. Der Grund: Das Bauwerk sei denkmalgeschützt, erklärte die Verwaltung.

Kaum hatte der Friseur die Haare von Heidi Käser damals gefönt, ist sie nach Hause und hat einen alten Stuhl aus dem Keller gekramt. Ein paar Tage später war das Sitzmöbel umwoben. Ein Tischkleid später war die Sitzbank für die Passanten an der Reihe. Stünde vor ihrem Laden, der gleichzeitig die Postannahmestelle im Bezirk ist, eine Parkuhr, sagt sie, „dann tät ich die glatt auch bestricken“.